HC Erlan­gen: Hand­ball­fest trotz hauch­dün­ner Niederlage

Symbolbild Handball

Der HC Erlan­gen muss­te sich am Mitt­woch­abend in sei­nem letz­ten Heim­spiel der Sai­son 20/21 in letz­ter Sekun­de gegen den Mei­ster­schafts­an­wär­ter und Favo­ri­ten SG Flens­burg-Han­de­witt mit 26:27 geschla­gen geben. Auch wenn es sport­lich nicht für zwei Punk­te gereicht hat, war das letz­te Heim­spiel der Erlan­ger ein abso­lu­tes Hand­ball­fest. 1700 Fans fan­den den Weg trotz des Fuß­ball­spiels der deut­schen Natio­nal­mann­schaft und den hei­ßen Tem­pe­ra­tu­ren in die Are­na und sahen ein Hand­ball­spiel, dass an Span­nung nicht zu über­bie­ten war. Der HCE, der wie­der ohne neun ver­letz­te Spie­ler ins Spiel star­te­te, zau­ber­te in der zwei­ten Halb­zeit mit sei­nen letz­ten Kräf­ten eine wahn­sin­ni­ge Auf­hol­jagd aufs Par­kett und über­nahm kurz vor dem Ende nach einem zwi­schen­zeit­li­chen Fünf-Tore-Rück­stand wie­der die Füh­rung. Am Ende ent­schie­den Nuan­cen über Sieg oder Nie­der­la­ge und der HCE muss­te sich im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes in der aller letz­ten Sekun­de hauch­dünn geschla­gen geben.

Auch wenn die Blau-Roten im Kampf David gegen Goli­ath als kla­rer Under­dog in die Par­tie des 37. Spiel­tags star­te­ten, woll­ten sich die Schütz­lin­ge von Trai­ner Micha­el Haaß bei ihrem letz­ten Auf­tritt vor hei­mi­scher Kulis­se noch ein­mal von ihrer besten Sei­te prä­sen­tie­ren. Doch bevor es so weit war, stan­den vor dem Abpfiff fünf Ver­ab­schie­dun­gen auf dem Pro­gramm. Der Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­de des HC Erlan­gen, Dr. Car­sten Bis­sel, rich­te­te emo­tio­na­le Wor­te an die schei­den­den Spie­ler Ste­fan Lex, Ben­ja­min Mesch­ke, Dani­el Mos­in­di, Flo­ri­an von Gruch­al­la und Jan Schäf­fer, die den HC Erlan­gen zum Sai­son­ende ver­las­sen wer­den. Der HC Erlan­gen kämpf­te sich von Beginn an mit allem was er hat­te ins Spiel. Chri­sto­pher Bis­sel schaff­te es nach einer star­ken Para­de von Mar­tin Zie­mer die 1700 Fans in der aus­ver­kauf­ten ARE­NA NÜRN­BER­GER Ver­si­che­rung in der 2. Minu­te das erste Mal jubeln zu las­sen. Per Tem­po­ge­gen­stoß warf er den Tref­fer zur 1:0‑Führung. Die Stars aus dem Nor­den ver­kürz­ten dar­auf­hin zwar zum 1:1, aber Ex-Flens­bur­ger Simon Jepps­son zeig­te sei­nem alten Team, was in ihm steck­te und erhöh­te aus dem Rück­raum zum 2:1. Der „kun­ter­bun­te Hau­fen“ des HC Erlan­gen spiel­te sich mutig Chan­cen her­aus, ver­gab jedoch zwei Mal in Fol­ge, sodass die Flens­bur­ger in der 9. Minu­te mit 2:4 davon zie­hen konn­ten. Beein­druckt zeig­ten sich die Fran­ken davon aber nicht. Im Gegen­teil: Ham­pus Ols­son klau­te sich das Spiel­ge­rät und ver­kürz­te aus der rech­ten Ecke zum 3:4 (12.) und weil der jun­ge Tarek Mar­schall den Sie­ben­me­ter her­aus­hol­te, konn­te Jepps­son von der Linie aus den Aus­gleichs­tref­fer zum 5:5 erzie­len. Die Gäste aus Flens­burg woll­ten sich die Chan­ce auf den Titel zur Deut­schen Mei­ster­schaft selbst­ver­ständ­lich wah­ren und drück­ten von Anfang an aufs Gas. Immer wie­der spiel­ten die star­ken Rück­raum­rei­hen der Flens­bur­ger ihre Kreis­läu­fer frei oder kamen selbst zum Tor­er­folg. Nach 18 Minu­ten führ­te die SG erst­mals mit vier Tref­fern (5:9) und ver­schaff­te sich somit in Über­zahl einen kom­for­ta­blen Puf­fer. Mar­schall tank­te sich frech zum 6:9 durch, doch die Flens­bur­ger zeig­ten kein Erbar­men und kon­ter­ten post­wen­dend zum 6:10 (21.). Die Haus­her­ren bewie­sen ein­drucks­voll ihren Kampf­geist und tra­fen drei Mal in Fol­ge zum 9:11, sodass sie sechs Minu­ten vor der Pau­se in Schlag­di­stanz blie­ben. Nach­dem Simon Jepps­son sei­nen bis dato fünf­ten Tref­fer zum 10:13 erziel­te, leg­te Mai­ke Machul­la die Aus­zeit. Sei­ne Anspra­che zeig­te jedoch zunächst kei­ne Wir­kung, denn Zie­mer parier­te und Ols­son ver­kürz­te eis­kalt auf 11:13 (26.). Weil der HCE sich in den dar­auf­fol­gen­den Minu­ten nicht mehr zum Tor­er­folg durch­tan­ken konn­te, ging es mit einem 11:15-Rückstand in die Kabine.

