Markt­ge­mein­de­rat Hei­li­gen­stadt: Kahl­schlag auf dem Seigelstein

Das vor 5 Jahren neu aufgeforstete Waldstück auf dem Seigelberg ist bereits ein Hoffnungsschimmer. Foto: Thomas Weichert
Das vor 5 Jahren neu aufgeforstete Waldstück auf dem Seigelberg ist bereits ein Hoffnungsschimmer. Foto: Thomas Weichert

6 Hekt­ar Gemein­de­wald fie­len dem Bor­ken­kä­fer und dem Kli­ma­wan­del zum Opfer

Schock für die Rätin­nen und Räte des Markt­ge­mein­de­ra­tes Hei­li­gen­stadt auf dem Sei­gel­stein ober­halb der Ort­schaft Tie­fen­pölz. Bis vor kur­zem stan­den hier noch sechs Hekt­ar Gemein­de­wald. Jetzt ist alles weg bis auf ein paar Kie­fern und Laub­bäu­me. Der gesam­te Gemein­de­wald, der haupt­säch­lich aus Fich­ten bestan­den hat­te, viel dem „Buch­drucker“ zum Opfer und muss­te abge­holzt und abtrans­por­tiert werden.

Den Mit­glie­dern des Markt­ge­mein­de­rats bie­tet sich beim Orts­ter­min mit Forst­di­rek­tor Gre­gor Schießl, Revier­för­ster Roman Die­zel und Bor­ken­kä­fer­ex­per­te Lukas Baden ein trau­ri­ges Bild wie nach einem Wir­bel­sturm. Die teil­wei­se bis zu 100 Jah­re alten Fich­ten wur­den bereits größ­ten­teils auf den Fich­ten­la­ger­platz bei Strul­len­dorf abtrans­por­tiert. Alles muss noch so schnell wie mög­lich raus aus dem Wald, der kein Wald mehr ist. Damit der Bor­ken­kä­fer nicht wei­ter um sich grei­fen kann und wei­te­re Bäu­me in Nach­bar­wäl­dern befällt. „Vor sechs Wochen stan­den hier noch über­all Fich­ten, bis der tota­le Kahl­schlag durch­ge­führt wer­den muss­te“, erklärt Schießl. Denn ein befal­le­ner Baum habe das Poten­ti­al 20 wei­te­re Bäu­me mit dem gefrä­ßi­gen Bor­ken­kä­fer namens Buch­drucker in Win­des­ei­le zu infi­zie­ren. „Nach der Abhol­zung lagen hier bis vor kur­zem noch 1200 Fest­me­ter Holz“, zeigt För­ster Die­zel auf einen rie­si­gen Holz­stoß. Zwei­drit­tel davon sind schon abtransportiert.

Es ist aber kei­ne rei­ne Bor­ken­kä­fer­ka­ta­stro­phe son­dern liegt auch am Kli­ma­wan­del. Man hat­te drei extre­me Trocken­jah­re mit Tem­pe­ra­tu­ren die unse­re Baum­ar­ten, vor allem die Fich­te, nicht gewohnt waren. Dies schwäch­te die Bäu­me der­ma­ßen das sie kein Harz mehr bil­den konn­ten um von selbst der Bor­ken­kä­fer­pla­ge Herr zu wer­den. Das es aber so schnell geht, damit hat­ten selbst die Forst­ex­per­ten nicht gerechnet.

2018 muss­ten im Hei­li­gen­städ­ter Gemein­de­wald, der ins­ge­samt 190 Hekt­ar umfasst, 600 Fest­me­ter Käfer­holz ent­nom­men wer­den. Ein Jahr spä­ter waren es dann schon 800 Fest­me­ter, 2020 dann sogar schon 2000 Fest­me­ter und in die­sem Jahr sind es bis jetzt schon 2000 Fest­me­ter. Pro Woche sind es im gesam­ten Amts­be­reich von Schießl, der Stadt und Land­kreis Bam­berg umfasst, 5000 Fest­me­ter die aus den Wäl­dern ent­nom­men wer­den müs­sen. „Wir müs­sen die­ses Jahr gan­ze Flä­chen abhol­zen denn jeder Baum ist ange­bohrt“, dazu der Revier­lei­ter. Durch den vie­len Regen habe man zwar ein paar Wochen gewon­nen, wenn der Käfer aber erst sei­ne Brut ange­legt hat, ist es zu spät. „Wenn sich der Käfer ein­ge­bohrt hat, haben wir noch vier bis sechs Wochen Zeit. In die­ser Zeit muss alles gesche­hen sein und weg sein“, erklärt Die­zel. Das ist dann nur noch mit einem Har­ve­ster und rie­si­gen Rücke­wä­gen zu schaf­fen. Koor­di­niert wird das alles durch die Wald­be­sit­zer­ver­ei­ni­gung Bam­berg. Aber nicht nur die Fich­te ist betrof­fen. Der „Blaue Kie­fern­pracht­kä­fer“ bedroht die Kie­fern, die Esche ein Pilz und die Buche lei­det unter mäch­ti­gen Trocken­schä­den. „Die Buche kön­nen Sie dann nicht mehr mit der Hand ern­ten weil die Gefahr besteht das dür­re Äste den Wald­ar­bei­ter erschla­gen“, so Schießl. Nicht nur sehr schwe­re Unfäl­le son­dern die dop­pel­te Anzahl von Toten sind bereits zu beklagen.

