Blick über den Zaun: #zuge­hört – Der Nach­wuchs hat was zu sagen Hand­werks­kam­mer Mit­tel­fran­ken lädt zum „1. Gara­gen­ge­spräch“ ein

„Zugehört!“ forderten fünf Auszubildende aus unterschiedlichen Handwerksberufen kürzlich in der Handwerkskammer von Gästen aus Politik, Handwerk und Schulamt. Sie hatten einiges über ihr Leben in Coronazeiten zu berichten und so manchen Verbesserungsvorschlag vorzubringen. Auf dem Bild von links: Prof. Dr. Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Mittelfranken, Ulrike Horneber, Leiterin des Amtes für Berufliche Schulen Nürnberg, Elyas Murad, Friseur, Benjamin Fink, Schreiner, Moderatorin Laureen Enderlein, Moderator Jens Riedel, Janina Meister, Konditorin, Marlene Raab, Schreinerin, Daniel Arnold, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Umwelt, Bezirk Mittelfranken (Bündnis 90/Grüne), Christa Naaß, stellvertretende Bezirkstagspräsidentin (SPD). Foto: Handwerkskammer für Mittelfranken

„Zuge­hört!“ for­der­ten fünf Aus­zu­bil­den­de aus unter­schied­li­chen Hand­werks­be­ru­fen kürz­lich in der Hand­werks­kam­mer von Gästen aus Poli­tik, Hand­werk und Schul­amt. Sie hat­ten eini­ges über ihr Leben in Coro­na­zei­ten zu berich­ten und so man­chen Ver­bes­se­rungs­vor­schlag vor­zu­brin­gen. Auf dem Bild von links: Prof. Dr. Elmar For­ster, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der Hand­werks­kam­mer für Mit­tel­fran­ken, Ulri­ke Hor­ne­ber, Lei­te­rin des Amtes für Beruf­li­che Schu­len Nürn­berg, Ely­as Murad, Fri­seur, Ben­ja­min Fink, Schrei­ner, Mode­ra­to­rin Lau­re­en Enderlein, Mode­ra­tor Jens Rie­del, Jani­na Mei­ster, Kon­di­to­rin, Mar­le­ne Raab, Schrei­ne­rin, Dani­el Arnold, Vor­sit­zen­der des Aus­schus­ses für Wirt­schaft und Umwelt, Bezirk Mit­tel­fran­ken (Bünd­nis 90/​Grüne), Chri­sta Naaß, stell­ver­tre­ten­de Bezirks­tags­prä­si­den­tin (SPD). Foto: Hand­werks­kam­mer für Mittelfranken

Jun­ge Hand­wer­ker berichten

Jeder redet über sie, doch kaum einer redet mit ihnen – mit den jun­gen Men­schen, die von den Maß­nah­men der Coro­na­kri­se hart getrof­fen wer­den. In einer Zeit, in der sie sich fin­den, ins Erwach­se­nen­le­ben hin­ein­wach­sen, neue Freun­de oder die erste Lie­be fin­den müss­ten. In Gesprä­chen mit Tobi­as Lade­wig, dem Lei­ter des Inter­nats der Hand­werks­kam­mer für Mit­tel­fran­ken, spra­chen sie über ihre Erfah­run­gen. Er griff die Sor­gen und Nöte der Jugend­li­chen auf und ent­wickel­te gemein­sam mit Kol­le­gen die Kam­pa­gne #zuge­hört. Der Name ist dabei Pro­gramm: Die Hand­werks­kam­mer hat sich vor­ge­nom­men, den jun­gen Erwach­se­nen zuzu­hö­ren und ihnen eine Platt­form zum Mei­nungs­aus­tausch zu bie­ten: ana­log und digital.

For­de­run­gen an die Verantwortlichen

Fünf jun­ge Aus­zu­bil­den­de – Ben­ja­min Fink (Schrei­ner, 18), Björn Köh­ler (Schrei­ner, 18), Mar­le­ne Raab (Schrei­ne­rin, 25), Ely­as Murad (Fri­seur, 19) und Jani­na Mei­ster (Kon­di­to­rin, 20) – tra­fen sich und tausch­ten ihre Erfah­run­gen aus. Denn die Maß­nah­men betra­fen sie alle in unter­schied­li­cher Wei­se. Sie for­mu­lier­ten ihre For­de­run­gen und über­ga­ben die­se im Rah­men eines „Polit-Talks“ an Ulri­ke Hor­ne­ber, Lei­te­rin des Amtes für beruf­li­che Schu­len der Stadt Nürn­berg, Chri­sta Naaß, stell­ver­tre­ten­de Bezirks­tags­prä­si­den­tin (SPD), Dani­el Arnold, Vor­sit­zen­der des Aus­schus­ses für Wirt­schaft und Umwelt, Bezirk Mit­tel­fran­ken (Bünd­nis 90/​Grüne), und Prof. Dr. Elmar For­ster, Haupt­ge­schäfts­füh­rer der Hand­werks­kam­mer für Mit­tel­fran­ken. Zwei Schwer­punkt­the­men hat­ten sie sich gesetzt: Die Coro­na­maß­nah­men der Poli­tik und deren Kom­mu­ni­ka­ti­on sowie – vor allem – Home-Schoo­ling. Ein­ein­halb Stun­den hat­ten sich Aus­zu­bil­den­de und Gäste für den Aus­tausch genommen.

