Forch­heim: Brust­krebs ist nicht gleich Brustkrebs

Forch­heim, 28. Okto­ber 2021 – Mit einer nied­ri­gen Fall­zahl – knapp 50 Brust­krebs­ope­ra­tio­nen im Refe­renz­jahr 2019 – gelang es dem Kli­ni­kum Forch­heim Frän­ki­sche Schweiz als Top-Per­for­mer an vier­ter Stel­le im Kli­nik­check-Ran­king zu ste­hen. Die Gynä­ko­lo­gie am Kli­ni­kum in Forch­heim koope­riert mit dem Brust­zen­trum der Sozi­al­stif­tung Bam­berg, wel­ches von der Deut­schen Krebs­ge­sell­schaft und der Deut­schen Gesell­schaft für Seno­lo­gie zer­ti­fi­ziert ist. Die Tumor­kon­fe­renz – eine Bespre­chung aller medi­zi­nisch am Fall betei­lig­ten Fach­ärz­te – fin­det kran­ken­haus­über­grei­fend in Bam­berg statt. Die­se Zusam­men­ar­beit garan­tiert, dass die Behand­lung den gän­gi­gen Stan­dard­emp­feh­lun­gen auf dem neue­sten Stand des Wis­sens erfolgt.

Der Kli­nik­check ist ein wis­sen­schaft­li­ches Pro­jekt der Fried­rich-Alex­an­der-Uni­ver­si­tät, der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und der Nürn­ber­ger Zei­tung und den Nürn­ber­ger Nach­rich­ten, wel­ches das Vor­ge­hen von 20 Kran­ken­häu­sern in und um Nürn­berg bei Ope­ra­tio­nen der Brust bewer­tet. Aller­dings ist Brust­krebs nicht gleich Brust­krebs und eine Ope­ra­ti­on ist nicht immer die opti­ma­le Behand­lung. Dr. med. Jut­ta Fied­ler, Ober­ärz­tin der Kli­nik für Frauenheilkunde
und Geburts­hil­fe am Kli­ni­kum Forch­heim-Frän­ki­sche Schweiz, gibt Ein­blick in die ver­schie­de­nen Therapien.

Die Gewe­be­un­ter­su­chung legt die wei­te­ren Behand­lungs­schrit­te fest

Wenn Frau­en in das Brust­zen­trum der Kli­nik kom­men, wur­den sie von der nie­der­ge­las­se­nen Frau­en­ärz­tin über­wie­sen, weil die Erst­dia­gno­stik einen auf­fäl­li­gen Befund erge­ben hat. Bevor eine The­ra­pie­pla­nung erfolgt, wird eine histo­lo­gi­sche Absi­che­rung, also eine Gewe­be­un­ter­su­chung, durch­ge­führt. In ört­li­cher Betäu­bung und ultra­schall­kon­trol­liert wird bei der Mam­ma­st­anz­bi­op­sie eine klei­ne Gewe­be­pro­be ent­nom­men, im Durch­mes­ser einer Kugel­schrei­ber­mie­ne, die ein spe­zia­li­sier­ter Patho­lo­gie unter­sucht, ob der Kno­ten gut­ar­tig oder bös­ar­tig ist.

Bös­ar­tig

Ist die Dia­gno­se Brust­krebs fein­ge­web­lich gesi­chert, wird über­prüft, ob die Tumor­zell­ober­flä­che Hor­mon­re­zep­to­ren auf­weist oder ob das HER2 Anti­gen vor­han­den ist, wie bei ca. 20 % aller an Brust­krebs erkrank­ten Frau­en. Die Buch­sta­ben HER ste­hen für huma­ner epi­der­ma­ler Wachs­tums­fak­tor-Rezep­tor. Wenn die­ses Eiweiß nach­ge­wie­sen wird, nei­gen die Brust­krebs­zel­len zu einem ver­stärk­ten Wachs­tum und eine Anti­kör­per­the­ra­pie kommt infra­ge. Bei der Tumor­zel­l­gra­du­ie­rung (G1 – G3) wird ermes­sen, wie sehr sich die Krebs­zel­len im Aus­se­hen und Wachs­tums­ver­hal­ten von nor­ma­len Brustdrüsenzellen
unter­schei­den. Je höher das Gra­ding, umso aggres­si­ver wächst der Tumor. Anhand der Infor­ma­tio­nen über die Hor­mon­re­zep­to­ren und das Zell­wachs­tum ent­schei­det sich in der Tumor­kon­fe­renz, ob eine soge­nann­te neoad­ju­van­te Che­mo­the­ra­pie sinn­voll ist, das heißt, die syste­mi­sche The­ra­pie erfolgt vor der Ope­ra­ti­on ambu­lant im Kli­ni­kum in Forchheim.

