Stadt­steina­cher Erkun­dungs­rund­gang mit Ein­blicken in die Wassergeschichte

Die 1981 aufwändig restaurierte Schneidmühle. Foto: Hannah-Katharina Martin
Die 1981 aufwändig restaurierte Schneidmühle. Foto: Hannah-Katharina Martin

„Was klap­pert am rau­schen­den Bach?“

Eine der schön­sten Wan­de­run­gen im Fran­ken­wald ist der 11 km lan­ge Müh­len­weg mit sei­nen 18 Was­ser­müh­len. Bei der gut drei­stün­di­gen Erkun­dungs­tour der Kul­tur­in­itia­ti­ve „Die Wüste lebt e.V.“, des Fran­ken­wald­thea­ters und der Stadt Stadt­stein­ach konn­ten rund 20 Inter­es­sier­te am ver­gan­ge­nen Sams­tag aller­lei über die Was­ser­welt und die beweg­te Müh­len-Geschich­te von Stadt­stein­ach erfah­ren: Vom Mah­len von Getrei­de, über Sägen von Holz bis hin zur Strom­erzeu­gung. In der Innen­stadt stan­den ehe­mals acht Müh­len auf gera­de ein­mal 2 km. Die bei­den heu­te noch erhal­te­nen Müh­len konn­ten haut­nah erlebt wer­den: die Schneid­müh­le am Hoch­ho­fen sowie die Kunst­müh­le am Stadtpark.

Von der schö­nen Mül­le­rin und den gesell­schaft­li­chen Zusam­men­hän­gen bis hin zu unbe­kann­ten Tech­ni­ken wur­de von Stadt­rat Wolf­gang Mar­tin die ver­gan­ge­ne Zeit unter­halt­sam sicht­bar gemacht und anschau­lich Bezü­ge zur heu­ti­gen Zeit her­ge­stellt: Was war eigent­lich eine Lohe­müh­le und wie sah der letz­te Loh­mül­ler von Stadt­stein­ach aus? Wie war das mit Ver­hüt­tung zur Gewin­nung von Eisen im Hoch­ofen? War­um braucht es eine Fisch­trep­pe an der Aus­lei­tung des lan­gen Mühl­ba­ches? War­um muss­ten die Müh­len­be­sit­zer immer den Mühl­bach rei­ni­gen? War­um gab es einen Müh­len­rich­ter, der die Kon­flik­te zwi­schen Bäcker, Mül­ler und Land­wirt schlich­ten muss­te? Und war­um war der Getrei­de­mül­ler kein ange­se­he­ner Beruf?

Die Ener­gie aus Was­ser wur­de in Stadt­stein­ach zum Mah­len von Getrei­de, von Rin­de (Loh­müh­le 1724), von Eisen­erz (Schuss­er­müh­le 1783), zum Holz­sä­gen (Schneid- oder Säg­müh­len) oder zur Mine­ral­zer­klei­ne­rung (Ham­mer­müh­le 1348) schon ab dem Mit­tel­al­ter genutzt.

Noch bis 1920 wur­de der gesam­te Elek­tri­zi­täts­be­darf von Bay­ern durch Was­ser­kraft gedeckt. Heu­te wird immer­hin noch 25 % elek­tri­sche Ener­gie in Bay­ern durch Was­ser erzeugt. So sind auch in der Neu­müh­le sowie in der ehe­ma­li­gen Papier­fa­brik im Stei­nach­tal aktu­ell zwei Tur­bi­nen­an­la­gen zur Erzeu­gung von Elek­tri­zi­tät in Betrieb. Auch die Schneid­müh­le war von 1912 bis zur Restau­rie­rung 1981 durch die Fach­hoch­schu­le Düs­sel­dorf mit einer Tur­bi­ne aus­ge­rü­stet. Die tech­ni­sche Ent­wick­lung aller­dings fing bei den höl­zer­nen Was­ser­rä­dern an und wur­de erst im 19. Jahr­hun­dert durch Erfin­dungs­ga­be im Zusam­men­hang mit hoch­wer­ti­ger Metall­ver­ar­bei­tung zu Hoch­lei­stungs­tur­bi­nen wei­ter entwickelt.

