Bay­reu­ther CO2-Bud­get in drei Jah­ren auf­ge­braucht und immer noch kein ech­ter Plan in Sicht

Pres­se­mit­tei­lung des Kli­ma­ent­scheid Bayreuth:

„Alar­mie­ren­de Zah­len im Umwelt­aus­schuss – Ent­wurf des Umwelt­am­tes zeigt gro­ße Lücken im Bay­reu­ther Kli­ma­schutz auf und bringt Rat­haus in Bringschuld“

Heu­te, Mon­tag den 18. Okto­ber, hat das Umwelt­amt dem Umwelt­aus­schuss des Stadt­rats die aktu­el­len Arbei­ten am Kli­ma­schutz­kon­zept vor­ge­legt. Umfang und Aus­rich­tung des Kon­zepts wur­den damit auch erst­mals für die Öffent­lich­keit ein­seh­bar. Die drei wich­tig­sten Ele­men­te der vor­ge­leg­ten Ergeb­nis­se sind eine erste CO2-Bilanz für Bay­reuth, ver­ein­zel­te Poten­zi­al­ana­ly­sen sowie eine Samm­lung von ersten Maßnahmenvorschlägen.

Die vor­ge­leg­ten Ergeb­nis­se sind besorg­nis­er­re­gend. Pro Kopf wer­den in Bay­reuth jähr­lich 9,3 Ton­nen CO2-Äqui­va­len­te aus­ge­sto­ßen. Damit ist das Emis­si­ons-Rest­bud­get von 30 Ton­nen, mit dem das Pari­ser 1,5°C‑Ziel noch erreich­bar wäre, nach Schät­zun­gen des Kli­ma­schutz­ma­nage­ments bereits im Jahr 2024 auf­ge­braucht – also in etwa drei Jah­ren. “Das bedeu­tet, dass wir in den letz­ten ein­ein­halb Jah­ren bereits ein Drit­tel unse­res CO2-Rest­bud­gets ver­braucht haben. In jedem Monat, in dem das Rat­haus ohne ernst­haf­ten Plan agiert, schmilzt unser Bud­get dahin”, sagt Raja Wipf­ler vom Kli­ma­ent­scheid Bayreuth.

Die Ver­hand­lun­gen im Umwelt­aus­schuss zeig­ten indes, dass die­se Dring­lich­keit von der Stadt­spit­ze nicht regi­striert wur­de. Man wähn­te sich in Sicher­heit, mit den ent­wor­fe­nen Maß­nah­men­vor­schlä­gen bereits auf einem guten Ent­wick­lungs­pfad zu sein. So sag­te etwa Ste­pha­nie Koll­mer (CSU) über ihren Par­tei­kol­le­gen Ober­bür­ger­mei­ster Tho­mas Ebers­ber­ger, man sei auf einem guten Weg und Kli­ma­schutz sei zu einer Chef­sa­che gemacht worden.

Die Aus­füh­run­gen des Kli­ma­schutz­ma­nage­ments zeig­ten aller­dings das genaue Gegenteil.

Die kon­kre­ten Maß­nah­men, die man nun ange­hen wol­le, bezie­hen sich nahe­zu aus­schließ­lich auf Städ­ti­sche Lie­gen­schaf­ten: genannt wur­den die Sanie­rung der städ­ti­schen Gebäu­de, LED-Stra­ßen­be­leuch­tung, Aus­tausch der Ölhei­zun­gen in städ­ti­schen Gebäu­den und Neu­bau von städ­ti­schen Gebäu­den. Nach der neu­en CO2-Bilanz sind kom­mu­na­le Ein­rich­tun­gen aller­dings nur für 3% des Bay­reu­ther End­ener­gie­ver­brauchs verantwortlich.

Ein offen­sicht­lich mar­gi­na­ler Anteil. War­um sich die Stadt und das Kli­ma­schutz­ma­nage­ment so inten­siv mit Maß­nah­men beschäf­ti­gen, wel­che die CO2-Emis­sio­nen der Stadt nur gering­fü­gig sen­ken, statt den Fokus auf die gro­ßen The­men zu legen, blieb heu­te für vie­le Zuschau­en­de der Ver­hand­lun­gen unverständlich.

