Bay­reu­ther Stu­die: Syri­sche Geflüch­te­te lei­den unter den­sel­ben Volks­krank­hei­ten wie die hier gebo­re­ne Bevölkerung

Bild: Privat

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Forscher*innen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth haben unter­sucht, wel­che Medi­ka­men­te von syri­schen Geflüch­te­ten am häu­fig­sten genom­men wer­den, und sind dabei auf einen blin­den Fleck bei Behör­den und Gesundheitspolitiker*innen gesto­ßen: Wäh­rend sie vor allem Trau­ma­ti­sie­rung und infek­tiö­se Krank­hei­ten von Geflüch­te­ten im Fokus haben, sind es viel­mehr die soge­nann­ten Volks­krank­hei­ten Dia­be­tes, Kopf­schmerz und Blut­hoch­druck, unter denen Geflüch­te­te beson­ders oft lei­den. Die Schluss­fol­ge­rung der Forscher*innen: Die Gesund­heits­po­li­tik muss sich stär­ker der gan­zen Band­brei­te von Krank­hei­ten unter den Geflüch­te­ten zuwenden.

Saleh Alja­de­e­ah, Phar­ma­zeut und wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter des Insti­tuts für Medi­zin­ma­nage­ment und Gesund­heits­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Bay­reuth (IMG) sowie Prof. Dr. mult. Eck­hard Nagel, Direk­tor des IMG, und Prof. Dr. Vero­ni­ka J. Wirtz vom Depart­ment of Glo­bal Health der Bos­ton Uni­ver­si­ty School of Public Health (USA) haben den Medi­ka­men­ten­ge­brauch und die selbst­be­rich­te­ten Krank­hei­ten oder Beschwer­den von syri­schen Asylbewerber*innen und Geflüch­te­ten bei­spiel­haft in Nord­rhein-West­fa­len beschrie­ben. „Wir unter­such­ten in die­ser Stu­die Unter­schie­de in der Ver­wen­dung von Medi­ka­men­ten zwi­schen ver­schie­de­nen Alters- und Geschlechts­grup­pen der Stu­di­en­teil­neh­mer“, berich­tet Saleh Alja­de­e­ah, der Haupt­au­tor und Lei­ter der Stu­die. Es wur­den Bewohner*innen in 15 Gemein­schafts­un­ter­künf­ten im Groß­raum Köln, Besucher*innen eines Gemein­de­zen­trums mit Sprach­schu­le und einer Bera­tungs­stel­le sowie wei­te­rer Orte, die von der syri­schen Gemein­schaft fre­quen­tiert wer­den, ange­spro­chen. Ins­ge­samt wur­den 1.641 Per­so­nen nach der Ein­nah­me von min­de­stens einem Medi­ka­ment in den letz­ten sie­ben Tagen sowie nach der Ein­nah­me von ver­schrie­be­nen Medi­ka­men­ten und Selbst­me­di­ka­ti­on gefragt.

34,9 Pro­zent der Befrag­ten hat­ten in den ver­gan­ge­nen Tagen ein Medi­ka­ment genom­men. Unter den syri­schen Befrag­ten waren nicht über­trag­ba­re Krank­hei­ten die häu­fig­sten Ursa­chen für die Ver­wen­dung von Medi­ka­men­ten bei Erwach­se­nen: Kopf­schmer­zen und Blut­hoch­druck waren die meist­ge­nann­ten Grün­de. Nach Dosis waren Dia­be­tes (595 Dosen) und Blut­hoch­druck (954 Dosen) die zweit­häu­fig­ste Indi­ka­ti­on – also die­sel­ben Krank­hei­ten, die auch in der hier gebo­re­nen Bevöl­ke­rung sehr weit ver­brei­tet sind. Bei Kin­dern waren Fie­ber und Husten die häu­fig­sten Indi­ka­tio­nen. Auch dies sind Erkran­kun­gen, die eben­so Kin­der außer­halb der Grup­pe der Geflüch­te­ten beson­ders oft tref­fen. Alja­de­e­ah berich­tet: „Die Ver­wen­dung von Arz­nei­mit­teln zur Behand­lung von Infek­ti­ons­krank­hei­ten oder psy­chi­schen Stö­run­gen wur­den nur sel­ten festgestellt.“

Die Forscher*innen möch­ten nun errei­chen, dass dem Medi­ka­men­ten­ge­brauch für nicht über­trag­ba­re Krank­hei­ten, auch für die soge­nann­ten Volks­krank­hei­ten, mehr Auf­merk­sam­keit geschenkt wird.

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