Coo­le Loca­ti­on – Kla­re Kommunikation

Zum Mei­nungs­aus­tausch hat­te die Hand­werks­kam­mer alle Betei­lig­ten in eine coo­le Loca­ti­on ein­ge­la­den: die Tief­ga­ra­ge der HWK – mit Licht­ef­fek­ten und Palet­ten­mö­beln aus­ge­stat­tet – war nicht wie­der zu erken­nen und schuf eine locke­re Atmo­sphä­re, die eine Dis­kus­si­on spür­bar erleichterte.
Vier For­de­run­gen wur­den wäh­rend die­ses Aus­tau­sches an die Ver­ant­wort­li­chen über­ge­ben. Ely­as Murad wünsch­te sich bei­spiels­wei­se mehr Klar­heit in der Kom­mu­ni­ka­ti­on. „Die vie­len, sich stän­dig ändern­den Regeln waren ver­wir­rend. Man ver­lor schnell den Über­blick, was gera­de gilt und was nicht“, führ­te er aus. „Dür­fen wir mor­gen den Fri­seur­sa­lon öff­nen? Wenn ja, unter wel­chen Bedin-gun­gen?“ Vor dem letz­ten Lock­down hat­ten er und sei­ne Kol­le­gen im Akkord gear­bei­tet, um an drei Tagen über 500 Kun­den die Haa­re zu schnei­den. „Viel geschla­fen haben wir da nicht“, erzähl­te er stolz. „Das ist eine Rie­sen­lei­stung, die von vie­len Men­schen nicht wahr­ge­nom­men wur­de. Das Hand­werk hat sich stark ein­ge­bracht in die­ser Zeit, beson­ders die Gesund­heits­be­ru­fe hat­ten eini­ges zu tra­gen“, gaben Chri­sta Naaß und Dani­el Arnold zu. Auf sei­ne Fra­ge aber, wie es jetzt wei­ter­gin­ge und ob ein Plan in der Schub­la­de läge, um zu ver­hin­dern, dass sich so etwas wie­der­holt, konn­ten auch die bei­den Bezirks­rä­te nur seuf­zen. „Auch wir erhal­ten die Vor­ga­ben aus den Mini­ste­ri­en oft nur sehr kurz­fri­stig.“ Ben­ja­min Fink: „Wir reden doch immer alle von Digi­ta­li­sie­rung. Es soll­te eine Web­site geben, auf der alle Regeln aktu­ell und in ver­ständ­li­cher Spra­che gebün­delt zu fin­den sind. Sonst inter­pre­tiert jede Zei­tung, jeder Radio- oder TV-Sen­dung das unver­ständ­li­che Büro­kra­ten­deutsch nach eige­nem Gut­dün­ken und kei­ner blickt mehr durch.“

Redet mit uns

Über­haupt: Kom­mu­ni­ka­ti­on: Ben­ja­min Fink griff einen wei­te­ren Aspekt auf: „Sie wis­sen nicht, wie es ist, in Coro­na­zei­ten eine Aus­bil­dung zu machen. Daher soll­ten Sie mit uns reden, damit wir Ihnen einen Ein­blick geben kön­nen“, for­der­te er von Chri­sta Naaß und Dani­el Arnold. „Rich­ten Sie einen Kanal ein, z. B. ein Online-Forum, in dem mei­ne Alters­grup­pe State­ments hin­ter­las­sen und auf Pro­ble­me hin­wei­sen kann. Wir wür­den uns die Mühe machen, um etwas Gutes zu errei­chen“, sag­te er. Die­se Idee stieß bei den bei­den Poli­ti­kern auf gro­ßes Inter­es­se, auch, wenn Chri­sta Naaß sich vor­stel­len könn­te, die SMV, die Schü­ler­mit­ver­wal­tung, stär­ker in den Dia­log zwi­schen Schü­lern und Poli­tik ein­zu­bin­den. Mar­le­ne Raab erwei­ter­te den Fokus und for­der­te: „Den­ken Sie auch an die psy­chi­schen Pro­ble­me, unter denen vie­le jun­ge Men­schen in die­ser Zeit lei­den, z. B. Depres­sio­nen. Die­se Mona­te wer­den sich noch lan­ge auf unser spä­te­res Leben aus­wir­ken.“ Chri­sta Naaß ver­sprach: „In der Pan­de­mie sind vie­le Schwach­stel­len offen­bart wor­den. Wir müs­sen auf Lan­des- und kom­mu­na­ler Ebe­ne jetzt zügig reagie­ren, um nie­der­schwel­li­ge, schnel­le Hilfs­an­ge­bo­te zu etablieren.“

