Kreis Kulm­bach: 600 Mini­jobs im Coro­na-Jahr ver­lo­ren gegangen

„450-Euro-Stel­len nicht kri­sen­fest“ – IG BAU Ober­fran­ken for­dert Reform

Wenn der Mini­job zur Fal­le wird: Im Land­kreis Kulm­bach sind im ver­gan­ge­nen Jahr rund 600 gering­fü­gig ent­lohn­te Arbeits­ver­hält­nis­se weg­ge­fal­len. Inner­halb von zwölf Mona­ten sank ihre Zahl um zehn Pro­zent auf zuletzt 5.500, wie die Indu­strie­ge­werk­schaft Bau­en-Agrar-Umwelt mit­teilt. Die IG BAU beruft sich hier­bei auf neue Zah­len der Bun­des­agen­tur für Arbeit. „Der Rück­gang zeigt, dass Mini­jobs alles ande­re als kri­sen­fest sind. In unsi­che­ren Zei­ten kür­zen Fir­men zuerst bei den 450-Euro-Kräf­ten, die aller­dings weder Anspruch auf das Kurz­ar­bei­ter- noch auf das Arbeits­lo­sen­geld haben“, kri­ti­siert Gerald Nick­las. Der Bezirks­vor­sit­zen­de der IG BAU Ober­fran­ken for­dert, Leh­ren aus der Pan­de­mie zu zie­hen und Betrof­fe­ne bes­ser zu schüt­zen. Mini­jobs müss­ten ab dem ersten Euro sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig werden.

„Die Poli­tik setzt mit den abga­ben­frei­en Mini­jobs schon seit Jah­ren fal­sche Anrei­ze. Die Coro­na-Kri­se hat klar­ge­macht, dass die­se Stel­len eine arbeits­markt­po­li­ti­sche Sack­gas­se sind. Es ist höch­ste Zeit, die Sozi­al­ver­si­che­rungs­frei­heit für 450-Euro­Jobs abzu­schaf­fen“, so Nick­las. Nur wenn für die Beschäf­tig­ten künf­tig Bei­trä­ge zur Arbeitslosen‑, Kranken‑, Pfle­ge- und Ren­ten­ver­si­che­rung gezahlt wür­den, könn­ten sie wirk­sam geschützt wer­den. In der Gebäu­de­rei­ni­gung sei­en pre­kä­re Arbeits­ver­hält­nis­se beson­ders stark ver­brei­tet und wür­den ins­be­son­de­re für Frau­en zum Kar­rie­re- und Armuts­ri­si­ko. Die IG BAU rät Beschäf­tig­ten, die wäh­rend der Pan­de­mie ihren Mini­job ver­lo­ren haben oder um des­sen Ver­lust fürch­ten, Hil­fe bei der Gewerk­schaft zu suchen.

Es sei zu begrü­ßen, dass sich auch SPD, Grü­ne und Lin­ke für eine grund­le­gen­de Reform der Mini­jobs ein­setz­ten. Die näch­ste Bun­des­re­gie­rung müs­se das The­ma drin­gend anpacken. Die von der Uni­on gefor­der­te Anhe­bung der Ver­dienst­gren­ze auf 550 Euro sei hin­ge­gen der fal­sche Weg und wür­de die pre­kä­re Beschäf­ti­gung aus­bau­en, statt sie ein­zu­däm­men, warnt die IG BAU.

Nach einer Stu­die der Ber­tels­mann-Stif­tung sind im Zuge der Coro­na-Pan­de­mie bun­des­weit 870.000 Mini­jobs ver­lo­ren gegan­gen. Die Autoren plä­die­ren dafür, sol­che Stel­len in die Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht ein­zu­be­zie­hen und gleich­zei­tig nied­ri­ge Ein­kom­men deut­lich gerin­ger zu besteu­ern. Damit könn­ten bis zum Jahr 2030 knapp 170.000 zusätz­li­che Teil­zeit-Jobs entstehen.