Anti­kör­per­the­ra­pie und Antihormontherapie

Die Behand­lungs­mög­lich­kei­ten sind viel­schich­tig. Die Anti­kör­per­the­ra­pie setzt bevor­zugt vor einer even­tu­el­len Ope­ra­ti­on ein. Zwei Medi­ka­men­te blockie­ren das HER2-Pro­te­in, so dass die Zel­le auf­hört zu wach­sen: Tra­stu­zu­mab und Per­tu­zu­mab. Die Kom­bi­na­ti­on der bei­den in Ver­bin­dung mit einer Che­mo­the­ra­pie hat sich in Stu­di­en als erfolg­reich erwie­sen. Die­se soge­nann­te dua­le Blocka­de ist auch in der meta­sta­sier­ten Situa­ti­on zuge­las­sen. Auch weib­li­che Hor­mo­ne kön­nen das Tumor­wachs­tum anre­gen. Wenn Östro­gen­hor­mon­re­zep­to­ren auf den Tumor­zel­len nach­ge­wie­sen wer­den, bie­tet sich eine Anti­hor­mon­the­ra­pie an, die in der Regel nach einer Ope­ra­ti­on durch­ge­führt wird. Aro­ma­ta­se­hem­mer blockie­ren die Bil­dung des Enzyms Aro­ma­ta­se, das zur
Östro­gen­her­stel­lung post­me­no­pau­sal not­wen­dig ist. Sie wer­den bevor­zugt nach den Wech­sel­jah­ren ange­wandt, weil eine Hor­mon­bil­dung im Eier­stock nicht mehr statt­fin­det. Tam­oxi­fen hin­ge­gen besetzt ört­lich die Östro­gen-Rezep­to­ren und wird in erster Linie bei Frau­en vor den Wech­sel­jah­ren eingesetzt.
Wenn eine Ope­ra­ti­on unver­meid­lich ist, wün­schen die mei­sten Pati­en­tin­nen einen brust­er­hal­ten­den Ein­griff. Die Über­le­bens­da­ten sind unab­hän­gig von der Ope­ra­ti­ons­me­tho­de – Brust­er­halt im Ver­gleich mit dem radi­ka­len Ent­fer­nen der Brü­ste – gleich gut, daher wird in über 70% der Fäl­le brust­er­hal­tend ope­riert. Es gibt aller­dings Befund­kon­stel­la­tio­nen, bei denen die Ent­fer­nung der Brust wei­ter­hin zu emp­feh­len ist.

Patho­lo­gi­sche Komplettremission

Ziel der Che­mo­the­ra­pie in Kom­bi­na­ti­on mit ande­ren Prä­pa­ra­ten ist die soge­nann­te patho­lo­gi­sche Kom­plettre­mis­si­on, das bedeu­tet, dass der Tumor nach Abschluss der System­the­ra­pie voll­stän­dig ent­fernt ist. Es folgt die Ope­ra­ti­on. „Wenn die Patho­lo­gin in dem ent­nom­me­nen Gewe­be kei­ne bös­ar­ti­gen Zel­len mehr nach­wei­sen kann, dann spre­chen wir von der patho­lo­gi­schen Kom­plettre­mis­si­on, ein Sech­ser im Lot­to“, bezeich­net Dr. Fied­ler die­sen Erfolg. Sie schränkt aber ein, dass die­se Situa­ti­on nicht immer erreicht wer­den kann. Der Regres­si­ons­grad am Prä­pa­rat legt die Beur­tei­lung der Wirk­sam­keit der Che­mo­the­ra­pie nach der Ope­ra­ti­on fest. – Wie aus­ge­dehnt hat sich der Tumor fein­ge­web­lich zurückgebildet?

