Unter­lein­lei­ter bekommt wie­der ein Wirts­haus – „Zur Eisen­bahn“ wird aus dem Dorn­rös­chen­schlaf erweckt

Symbolbild Heimatkunde
Die neuen Besitzer Christian Kress und Robert Schuster mit Bürgermeister Alwin Gebhardt  vor dem Gasthaus mit Biergarten und Linde  / Foto: Thomas Weichert

Die neu­en Besit­zer Chri­sti­an Kress und Robert Schu­ster mit Bür­ger­mei­ster Alwin Geb­hardt vor dem Gast­haus mit Bier­gar­ten und Lin­de / Foto: Tho­mas Weichert

UNTER­LEIN­LEI­TER. Unter­lein­lei­ter soll ab näch­stem Monat wie­der ein Wirts­haus bekom­men. Seit 12 Jah­ren ist das ehe­ma­li­ge grie­chi­sche Restau­rant „Athen“ geschlos­sen und das Gebäu­de des ein­sti­gen Gast­hau­ses „Zur Eisen­bahn“ stand seit­dem leer und droh­te zu ver­fal­len. Mit dem Zim­me­rer Robert Schu­ster aus Unter­lein­lei­ter und sei­nem Paten­kind Chri­sti­an Kress aus Forch­heim hat das Anwe­sen unweit des Bahn­ho­fes an der ehe­ma­li­gen Bahn­li­nie der „Lein­lei­ter­bahn“ nun neue Besit­zer gefun­den, die das staat­li­che Gebäu­de gene­ral­sa­nie­ren und anschlie­ßend wie­der ver­mie­ten wollen.

Es soll auf jeden Fall wie­der eine Gast­wirt­schaft im Erd­ge­schoss eröff­net wer­den. Ent­we­der wie­der ein grie­chi­sches Restau­rant oder ein frän­ki­sches Wirts­haus mit gut bür­ger­li­cher Küche. Was ande­res kommt für die neu­en Besit­zer nicht infra­ge. „Es kommt alles raus, wird kom­plett ent­kernt, auch ein neu­es Dach kommt drauf“, erklärt Robert Schu­ster beim Orts­ter­min mit Bür­ger­mei­ster Alwin Geb­hardt (DWV) der sich maß­geb­lich dafür ein­ge­setzt hat, das Schu­ster und Kress unter drei Inter­es­sen­ten schließ­lich den Zuschlag beka­men. „Denn sie waren die ein­zi­gen Bie­ter die wie­der ein Wirts­haus eröff­nen wol­len“, so der Rat­haus­chef, der damit ein wei­te­res Wahl­ver­spre­chen von ihm ver­wirk­licht sieht. Schon sein Amts­vor­gän­ger Ger­hard Rie­din­ger (NWG) woll­te das Wirts­haus wie­der­be­le­ben indem die Gemein­de das 1650 Qua­drat­me­ter gro­ße Grund­stück erwirbt, das 550 Qua­drat­me­ter gro­ße Wirts­haus­ge­bäu­de mit den fünf Woh­nun­gen im Ober­ge­schoss saniert und anschlie­ßend selbst ver­pach­tet. Dafür fand sich aber im Gemein­de­rat damals kei­ne Mehr­heit, weil dafür ein Kre­dit auf­ge­nom­men hät­te wer­den müs­sen. Geb­hardt ging nun einen ande­ren Weg, such­te nach Inve­sto­ren und führ­te vie­le Gesprä­che mit den Ver­ant­wort­li­chen der Spar­kas­se Forch­heim die inzwi­schen die Hand auf dem Anwe­sen hat­te, nach­dem die Frau des frü­he­ren grie­chi­schen Eigen­tü­mer ver­stor­ben, er selbst wie­der nach Grie­chen­land zurück­ge­kehrt war und inzwi­schen eine Erben­ge­mein­schaft neue Eigen­tü­mer wur­den. Zwei­mal hat­te die Spar­kas­se schon ver­sucht, das Anwe­sen zwangs­ver­stei­gern zu las­sen. Ohne Erfolg. Mit Hil­fe des Spar­kas­sen­chef Ewald Mai­er und einem Rechts­bei­stand wur­den nun alle Hebel in Ber­we­gung gesetzt. Ein Notar in Deutsch­land muss­te mit einem grie­chi­schen Kol­le­gen koope­rie­ren um über­haupt an die Erben­ge­mein­schaft in Grie­chen­land her­an­tre­ten zu kön­nen. Zahl­rei­che juri­sti­sche Hür­den muss­ten muss­ten über­wun­den bis Schu­ster und Kress nun schließ­lich in das Grund­buch als neue Eigen­tü­mer ein­ge­tra­gen wer­den konn­ten. Schu­ster und Kress waren nicht nur die neu­en „Wunsch­be­sit­zer“ für Bür­ger­mei­ster Geb­hardt, son­dern sie haben auch Erfah­rung mit der Sanie­rung alter Gebäu­de. So haben der gelern­te Zim­mer­mann Robert Schu­ster und sein Paten­kind Chri­sti­an Kress, der von Beruf Zim­mer­mei­ster ist und inzwi­schen eine Ver­si­che­rungs­agen­tur lei­tet, am Forch­hei­mer Markt­platz und in der Pretz­fel­der Bahn­hofs­stra­ße schon alt­ehr­wür­di­ge Hau­ser erwor­ben und die­se mit erheb­li­chem Auf­wand schmuck saniert. „Wir wer­den auch die Eisen­bahn wie­der aus dem Dorn­rös­chen­schlaf erwecken und freu­en uns schon wenn das Wirts­haus wie­der auf­ma­chen kann“, sagt Schu­ster der kei­ne Angst vor der umfang­rei­chen Sanie­rung der ziem­lich her­un­ter­ge­kom­me­nen Immo­bi­lie und deren Umfeld hat. Es muss so gut wie alles raus und run­ter. Auf ein neu­es gedämm­tes Dach soll eine Solar­an­la­ge kom­men, die alten Fen­ster müs­sen raus, neue rein, die neue Fas­sa­de wird von innen gedämmt, die kom­plet­te Elek­tro- und Was­ser­in­stal­la­ti­on wird erneu­ert, eben­so Decken und Fuß­bö­den, eine neue Küche und The­ke für das künf­ti­ge Restau­rant muss rein und eine neue Bestuh­lung für die drei Gast­räu­me und den geräu­mi­gen und schat­ti­gen Bier­gar­ten mit 60 Sitz­plät­zen muss neu ange­schafft wer­den. Die gro­ße Lin­de die im Bier­gar­ten vor dem Haus steht, bleibt natür­lich erhal­ten. Sie wird nur etwas gestutzt.

