Sonn­tags­ge­dan­ken: Spiegelbilder

Symbolbild Religion

Ein Schü­ler kam ein­mal zu sei­nem Mei­ster und frag­te ihn:
„War­um ist es so, dass ein Armer eher freund­lich ist und hilft, wenn er kann, als ein Rei­cher? Der sieht einen oft ja nicht ein­mal an?“
Der Wei­se ant­wor­te­te ihm: „Tritt ans Fen­ster, was siehst du?“
„Eine Frau mit einem Kin­der­wa­gen, die zum Markt geht und vie­le Leu­te, die unter­wegs sind.“
„Gut“, sag­te der Wei­se, „tritt nun an den Spie­gel. Was siehst du da?“
„Ich sehe nur mich selbst.“
„Siehst du!“ sag­te der Wei­se, „Das Fen­ster ist aus Glas gemacht und der Spie­gel auch. Aber kaum legt man ein biss­chen Sil­ber hin­ter die Ober­flä­che, schon siehst du nur dich selbst.“

Quel­le unbekannt

Lie­be Freunde,

Pfarrer Klaus Weigand (rechts) mit Urmel ...

Pfar­rer Klaus Weig­and (rechts) mit Urmel …

die­se Geschich­te macht mich sehr nach­denk­lich: „Was zählt in mei­nem Leben über­haupt?“ Vor eini­gen Jah­ren warb eine Bank mit dem Slo­gan: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot!“ Offen­bar ist es also wirk­lich so, dass nur das, was ich in die Hand neh­men kann oder was ich erar­bei­tet habe, in mei­nem Leben von Bedeu­tung ist. Zumin­dest ist das bei vie­len so. Aber was ist dann mit den Men­schen, die mit die­sem mate­ria­li­sti­schen Den­ken nicht mit­hal­ten kön­nen, die dem Lei­stungs­druck nicht gewach­sen sind? Vie­le von ihnen blei­ben da auf der Strecke.

„Pech gehabt“, wer­den man­che urtei­len. Denn Geld regiert die Welt. In die­sem Den­ken schrecken vie­le vor nichts zurück, nicht ein­mal vor dem, wor­auf es im Leben wirk­lich ankommt. Denn ich bin über­zeugt, dass es nicht auf Geld, Macht und Kar­rie­re ankommt, son­dern auf Lie­be, Mensch­lich­keit, Gerech­tig­keit usw.
Aber das sind Din­ge, die ich eben nicht in die Hand neh­men kann, die ich nicht machen kann, aber die ich mir schen­ken las­sen darf; und zwar von mei­nem Mit­men­schen und natür­lich auch von Gott.

Und nun über­le­gen wir doch ein­mal: Wenn ich mir sel­ber nicht mehr den Druck machen muss, dies und jenes zu errei­chen, wenn es mir nicht mehr um mehr und noch mehr geht, wenn sich mein Leben eben nicht nur um den mate­ri­el­len Besitz dreht, dann bin ich doch bereit, auch den ande­ren in den Blick zu neh­men und wer­de nicht nur um mich sel­ber kreisen.

Eine Gesell­schaft, in der auch die Schwä­che­ren geach­tet wer­den, in der kei­ner auf der Strecke bleibt, in der nie­mand auf Kosten ande­rer lebt, das wäre doch eine wun­der­ba­re Gesell­schaft. Was wäre das erst für eine Kir­che, in der dann wirk­lich wie­der jeder Mensch wert­voll wäre; auch der klei­ne und schwa­che und der an den Rand gedräng­te Mensch? Was wäre das für eine Kir­che, in der dann frei­lich auch die Men­schen mit den unter­schied­lich­sten Mei­nun­gen ihren Platz haben dürften?

Wäre das nicht wunderschön?

Ich weiß, dass ich die Welt und auch die Kir­che nicht umkrem­peln kann, aber mich, mich kann ich sehr wohl verändern.

Und so wün­sche ich Ihnen und uns allen ein wenig Gelas­sen­heit und den Mut, dass wir mehr auf das schau­en, was wirk­lich zählt: nicht „mein Haus, mein Auto, mein Boot“, son­dern „mei­ne Fami­lie, mein Arbeits­kol­le­ge und mein Nachbar“.

Nein, die Welt kann ich so nicht ändern; aber viel­leicht mein Umfeld. Und genau drauf kommt es an. Es kommt auf dich und mich, auf uns alle, an.

Ich wün­sche Ihnen einen guten Sonn­tag und Got­tes Segen für Sie.

Klaus Weig­and


Wei­te­re Sonn­tags­ge­dan­ken

Infos zu Pfar­rer Klaus Weigand

  • Gebo­ren 1966 in Erlen­bach am Main (Unter­fran­ken)
  • Abitur am The­re­sia­num in Bam­berg 1989
  • Stu­di­um der Kath. Theo­lo­gie in Bam­berg und Wien
  • Prie­ster­wei­he 1998
  • Tätig­kei­ten:
  • Fürth, Christ­kö­nig von 1997 – 2010
  • Bucken­ho­fen als Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor 2010 – 2015
  • seit 2015 in Herold­bach und Hausen