Sonn­tags­ge­dan­ken: Nächstenliebe

Symbolbild Religion

Rab­bi Mosche Löb erzähl­te: »Wie man die Men­schen lie­ben soll, habe ich von einem Bau­ern gelernt. Der saß mit ande­ren Bau­ern in einer Schen­ke und trank. Lan­ge schwieg er wie die andern alle, als aber sein Herz von Wein bewegt war, sprach er sei­nen Nach­barn an: ›Sag du, liebst du mich oder liebst du mich nicht?‹ Jener ant­wor­te­te: ›Ich lie­be dich sehr.‹ Er aber sprach wie­der: ›Du sagst: ich lie­be dich, und weißt doch nicht, was mir fehlt. Lieb­test du mich in Wahr­heit, du wür­dest es wis­sen.‹ Der and­re ver­moch­te kein Wort zu erwi­dern, und auch der Bau­er, der gefragt hat­te, schwieg wie­der wie vor­her. Ich aber ver­stand: das ist die Lie­be zu den Men­schen, ihr Bedür­fen zu spü­ren und ihr Leid zu tra­gen. (Quel­le unbekannt)

Lie­be Freunde,

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

die Geschich­te von Rab­bi Löb macht mich sehr nach­denk­lich. Da besu­chen wir unse­re Got­tes­dien­ste, wün­schen uns unter den Coro­na-Bedin­gun­gen den Frie­den, wir grü­ßen uns mehr oder weni­ger freund­lich, schrei­ben Bücher über christ­li­che Wer­te und lesen die­se auch, wir fei­ern, soweit das in Coro­na­zei­ten mög­lich ist mit­ein­an­der, aber wis­sen wir wirk­lich wie es dem ande­ren geht? Wis­sen wir wirk­lich, was der ande­re braucht? Oft­mals lei­der nicht. Wir leben zwar mit­ein­an­der, aber oft anein­an­der vor­bei. Aber genau das heißt es, den ande­ren zu lie­ben: zu ahnen und zu wis­sen, was der ande­re braucht. Und nur wenn ich den ande­ren lie­be, kann ich Gott lieben.

Um das zu tun, müss­te sich vie­le ändern, auch in unse­ren Gemein­den und Kirchen.

Wir müss­ten viel mehr auf die Men­schen ein­ge­hen, ver­su­chen zu ver­ste­hen, wie es ihnen geht und was ihnen guttut.
Um das zu errei­chen, muss ich mich auf den ande­ren ein­las­sen, mich viel­leicht zu ihm hin­ab­beu­gen, um mit ihm auf glei­cher Augen­hö­he zu sein. Da muss ich auch ein­mal auf mei­nem Weg ste­hen blei­ben, oder mei­ne Rich­tung ändern.

Nur um dem ande­ren gut zu sein, muss ich bei mir sel­ber anfan­gen, mich sel­ber mögen, denn ich mich sel­ber nicht lei­den kann, wie soll­te ich da den ande­ren lieben?

Des­we­gen soll­ten wir bei uns sel­ber anfan­gen an, uns sel­ber ein wenig zu mögen und uns so anzu­neh­men wie wir sind. Fan­gen wir an, auch unse­re Gren­zen und Schwä­chen, sogar unse­re Feh­ler anzu­neh­men, weil sie ein Teil von uns sind. Und dann kön­nen wir auch den ande­ren anneh­men, so wie er ist. Wenn ich mich lie­be, wenn ich weiß, was mir gut­tut, kann ich das auf den ande­ren über­tra­gen und kann und wer­de mir Gedan­ken machen, was er braucht und wie es ihm geht.

Ich brau­che nicht per­fekt zu sein. Auch ich darf mei­ne Feh­ler haben, aber ich muss es auch dem ande­ren zuge­ste­hen. Und das Schön­ste: Ich darf mir sel­ber auch ein­mal etwas gön­nen. Eigent­lich ist es so ein­fach und doch ist es so schwer.

Ich wün­sche Ihnen ganz viel Gelas­sen­heit, sich sel­ber zu mögen und sich auch etwas zu gön­nen. Ich wün­sche uns allen aber auch, dass wir mehr und mehr ler­nen, von uns den Blick auf den ande­ren zu rich­ten und zu spü­ren, was ihm gut­tut und was er braucht. Manch­mal bedarf es dazu gar kei­ner gro­ßen Wor­te – manch­mal genügt ein­fach eine Umar­mung oder das „Für- ihn-Dasein. Wis­sen was der ande­re braucht, sich auf ihn ein­las­sen, dass heißt lie­ben. Denn dann wer­den wir begrei­fen, dass wir dadurch auch Gott lieben.

Die­ses Ver­ständ­nis und Für­ein­an­der-Dasein wün­sche ich aber auch unse­ren Gemein­den und auch unse­rer Kirche.

Eine gute Woche und pas­sen Sie gut auf sich auf.

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herolds­bach und Hausen