„Es gibt nichts Schö­ne­res wie eine schat­ten­spen­den­de Lin­de in einem Bier­gar­ten“, sagt Schu­ster. Von der Raum­auf­tei­lung des Lokals wird sich aller­dings nicht viel ändern. Die Mau­er zum Neben­raum mit den schö­nen blei­ver­gla­sten Fen­stern bleibt drin. Das ist aber schon so ziem­lich alles, was nicht erneu­ert wird. „Mit­te Mai näch­sten Jah­res wol­len wir das Wirts­haus dann wie­der eröff­nen“, sagt Schu­ster. Ein ehr­gei­zi­ges Ziel, zumal die bei­den neu­en Besit­zer das mei­ste sel­ber machen wol­len. Über die gestie­ge­nen Bau­prei­se und Mate­ri­al­ko­sten machen sie sich kei­ne Sor­gen. „Das holz für das neue Dach haben wir aus unse­rem eige­nem Wald und eine Schneid­sä­ge haben wir auch“, so Schu­ster, der schon bis Ende die­sen Jah­res die mei­sten Aus­bau- und Sanie­rungs­ar­bei­ten fer­tig haben will. Auch die dann fünf sanier­ten Woh­nun­gen im Ober­ge­schoss sol­len wie­der ver­mie­tet wer­den. Bür­ger­mei­ster Geb­hardt ist auch guter Hoff­nung das es dafür staat­li­che För­der­mit­tel gibt. Denn eine Dorf­er­neue­rung sei schon in der Pla­nung in das auch ein Dorf­wirts­haus für eine ver­bes­ser­te Lebens­qua­li­tät sehr gut pas­sen wür­de. Im Rat­haus von Eber­mann­stadt wer­de laut Gebahrdt schon nach Zuschuss­mög­lich­kei­ten gesucht. Auf die neue Hei­zung mit Wär­me­pum­pen, die Solar­an­la­ge, die Däm­mung und viel­leicht auch für die neu­en Fen­ster wird es vorsaus­sicht­lich Zuschüs­se geben. „Das wird pro­fes­sio­nell mit einem Ener­gie­be­ra­ter auf­ge­zo­gen“, sagt Schu­ster, der auch der Chef auf der Bau­stel­le ist. Bür­ger­mei­ster Geb­hardt freut sich jeden­falls schon, wenn sich der Gemein­de­rat nach einer Sit­zung noch zu einem Fei­er­abend­bier wie­der in der ehma­li­gen Eisen­bahn tref­fen kann. Und wenn es auch wie­der was zu Essen gibt und die Ver­ei­ne wie­der eine neue Hei­mat fin­den. Und natür­lich die Bür­ger und Gäste sei­ner Gemein­de wie­der ein Lokal vor­fin­den in dem auch Fami­li­en­fei­ern abge­hal­ten wer­den können.

Info:

Wie alt das Gast­haus Zur Eisen­bahn genau ist, konn­te kei­ner genau sagen. Eine alte histo­ri­sche Post­kar­te zeugt davon, das sonst kein wei­te­res Gebäu­de an den Bahn­glei­sen stand. Als die elf Kilo­me­ter lan­ge Strecken­ver­län­ge­rung zwi­schen Gas­sel­dorf und Hei­li­gen­stadt am 4. Okto­ber 1915 in Betrieb ging, tob­te schon über ein Jahr der Erste Welt­krieg, der dann den wei­te­ren Bahn­bau in der Frän­ki­schen Schweiz zunächst unter­band, ehe von 1922 bis 1930 schritt­wei­se die Ver­bin­dung Gasseldorf–Behringersmühle ent­stand. Der Rei­se­ver­kehr wur­de nun auf die Rela­ti­on Forchheim–Behringersmühle aus­ge­rich­tet, Rei­sen­de nach Hei­li­gen­stadt muss­ten in Eber­mann­stadt umstei­gen. In den 1930er-Jah­ren befuh­ren täg­lich sechs, in den 1950er-Jah­ren bis zu sie­ben Per­so­nen­zug­paa­re die Strecke. Mit der Zunah­me des moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehrs in den 1950er-Jah­ren kam es rasch zum Rück­gang der Fahr­gast­zah­len, was ins­be­son­de­re auch im Feh­len durch­ge­hen­der Ver­bin­dun­gen von Forch­heim begrün­det war. Infol­ge­des­sen stell­te die Deut­sa­che Bun­des­bahn am 29. Mai 1960 zunächst den Per­so­nen­ver­kehr und am 26. Mai 1968 auch den Güter­ver­kehr ein. Nach der Stilllegung wur­de die Strecke abge­baut. Zwi­schen Unter­lein­lei­ter und Hei­li­gen­stadt wird die Tras­se heu­te durch einen Rad­weg nachgenutzt.