Die dies­jäh­ri­ge Stadt­füh­rung folg­te dem Lauf des städ­ti­schen Mühl­ba­ches, einer der gro­ßen Aus­lei­tun­gen der Unte­ren Stein­ach. Die unte­ren bei­den Müh­len sind heu­te nicht mehr exi­stent: eine Säge­müh­le (Seg­mul) auf dem Anwe­sen Wal­l­asch gibt es seit 1952 nicht mehr und die für den Brand der Kir­che St. Micha­el 1903 ins Gere­de gebrach­te Kap­pel­müh­le aus dem Jah­re 1798 ist 2019 abge­ris­sen wor­den. Eini­ge her­um­lie­gen­de Mühl­stei­ne zeu­gen noch von deren Exi­stenz – hier soll ein „Müh­len­park“ mit einer Kneipp­an­la­ge entstehen.

In der heu­ti­gen Kunst­müh­le, deren Ursprung sich bis ins 14. Jahr­hun­dert (Pletz­mul 1350) nach­ver­fol­gen lässt, wird heu­te regio­na­les Getrei­de zu hoch­wer­ti­gem Qua­li­täts­mehl gemah­len. Kunst des­halb, weil elek­tri­scher Strom eine wirt­schaft­li­che Nut­zung garan­tie­ren soll. Die Par­t­hei­müh­le war lan­ge Zeit eine Was­ser­müh­le mit Getrei­de­mahl­werk und Holz­schneid­werk. Dirk Par­t­hei­mül­ler erklär­te anschau­lich die vie­len Trans­mis­sio­nen und Sieb­wer­ke, die sich auf vier Stock­wer­ke erstrecken, anschau­lich. Die erzeug­ten Getrei­de­pro­duk­te sind übri­gens in einem klei­nen Müh­len­la­den direkt im Gebäu­de erhält­lich. Das an die Kunst­müh­le angren­zen­de Wohn­haus ist eines der älte­sten noch erhal­ten­den Häu­ser von Stadt­stein­ach und wur­de 1558 zeit­gleich mit der Mühe­le erbaut. Mit­tels einer gründ­li­chen Gene­ral­sa­nie­rung soll es zusam­men mit der Attrak­ti­vie­rung des Stadt­parks eine neue Bedeu­tung erhalten.

An der Loh­müh­le aus dem Jah­re 1724 zeig­te Roland Ficken­scher das ehe­ma­li­ge Schwimm­bad im Mühl­bach und mach­te auf die heu­te wie­der zahl­rei­chen Fisch­sor­ten im Mühl­bach auf­merk­sam. Der letz­te Loh­mül­ler von Stadt­stein­ach war Aegid Schirm­er stell­te hier noch bis in die 1940er Jah­re aus Eichen­rin­de Gerb­säu­re zur Leder­ver­ede­lung her.

Zum Abschluss fand ein beein­drucken­der Schneid­vor­gang eines Fich­ten­stam­mes durch Maxi­mi­li­an Grampp in der 1981 restau­rier­ten Schneid­müh­le am Hoch­ofen statt – aller­dings nicht mit Was­ser­kraft, son­dern mit einem Elek­tro­mo­tor. Der pas­sio­nier­te Holz­mül­ler erläu­ter­te inmit­ten der ursprüng­li­chen Aus­stat­tung die frü­he­re Bedeu­tung des Berufs sowie die Funk­ti­ons­wei­se und Arbeits­lei­stung der Müh­le. Die­se Müh­le (Kre­mer­sche Müh­le) hat neben sei­nem beein­drucken­den Was­ser­rad eine span­nen­de Ent­ste­hungs­ge­schich­te: Ab 1865 brauch­te es zwei Jah­re, vie­le Ämter­gän­ge und Über­zeu­gungs­kraft, bis Johann Kre­mer und Paul Bai­er die Geneh­mi­gung durch diver­se Amts­trä­ger und die Anlie­ger für eine Aus­lei­tung aus der Stein­ach für die Errich­tung einer Holz- und Schneid­müh­le vor­lag. Die bei­den woll­ten nach den ver­hee­ren­den Wald­brü­chen von 1856 und 1860 in die Holz­wirt­schaft ein­stei­gen. Ein Geschäft das über Jahr­hun­der­te den Fran­ken­wald präg­te und vie­le gesell­schaft­li­che und per­sön­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen brachte.

Text: Wol­fang Mar­tin; Han­nah-Katha­ri­na Martin