Auch bei den ande­ren vor­ge­stell­ten Maß­nah­men man­gelt es an einer effek­ti­ven Ein­bet­tung in eine ziel­ge­rich­te­te Stra­te­gie. Man prä­sen­tier­te noch kei­nen kohä­ren­ten Plan mit kla­rem Ent­wick­lungs­pfad, son­dern ein loses Sam­mel­su­ri­um an Einzelmaßnahmen.

Eine stra­te­gi­sche Aus­rich­tung steht wei­ter­hin nicht in Aus­sicht – dar­an ändert auch der oft beton­te Ent­wurfs­sta­tus der vor­ge­leg­ten Arbei­ten nichts. Der Kli­ma­ent­scheid hat­te zuvor schon in Gesprä­chen mit der Stadt vor­ge­schla­gen, einen ent­spre­chen­den Stra­te­gie-Plan zu beschlie­ßen. Die­ser sol­le sämt­li­che kom­mu­na­le Akti­vi­tä­ten stra­te­gisch aus­rich­ten und sicher­stel­len, dass der Stadt­rat sich nicht nur Zie­le setzt, son­dern deren deren Errei­chen regel­mä­ßig über­prüft und sicher­stellt. Die­sem Vor­schlag wur­de noch nicht nachgekommen.

Und den­noch; ohne Druck der Zivil­ge­sell­schaft stün­de Bay­reuth heu­te noch schlech­ter da, als es im Umwelt­aus­schuss deut­lich wur­de. Denn auch die aktu­el­len Fort­schrit­te, z.B. die Erstel­lung die­ser ersten CO2-Bilanz für Bay­reuth, sind nicht etwa dem Enga­ge­ment des Rat­hau­ses zu ver­dan­ken: Fridays-for-Future-Aktivist:innen hat­ten dies im Herbst 2019 in Rah­men einer Bür­ger­ver­samm­lung ermög­licht, als sie gut recher­chiert über aktu­el­le För­der­be­din­gun­gen dem Stadt­rat vor­ge­schla­gen hat­ten, sich auf das ent­spre­chen­de För­der­pro­gramm zu bewer­ben. “Wir sehen uns wei­ter­hin gezwun­gen, über eine Ein­rei­chung des Bür­ger­be­geh­rens nach­zu­den­ken, falls Ober­bür­ger­mei­ster Ebers­ber­ger nicht zeit­nah han­delt und über­zeu­gen­de Plä­ne lie­fert”, sag­te Jakob Ort­mann, Mit­grün­der des Kli­ma­ent­scheids. “Wir ste­hen jeden­falls für Gesprä­che bereit.”

“Es ist unbe­dingt not­wen­dig, dass im Stadt­rat in der kom­men­den Sit­zung am 27.10. ein ganz kla­rer Fahr­plan ange­sto­ßen wird und wir nicht bei einer Ideen­samm­lung blei­ben wer­den”, sagt Raja Wipf­ler. “Wir brau­chen kein halb­her­zi­ges Kon­zept­chen, son­dern eine ech­te Lösung”, sagt Lean­der Schnei­der, Mit­grün­der des Kli­ma­ent­scheids. Ein sol­cher Fahr­plan beinhal­te die Fest­le­gung, bis wann die Ver­wal­tung kon­kre­te Maß­nah­men für ein­zel­ne Sek­to­ren vor­le­gen müs­se inklu­si­ve Ein­spar­po­ten­ti­al, Kosten- und Personalabschätzung.

Posi­tiv schätzt der Kli­ma­ent­scheid ein, dass durch die kla­re Auf­ar­bei­tung der CO2-Bilanz nun auch der Stadt­rat end­gül­tig mit der dra­ma­ti­schen Situa­ti­on kon­fron­tiert ist. Ein wei­ter­ge­hen­des “Augen zu” und “wei­ter so” im Rat­haus ist nicht mehr haltbar.