Inzwi­schen sei die Situa­ti­on schon so dra­ma­tisch, das man die­ser kaum mehr Herr wer­de. 290 000 Fest­me­ter Bor­ken­kä­fer-Schä­den, 40.000 Fest­me­ter Trocken­schä­den an Nadel­holz und 20 000 Fest­me­ter Trocken­schä­den an Laub­holz waren in Schießls Amts­be­reich letz­tes Jahr zu ver­zeich­nen was zu einem zusätz­li­chem Wie­der­auf­for­stungs­be­darf von mehr als 200 Hekt­ar Wald­flä­che führ­te. Heu­er ist die Lage noch wesent­lich dra­ma­ti­scher. Schießl pro­gno­sti­ziert allei­ne für Stadt und Land­kreis Bam­berg 275.000 Fest­me­ter Bor­ken­kä­fer-Schä­den, 20 000 Fest­me­ter abio­ti­sche Schä­den vor allem in Fol­ge von Trocken­heit und einen zusätz­li­chen Wie­der­auf­for­stungs­be­darf von mehr als 500 Hekt­ar. Scha­dens­schwer­punk­te für den Bor­ken­kä­fer­be­fall sind die Revie­re von But­ten­heim bis Holl­feld und zuneh­mend auch im gesam­ten Jura-Bereich.

Eine Kata­stro­phe für den Wald als Gan­zes sieht Schießl aber nicht, für den ein­zel­nen betrof­fe­nen Wald­be­sit­zer jedoch schon. Denn im Land­reis Bam­berg liegt der Fich­ten­an­teil bei zir­ka 20 Pro­zent und im Land­kreis Forch­heim bei weni­ger als zehn Pro­zent. „Die För­der­be­din­gun­gen sind heu­te so gut wie wir sie noch nie in Bay­ern hat­ten“, macht Schießl wei­ter Hoff­nung. Der Markt Hei­li­gen­stadt kann etwa mit 30 000 Euro Zuschuss für sein Käfer­holz rech­nen. Außer­dem stei­gen die Ver­kaufs­prei­se für Holz gera­de enorm. Und Geld vom Staat gibt es dann auch für die Wie­der­auf­for­stung. Aller­dings wird sich der Wald, so wie wir ihn ken­nen, ver­än­dern. Da ande­re Baum­ar­ten gepflanzt wer­den müs­sen die sich bes­ser an den Kli­ma­wan­del anpas­sen. Und zwar Edel­laub­höl­zer von denen Die­zel den Ahorn, die Kir­sche, die Els­bee­re oder den Spei­er­ling nennt.

Die För­ster setz­ten aber vor allem auf die natür­li­che Wald­ver­jün­gung. Jede Pflan­ze die von selbst kommt, braucht man schon nicht kau­fen. Ziel muss der Auf­bau gesun­der, gemisch­ter kli­ma-sta­bi­ler Wäl­der sein. Dazu sind gemein­sa­me Anstren­gun­gen von Wald­be­sit­zern, För­stern und Jägern not­wen­dig“, betont er Forst­di­rek­tor. Einen Hekt­ar Wald wie­der auf­zu­for­sten kostet etwa 20 000 Euro, wenn man dies kom­plett als Dienst­lei­stung ver­gibt. Dafür gibt es aber auch eine För­de­rung von bis zu 13 000 Euro erklärt Die­zel. Den größ­ten Kosten­an­teil ent­fal­len auf den Zaun der die Jung­pflan­zen vor Ver­biss von Wild­tie­ren schützt.

Die ersten Jah­re muss die Neu­an­pflan­zung aber auch jähr­lich aus­ge­mäht wer­den. Dies könn­te aber auch der Bau­hof über­neh­men, wie ande­re Arbei­ten auch. „Wir machen ja mit unse­rem Wald nicht unbe­dingt Gewinn. Wenn wir ihn ver­kau­fen, dann hät­ten wir unse­re Ruhe“, sag­te Bür­ger­mei­ster Ste­fan Reichold (SPD), der aber die Gemein­de auch in der Ver­ant­wor­tung für nach­fol­gen­de Gene­ra­tio­nen sieht. „Ein Gemein­de­wald ist anders als ein Pri­vat­wald vor­bild­lich zu bewirt­schaf­ten, weil es eine Gemein­wohl­auf­ga­be ist“, dazu Schießl der an die Räte appel­lier­te das man gera­de die Gemein­de­wäl­der für zukünf­ti­ge Gene­ra­tio­nen brau­che. „Wich­tig ist das wir in vie­len Din­gen gut zusam­men­ar­bei­ten, jetzt wo der Wald bedroht ist“, so Schießls Appell.

Ein wei­ter Punkt waren die Wald­we­ge. Dazu muss der Bür­ger­mei­ster immer wie­der Kri­tik ein­stecken, weil die­se gera­de nicht befah­ren wer­den kön­nen. Wie jüngst in Obern­grub. „Wir kön­nen nicht alle Wege zu jeder Stun­de frei­hal­ten und so lan­ge eine Maß­nah­me läuft, machen wir nur das Nötig­ste“, dazu För­ster Die­zel. Für Forst­we­ge gibt es außer­dem Son­der­för­der­mit­tel, aber dann müs­sen alle Eigen­tü­mer mit ins Boot. Einen Hoff­nungs­schim­mer auf dem Sei­gel­stein gibt es aber schon. Vor fünf Jah­ren hat­te Die­zels Vor­gän­ger ein klei­nes Wald­stück mit unter­schied­lich­sten Baum­ar­ten neu auf­ge­for­stet. Dar­aus ist bereits ein jun­ger Wald ent­stan­den der präch­tig gedeiht.