Kein erhöh­tes Rückfallrisiko

Die adju­van­te Behand­lung zielt prin­zi­pi­ell auf Hei­lung, die durch ein Aus­blei­ben von Brust­krebs inner­halb von zehn Jah­ren defi­niert ist. In der Erst­be­hand­lung wird zur Anwen­dung gebracht, was nach dem heu­ti­gen Wis­sens­stand mög­lich ist. Sie ruht auf meh­re­ren Säu­len – wenn zum Bei­spiel brust­er­hal­tend ope­riert wird, ist ein wich­ti­ges Stand­bein die anschlie­ßen­de Bestrah­lung. Die Nach­be­hand­lung erfolgt je nach Tumor­bio­lo­gie auf hor­mo­nel­ler Ebe­ne oder mit Anti­kör­per­the­ra­pie, oder mit Che­mo­the­ra­pie, wenn indi­ziert und nicht neoad­ju­vant (vor OP) erfolgt. Außer­dem wird im Rah­men der
eng­ma­schi­gen Nach­sor­ge jähr­lich die Mam­mo­gra­phie beid­sei­tig durch­ge­führt zur inten­si­ven Kon­trol­le und Über­wa­chung der Brust.

Psy­cho­lo­gi­sche Begleitung

Für Men­schen, die erfah­ren, dass sie an Brust­krebs lei­den, ist die­se Infor­ma­ti­on mei­stens eine gro­ße see­li­sche Bela­stung, da sie sich nicht krank füh­len und der Aus­gang unge­wiss ist. Wenn Bedarf an psy­cho­lo­gi­scher Unter­stüt­zung besteht, gibt es einer­seits die Mög­lich­keit die­se fach­li­che Hil­fe im Bereich der nie­der­ge­las­se­nen Kollegen/​innen hin­zu­zu­ho­len oder eine psy­cho­on­ko­lo­gi­sche Beglei­tung wird ambu­lant in Anspruch genom­men. Wenn akut schnell psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Hil­fe von­nö­ten ist, berich­tet die Ober­ärz­tin von guten Erfah­run­gen in Zusam­men­ar­beit mit den Kol­le­gen der psychiatrischen
Tages­kli­nik im Ärz­te­haus, die von der Bam­ber­ger Psych­ia­trie orga­ni­siert wird. „Wir füh­ren mit den Pati­en­tin­nen die Erst­ge­sprä­che von der Dia­gno­se­stel­lung an, ver­an­las­sen die Vor­stel­lung im Tumor­board Bam­berg, erläu­tern die emp­foh­le­nen The­ra­pien und lei­ten die­se in die Wege. Wir kön­nen hier in der Gynä­ko­lo­gie im Kli­ni­kum Forch­heim Frän­ki­sche Schweiz die System­the­ra­pie (Chemo‑, Anti­kör­per­the­ra­pie) ambu­lant ausführen,
sowie die Brust­ope­ra­tio­nen (brust­er­hal­tend mit Wäch­ter­lymph­kno­ten­ent­fer­nung, oder wenn nötig die Brust­ent­fer­nung) durch­füh­ren. Wir beglei­ten die Pati­en­tin von Beginn an durch den lan­gen Weg der The­ra­pie. Die Gesprächs­füh­rung ist uns sehr wich­tig, um den Pati­en­ten die
Äng­ste zu neh­men. Wenn ein Brust­krebs im Anfangs­sta­di­um ent­deckt wird, hat die Pati­ent eine sehr gute Chan­ce auf Hei­lung. In der Nach­sor­ge bie­ten wir zusätz­lich Kon­troll­un­ter­su­chun­gen zur Nach­sor­ge beim jewei­li­gen Frau­en­arzt an“, sagt Dr. Jut­ta Fiedler.