Land­kreis Forch­heim: Kli­ma­an­pas­sung Dach­be­grü­nung – Abfluss­ver­zö­ge­rung von Regen­was­ser kann auf allen ver­sie­gel­ten Flä­chen anset­zen Online-Web­i­nar „Gebäu­de­grün – öko­lo­gi­sche Kli­ma­an­la­ge und mehr!“ im Rah­men des Pro­jekts „Stadt-Kli­ma-Wan­del 21“ von BN und Liasgrube

Wir­kun­gen von Dach­be­grü­nun­gen zei­gen sich zunächst in der Spei­che­rung und der ver­zö­ger­ten Ein­lei­tung von Nie­der­schlags­was­ser in Kanal­sy­ste­me. Doch die Lei­stung begrün­ter Dächer und Fas­sa­den für das Mikro­kli­ma unse­re Städ­te sind weit­aus vielfältiger.

Die letz­ten Wochen zei­gen uns, wie sich in unse­ren „gemä­ßig­ten Brei­ten“ der Kli­ma­wan­del in den kom­men­den Jah­ren zei­gen wird: andau­ern­de Hit­ze­wel­len oder län­ger anhal­ten­de Stark­re­gen­pha­sen, die noch vor Jah­ren als sta­ti­sti­sche Jahr­hun­dert­ereig­nis­se benannt wur­den, wer­den wir alle häu­fi­ger erle­ben. Der Bei­trag des Woh­nungs­baus zu Anpas­sungs­stra­te­gien – über­lau­fen­de Kanal­sy­ste­me durch die ver­zö­ger­te Ein­lei­tung von Dach­flä­chen­was­ser zu ent­la­sten und gleich­zei­tig das Was­ser auf dem Dach zur küh­len­den Ver­dun­stung zu nut­zen. Die­se Fähig­kei­ten und not­wen­di­ge bau­tech­ni­sche Vor­aus­set­zun­gen von „Gebäu­de­grün“ wur­de von Dr. Gun­ter Mann, Prä­si­dent des Bun­des­ver­bands Gebäu­de­Grün e.V., im Rah­men des Pro­jekts „Stadt-Kli­ma-Wan­del 21“ des BUND Natur­schutz (BN), in einem Web­i­nar am 14. Juli 2021 vorgestellt.

Die Begrü­nung von Flach­dä­chern wird schon seit eini­gen Jah­ren betrie­ben. Ist die Dach­haut von flach oder leicht geneig­ten Dächern durch eine Kies­auf­la­ge von 5 cm (100 kg/​m²) geschützt, so sind die sta­ti­schen Vor­aus­set­zun­gen der zuläs­si­gen Flä­chen­last für eine exten­si­ve Begrü­nung auf Bestands­ge­bäu­den fast immer gege­ben. Zum Unter­schied kön­nen sog. „Exten­siv-Grün­dä­cher“ mit leich­ten mine­ra­li­schen Vege­ta­ti­ons­sub­stra­ten bei einer Auf­bau­hö­he von 10 cm schon etwa 50 % der Jah­res­nie­der­schlags­men­ge spei­chern und vor Ort ver­dun­sten lassen.

Die aus­rei­chen­de Belast­bar­keit einer Dach­flä­che ist Vor­aus­set­zung für die Mög­lich­kei­ten, Regen­was­ser, als kosten­frei­es Kühl­was­ser oder Ver­sor­gungs­was­ser, für die Ver­bes­se­rung des Mikro­kli­mas aber auch wei­te­rer öko­lo­gi­scher Vor­zü­ge zu nut­zen. Wer­den auf einem exten­siv ange­leg­ten Gründach durch Anhü­ge­lun­gen grö­ße­re Wur­zel­räu­me ermög­licht, oder ist sei­tens der Bau­sta­tik sogar eine ein­fa­che Inten­siv­be­grü­nung mög­lich (Sub­strat­dicken bis 25 cm), fin­den sich in den Wild­stau­den- Gehölz-Vara­tio­nen viel­fach schon höhe­re Zah­len von Tier­ar­ten, neben Boden­tie­ren vor allem Wild­bie­nen und Lauf­kä­fer­ar­ten. Die­se Form der Dach­be­grü­nung kann dann als „Bio­di­ver­si­täts­dach“ einen wert­vol­len Bei­trag zur Arten­viel­falt im Stadt­raum liefern.

Eine ande­re Form der dua­len Nut­zung bie­tet das „Solar-Gründach“. Die Fähig­keit des Gründachs, durch die Ver­dun­stung die Ober­flä­chen des Daches zu küh­len, soll gleich­zei­tig die Lei­stungs­fä­hig­keit der dar­über ver­bau­ten Pho­to­vol­ta­ik-Ele­men­te bei hohen Tages­tem­pe­ra­tu­ren ver­bes­sern. Die­se theo­re­ti­sche Lei­stungs­ver­bes­se­rung kann nicht in allen aus­ge­wer­te­ten wis­sen­schaft­li­chen Ver­su­chen gezeigt wer­den und bewegt sich zwi­schen 0% und 8%. Um die Lei­stungs­fä­hig­keit der PV-Ele­men­te nicht zu min­dern, darf der Grün­be­wuchs aber nicht zur Ver­schat­tung füh­ren. Auf­bau­dicke und Art des Sub­strats, gewähl­te Pflan­zen­ar­ten, pfle­ge­ge­rech­te Abstän­de und Auf­bau­hö­hen der PV-Modu­le sind Vor­aus­set­zung für eine erfolg­ver­spre­chen­de Dop­pel­nut­zung von Dach­flä­chen. Vor­teil des Vege­ta­ti­ons­sub­stra­tes: durch die Ver­wen­dung von auf­last­ge­tra­ge­nen PV-Modu­len muss zur Befe­sti­gung der PV-Modu­le die Dach­haut nicht durch­bohrt werden.

