Bay­reuth: „Nur durch Bil­li­ard­stel Sekun­den getrennt“ – Ultra­kur­ze Licht­blit­ze prä­zi­se und schnell kombiniert

Bay­reuth. Ultra­kur­ze Licht­blit­ze dau­ern weni­ger als eine Bil­li­ard­stel Sekun­de und haben eine wach­sen­de tech­no­lo­gi­sche Bedeu­tung. In Laser­quel­len kön­nen statt ein­zel­ner Blit­ze auch Paa­re und Grup­pen von Licht­blit­zen ent­ste­hen. Ähn­lich wie die che­misch gebun­de­nen Ato­me in einem Mole­kül sind sie mit­ein­an­der ver­kop­pelt, ihre kur­zen zeit­li­chen Abstän­de kön­nen eine hohe Sta­bi­li­tät auf­wei­sen. Forscher*innen der Uni­ver­si­tä­ten Bay­reuth und Kon­stanz haben jetzt eine Ursa­che für die sta­bi­le Kopp­lung ultra­kur­zer Licht­blit­ze ent­deckt und einen Weg gefun­den, ihre Abstän­de gezielt und schnell zu steu­ern. In der Zeit­schrift „Opti­ca“ stel­len sie ihre For­schungs­er­geb­nis­se vor.

Licht­blit­ze, die kür­zer als eine Bil­li­ard­stel Sekun­de sind, wer­den auch als Fem­to­se­kun­den­pul­se bezeich­net. Sie wer­den heu­te für die Erfor­schung von Ener­gie­ma­te­ria­li­en, die 3D-Fer­ti­gung von Bau­tei­len oder auch als Prä­zi­si­ons­skal­pell in der Medi­zin ein­ge­setzt. In Lasern ent­ste­hen die­se Blit­ze als Soli­to­ne, ein sta­bi­le Pake­te aus Licht­wel­len. Die jetzt ver­öf­fent­lich­ten Erkennt­nis­se über ihre Ver­kopp­lung wur­den an einem Laser­re­so­na­tor gewon­nen. Die­ser ent­hält einen Ring aus Glas­fa­sern, der ein end­lo­ses Umlau­fen der Soli­to­nen ermög­licht. In sol­chen Syste­men beob­ach­tet man häu­fig mit­ein­an­der ver­kop­pel­te Fem­to­se­kun­den­blit­ze, soge­nann­te Soli­to­nen-Mole­kü­le. Durch den Ein­satz einer hoch­auf­lö­sen­den Echt­zeit-Spek­tro­sko­pie ist es dem For­schungs­team gelun­gen, die Dyna­mik von zwei ver­kop­pel­ten Blit­zen in Echt­zeit wäh­rend vie­ler hun­dert­tau­send Umläu­fe zu ver­fol­gen. Auf Basis die­ser Daten konn­ten die Wissenschaftler*innen zei­gen, dass es opti­sche Refle­xe inner­halb des Laser­re­so­na­tors sind, wel­che die ein­zel­nen Soli­to­nen zeit­lich und räum­lich mit­ein­an­der ver­kop­peln. Die Bin­dungs­ab­stän­de lie­ßen sich anhand von Lauf­zeit­dif­fe­ren­zen vor­her­sa­gen und konn­ten schließ­lich durch Ver­schie­bung opti­scher Ele­men­te prä­zi­se ein­ge­stellt werden.

Dar­über hin­aus zeigt die neue Stu­die, wie die Bin­dung zwi­schen zwei Blit­zen schnell gelöst wer­den kann und eine neue Bin­dung ent­ste­hen kann. Es ist jetzt bei­spiels­wei­se mög­lich, zwi­schen paar­wei­se auf­tre­ten­den Licht­blit­zen, die ver­schie­de­ne zeit­li­che Abstän­de haben, gezielt hin- und her­zu­schal­ten. „Auf­grund unse­rer For­schungs­er­geb­nis­se wird es jetzt mög­lich, Soli­to­nen-Mole­kü­le auf Knopf­druck zu schal­ten. Dies eröff­net neue Per­spek­ti­ven für tech­ni­sche Anwen­dun­gen von Fem­to­se­kun­den­pul­sen, ins­be­son­de­re in der Spek­tro­sko­pie und der Mate­ri­al­be­ar­bei­tung,“ sagt Luca Nim­mes­gern B.Sc., Erst­au­tor der Stu­die und Phy­sik-Master­stu­dent an der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Die am Laser­re­so­na­tor gewon­ne­nen Erkennt­nis­se las­sen sich auf eine Viel­zahl von Ultra­kurz­puls­la­ser­quel­len über­tra­gen. Des­halb ist es ohne hohen Auf­wand mög­lich, mit­ein­an­der ver­kop­pel­ten Licht­blit­ze in ande­ren Laser­sy­ste­men zu erzeu­gen und ihre Abstän­de zu schal­ten. „Seit den ersten Berich­ten von Puls­paa­ren in Faser­la­sern vor über 20 Jah­ren wur­den für die Sta­bi­li­tät von Soli­to­nen-Mole­kü­len in Lasern unter­schied­li­che Erklä­run­gen vor­ge­schla­gen. Die übli­chen Model­le wider­spre­chen zahl­rei­chen Beob­ach­tun­gen, wer­den aber bis heu­te her­an­ge­zo­gen. Unse­re neue Stu­die bie­tet jetzt erst­mals eine mit den Mess­da­ten kom­pa­ti­ble und exak­te Erklä­rung. Sie lie­fert gewis­ser­ma­ßen ein Puz­zle­stück, das nach­träg­lich eine Viel­zahl frü­he­rer Daten ver­ständ­lich macht. Jetzt kann die kom­ple­xe Laser­phy­sik gezielt genutzt wer­den, um Soli­to­nen-Sequen­zen mit hoher Geschwin­dig­keit zu erzeu­gen“, sagt Georg Her­ink, Juni­or­pro­fes­sor für Ultra­schnel­le Dyna­mik an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth und Koor­di­na­tor der Forschungsarbeiten.

Ko-Autor Prof. Dr. Alfred Lei­tenstor­fer von der Uni­ver­si­tät Kon­stanz, des­sen Arbeits­grup­pe seit Jah­ren Faser­la­ser als Werk­zeug der Spek­tro­sko­pie ent­wickelt, ergänzt: „Auf­grund unse­rer neu­en Erkennt­nis­se kön­nen wir auf die Rea­li­sie­rung viel­sei­ti­ger tech­no­lo­gi­scher Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten gespannt sein.“ An der Uni­ver­si­tät Bay­reuth star­te­te kürz­lich ein DFG-For­schungs­pro­jekt mit dem Ziel, die Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen ultra­kur­zen Soli­to­nen in Laser­quel­len im Detail zu ver­ste­hen und für zukünf­ti­ge Laser­an­wen­dun­gen nutz­bar zu machen.