Nach Wie­der­be­ginn erhöh­ten die Gäste über Ham­pus Wan­ne zum 11:16, aber die frän­ki­sche Tor­ma­schi­ne Simon Jepps­son erziel­te ohne Pro­ble­me das 12:16 per Sie­ben­me­ter. Die Are­na beb­te, als die Haus­her­ren in der 36. Minu­te durch die Tore von Mos­in­di, Ols­son und Mar­schall wie­der auf 15:17 her­an­ka­men. Als Mar­tin Zim­mer den Kon­ter­pass abfing und kurz dar­auf sei­nen Kol­le­gen Ham­pus Ols­son auf die Rei­se zum 17:19 schick­te, gab es kein Hal­ten mehr. In Unter­zahl kas­sier­te der HCE jedoch zwei Tore in Fol­ge, sodass der Rück­stand 15 Minu­ten vor Schluss auf vier Tore wuchs (17:21). Der HCE kroch buch­stäb­lich auf dem Zahn­fleisch, doch zeig­te eine unglaub­li­che kämp­fe­ri­sche Einstellung.

Stan­ding Ova­tions gab es für Ham­pus Ols­son, der ein bären­star­kes Spiel mach­te und nach einem Sen­sa­ti­onspass von Zie­mer das Kem­pa­tor aus fast 30 Metern Ent­fer­nung zum 20:22 mach­te (47.). Die Haus­her­ren zeig­ten eine star­ke Abwehr­lei­stung und kamen neun Minu­ten vor dem Ende wie­der auf einen Tref­fer her­an (21:22). Spä­te­stens als Ols­son den 23:23-Ausgleich mach­te, gab es kein Hal­ten mehr. Nach dem star­ken Tor von Bis­sel zum 24:24 parier­te Zie­mer aber­mals klas­se und der 20-jäh­ri­ge Tarek Mar­schall mach­te den Füh­rungs­tref­fer zum 25:24. Der haus­ho­he Favo­rit aus dem Nor­den muss­te mäch­tig ackern, um im Titel­ren­nen zu blei­ben. Röd ver­kürz­te per Kon­ter zum 25:25 (59.) und kurz dar­auf brach­te Ham­pus Wan­ne sein Team wie­der mit 25:26 in Füh­rung. Die Fans des HC Erlan­gen hielt es in den letz­ten fünf Minu­ten des Spiels nicht mehr auf ihren Sit­zen. Mit allem was sie hat­ten peit­schen sie ihr Team laut­stark nach vor­ne. Beflü­gelt von der stim­mungs­vol­len Atmo­sphä­re setz­te sich Jan Schäf­fer am Kreis gekonnt zum 26:26-Unentschieden durch, doch in der aller letz­ten Sekun­de sorg­te ein abge­fälsch­ter Ball von Jim Gott­frieds­son zum End­stand von 26:27. Der HCE ver­such­te dar­auf­hin mit der schnel­len Mit­te das lee­re Tor der Flens­bur­ger zu tref­fen, wur­de beim Anpfiff jedoch von den Flens­bur­gern dar­an gehin­dert. Die bei­den Unpar­tei­ischen ent­schie­den zu Gun­sten der Gäste, sodass dem HC Erlan­gen die Chan­ce auf den Aus­gleich ver­wehrt bliebt.