Fle­xi­ble Prüfungsstrategien

Die Aus­zu­bil­den­den fürch­ten eine wei­te­re Aus­wir­kung der ver­gan­ge­nen: „Wir möch­ten kein Coro­na-Jahr­gang sein!“ sag­ten alle ent­schie­den. Daher sind sie auch geschlos­sen gegen leich­te­re oder aus­fal­len­de Prü­fun­gen. „Prüft uns“, sag­te Jani­na Mei­ster. „Aber gebt uns die Chan­ce, vor­her den aus­ge­fal­le­nen Stoff nach­zu­ho­len.“ Sie for­der­te „mehr Fle­xi­bi­li­tät in die­ser Situa­ti­on für uns und mehr Aus­tausch zwi­schen Betrie­ben, Berufs­schu­len und der Hand­werks­kam­mer.“ Das heißt: „Wech­sel­un­ter­richt in der ÜLU, um schnel­ler in den Prä­senz­un­ter­richt zurück­zu­kom­men. Prü­fun­gen soll­ten ver­scho­ben wer­den, um im Block­un­ter­richt vor­her noch alles nach­ho­len zu kön­nen – und bit­te, bit­te: Ver­bes­sert die ÜLU-Pla­nung. Wir brau­chen mehr Vor­lauf.“ Das konn­te Ben­ja­min Fink nur unter­strei­chen: „Ich habe bei­spiels­wei­se am Frei­tag­abend erfah­ren, dass ich am Mon­tag ÜLU habe und damit am Sonn­tag im Inter­nat anrei­sen muss. Wie viel Fle­xi­bi­li­tät kann man von uns erwar­ten?“ Wenn der Schul­un­ter­richt von Prä­senz in Home umge­wan­delt wird, sagt kei­ner dem Betrieb Bescheid. Auch das ver­ur­sacht regel­mä­ßig Cha­os. Prof. Dr. For­ster griff die For­de­rung auf, mach­te aber auch Gren­zen deut­lich: „Ich habe nur eine begrenz­te Anzahl an Werk­stät­ten und Aus­bil­dungs­mei­ster. Selbst, wenn sie sie­ben Tage die Woche 24 Stun­den arbei­ten wür­den – was nicht zuläs­sig ist –, könn­ten wir die Wel­le an aus­ge­fal­le­nem Unter­richt nicht schnell genug nach­ho­len. Prak­ti­schen Unter­reicht kann man lei­der nicht digi­tal durch­füh­ren. Aber wir bemü­hen uns, die wich­tig­sten ÜLU Maß­nah­men nach­zu­ho­len. Einen Groß­teil wer­den wir auch schaffen. “

Ein­heit­li­che Struk­tu­ren in den Berufsschulen

An den Berufs­schu­len wie­der­um hapert es oft an der Struk­tur – und Infra­struk­tur. „Inve­stie­ren Sie in Tech­nik und Fort­bil­dun­gen für die Leh­rer“, for­der­te Mar­le­ne Raab. „Jeder Leh­rer hat sein eige­nes System und man­che wur­den auch durch die büro­kra­ti­schen Hür­den demo­ti­viert. Aber nur ein­heit­li­cher Unter­richt garan­tiert auch eine ein­heit­li­che Qua­li­tät der Aus­bil­dung.“ Es gäbe so viel Stoff nach­zu­ho­len. Ulri­ke Hor­ne­ber: „Wir haben bereits Pro­gram­me lau­fen, in denen wir För­der­un­ter­richt anbie­ten. Aber da müss­ten auch die Betrie­be mit­zie­hen und Sie frei­stel­len.“ Sie gab zu, dass es vor allem an den beruf­li­chen Schu­len schwer sei, die­se zusätz­li­chen Lern­ein­hei­ten umzu­set­zen. Doch sie appel­lier­te an die Aus­zu­bil­den­den: „Tra­gen Sie Ihre For­de­run­gen auch an den Schu­len vor und reden Sie mit Ihren Betrie­ben. Dann kön­nen wir bestimmt etwas bewegen.“

#nach­ge­fasst

Ob sich etwas bewegt, wird übri­gens nach­ge­prüft: Bis zum 31. Juli haken die Mit­ar­bei­ter der Hand­werks­kam­mer bei den vier Gästen aus Poli­tik, Ver­wal­tung und Hand­werk nach, was wel­che Pro­ble­me die ange­spro­che­nen Dis­kus­si­ons­teil­neh­mer inzwi­schen lösen konn­ten und was sie dafür getan haben. Der gan­ze Tag #zuge­hört wur­de von der Hand­werks­kam­mer auch gefilmt. Ein­zel­ne Ein­drücke sind auf face­book und Insta­gram (passend_​gemacht) bzw. unter hwk​-mit​tel​fran​ken​.de zu fin­den. Auch ein Film #zuge­hört wur­de pro­du­ziert und wird ab 1. Juli, 19 Uhr, auf You­tube, face­book, Insta­gram und auf der Home­page zu sehen sein. Dann heißt es wie­der: #zuge­hört. Und wer weiß? Viel­leicht kön­nen ja auch schon erste Ergeb­nis­se prä­sen­tiert werden.