Liegt der pri­mä­re Nut­zen von Dach­be­grü­nung in der deut­lich ver­min­der­ten und ver­zö­ger­ten Ein­lei­tung von Nie­der­schlags­was­ser und damit bei Stark­re­gen ent­la­ste­tem öffent­li­chen Kanal­netz, sind die Vor­zü­ge von Fas­sa­den­be­grü­nung vor allem in der beschat­ten­den Funk­ti­on und küh­len­den Wir­kung für Haus und Mikro­kli­ma der Umge­bung gege­ben. Zu einer Beschrei­bung der Syste­me las­sen sich Grund­sätz­lich boden- und wand­ge­bun­de­ne Begrü­nungs­for­men unter­schei­den. Wie schon die tra­di­tio­nel­le Form der Wand­be­grü­nung, Efeu- oder wil­der Wein-Bewuchs direkt an der Haus­fas­sa­de, nur bei abso­lut fugen- und scha­dens­frei­en Fas­sa­den und regel­mä­ßi­gem Pfle­ge­schnitt pro­blem­frei emp­foh­len wer­den kann, sind bei allen Rank­hil­fe- und modu­la­ren Wand­sy­ste­men, fach­lich ein­wand­freie Instal­la­ti­on und regel­mä­ßi­ge Pfle­ge Vor­aus­set­zung für den pro­blem­frei­en Ein­satz am Haus. Kön­nen boden­ge­bun­de­nen Pflan­zen an Rank­hil­fen noch über Zulei­tung von Regen­was­ser und Dün­ge­ga­ben am Pflanz­ort ver­sorgt wer­den, müs­sen wand­ge­bun­de­ne Syste­me, sowohl die Wei­ter­ent­wick­lun­gen von klas­si­sche Pflanz­trog­sy­ste­men als auch Pflanz­mo­du­le, die wie vor­ge­häng­te Fas­sa­den mon­tiert wer­den, stets mit Bewäs­se­rungs­ein­rich­tun­gen ver­sorgt wer­den. Bei auto­ma­ti­schen Syste­me sind zudem Dün­ge­ga­ben und elek­tri­scher Frost­schutz möglich.

Ein beson­ders inter­es­san­ter Ver­such wur­de aus einem For­schungs­vor­ha­ben bei Stutt­gart vor­ge­stellt, bei dem neben unbe­la­ste­tem Dach­flä­chen­was­ser auch Grau­was­ser aus Dusche und Hand­wasch­becken nach Durch­lei­tung durch ein bio­lo­gi­sches Klein­klär­becken der Bewäs­se­rungs­ein­rich­tung einer Fas­sa­den­be­grü­nung zuge­lei­tet wurde.

Wie über­haupt bei allen Ansät­zen der Imple­men­tie­rung von Gebäu­de­grün wird klar, das gera­de bei Anwen­dun­gen im Bestand ein hoher Grad an guter fach­li­cher Pra­xis in Pla­nung und Aus­füh­rung gefragt ist. Die Schnitt­stel­len von Gewerk­über­gän­gen setz­ten die Kennt­nis und Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Bau­her­ren, Pla­nern und aus­füh­ren­den Hand­werks­be­trie­ben vor­aus. Der mone­tä­re Gewinn durch ener­ge­ti­sche Ein­spa­run­gen (sowohl bei der Heiz- als auch Kühl­ener­gie) muss durch fach­ge­rech­te Pfle­ge im Unter­halt gesi­chert wer­den. Dies gilt auch für den Brand­schutz bei Ele­men­ten der Fassadenbegrünung.

Als wei­te­res Fazit merk­te der Refe­rent an, dass in den letz­ten 5–7 Jah­ren schon ein deut­li­cher Wan­del in der Zusam­men­ar­beit mit Stadt­pla­nern und Archi­tek­ten, aber auch Kom­mu­nen und Kom­mu­nal­ver­bän­den zu beob­ach­ten ist. Gebäu­de­grün wird bei der Pla­nung neu­er Wohn­quar­tie­re neu gedacht und zuneh­mend in die Pla­nun­gen auf­ge­nom­men. Vor­ga­ben, wie der 30% Anteil von Fas­sa­den­grün an kom­mu­na­len Gebäu­de in Stutt­gart, müs­sen aber auch durch Fach­be­trie­be umge­setzt wer­den kön­nen. Für das aus­füh­ren­de Hand­werk wer­den Aus­bil­dung und Fort­bil­dung not­wen­dig, zukünf­tig viel­leicht auch Zer­ti­fi­zie­rungs­sy­te­me, damit gute Ideen für die Kli­ma­an­pas­sung der Innen­städ­te auch nach­hal­tig umge­setzt wer­den kön­nen und nicht Frust durch Pfusch ent­steht. Gute fach­li­che Infos und wei­te­re Quel­len bie­tet Inter­es­sier­ten u.a. die Web-Sei­te https://​www​.gebaeu​de​gruen​.info des Bun­des­ver­bands Gebäu­de­Grün e.V..

Eine Aus­stel­lung zu dem The­ma „Gebäu­de­grün – öko­lo­gi­sche Kli­ma­an­la­ge und mehr!“ ist vom 13.07- 23.07.21 in der Haupt­stel­le der Spar­kas­se Forch­heim zu den all­ge­mei­nen Öff­nungs­zei­ten zu besu­chen. Der Ein­tritt ist frei.