„Am Ende ist es unglaub­lich bit­ter dass wir die­ses Spiel ver­lie­ren. Ich bin aber unfass­bar stolz auf uns, wie wir heu­te wie­der gekämpft haben und mit wel­cher Ein­stel­lung wir hier heu­te auf­ge­tre­ten sind. Das bringt uns wei­ter nach Vor­ne, denn wir kön­nen trotz der Nie­der­la­ge soviel Posi­ti­ves aus die­sem Spiel mit­neh­men“, sag­te der sie­ben­fa­che Tor­schüt­ze Simon Jepps­son nach dem Abpfiff.

Auch Micha­el Haaß zieht trotz dem knap­pen Ende ein posit­ves Fazit:
„Es war ein Spiel, wie sich das alle und vor allem die Zuschau­er Ende Juni gewünscht haben. Es war ein sehr, sehr hei­ßes Spiel. Ich kann auch immer nur das sagen, was ich die letz­ten Wochen nach jedem Spiel gesagt habe: Ich bin so wahn­sin­nig stolz auf die­se Mann­schaft. Wie sie sich rein­fuch­sen und kämp­fen, das war schon Wahn­sinn! Es ist wirk­lich beein­druckend, was mei­ne Jungs Woche für Woche auf die Plat­te brin­gen. Wir wer­ten die­ses Spiel als abso­lu­ten Gewinn für uns. Es macht ein­fach rie­sen Spaß, mit die­ser Mann­schaft zu arbeiten!“

Die lan­ge und kräf­te­zeh­ren­de Sai­son 20/21 wird am kom­men­den Sonn­tag auch für den HC Erlan­gen end­gül­tig zu Ende gehen. Beim Aus­wärts­spiel gegen die HSG Nord­horn-Lin­gen wol­len die Fran­ken sich die letz­ten zwei Zäh­ler der Sai­son erspie­len. Anwurf im Eure­gi­um ist um 15:30 Uhr.

Sta­ti­stik

HC ERLAN­GEN
Tor: Zie­mer, Boieck
Sel­lin, Lex, Bia­lo­was, Mar­schall (4), Firn­ha­ber (1), Bis­sel (3), Mos­in­di (2), Schäf­fer (2), Mesch­ke, von Gruch­al­la, Jepps­son (7/2), Ols­son (7), Bauer

SG FLENS­BURG-HAN­DE­WITT
Tor: Fritz, Bergerud
Gol­la (4), Jen­sen, Svan (2), Wan­ne (8), Jon­dal, Stein­hau­ser, Men­sah Lar­sen (4), Sogard (3), Gott­fri­ds­son (2), Rod (4)