Erneut stie­gen in Ober­fran­ken die gegen Poli­zei­be­am­te gerich­te­ten Straftaten

Symbolbild Polizei

Auch im Jahr 2020 ist ein erneu­ter Anstieg an Straf­ta­ten fest­zu­stel­len, die sich gegen Poli­zei­be­am­tin­nen und ‑beam­te in Ober­fran­ken rich­te­ten. Die Ten­denz des stei­gen­den Gewalt­po­ten­ti­als setzt sich das fünf­te Jahr in Fol­ge fort.

Über 100 Fäl­le mehr als im Vor­jahr regi­strier­te die ober­frän­ki­sche Poli­zei. Somit wur­de 2020 mit 802 Fäl­len der höch­ste Wert der seit zehn Jah­ren geführ­ten poli­zei­li­chen Sta­ti­stik regi­striert. Bei genau­er Betrach­tung der Sta­ti­stik konn­te die Poli­zei dar­aus ablei­ten, dass ober­frän­ki­sche Beam­te einer erhöh­ten Gewalt­be­reit­schaft ent­ge­gen­tre­ten mussten.

Coro­na bringt die Tat­or­te auch in pri­va­te Haushalte

Vor allem pri­va­te Ört­lich­kei­ten, also der Wohn‑, Haus- und Gar­ten­be­reich, ver­buch­ten einen Zuwachs bei den Über­grif­fen. Hier­für dürf­ten die pan­de­mie­be­ding­ten Ein­schrän­kun­gen des öffent­li­chen Lebens ver­ant­wort­lich sein. Dem­nach ver­wun­dert es auch nicht, dass die Dis­co­the­ken eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le als Aus­gangs­punkt für die­se Form von Straf­ta­ten spielten.

Trotz der andau­ern­den Aus­gangs­be­schrän­kun­gen, wel­che die Bevöl­ke­rung über Mona­te in den eige­nen vier Wän­den hielt und bis heu­te hält, domi­nier­te nach wie vor der öffent­li­che Raum, also Stra­ßen, Wege und Plät­ze. Dort gescha­hen die mei­sten Über­grif­fe auf die Poli­zei­kräf­te – Ten­denz wei­ter­hin steigend.

Häu­fung von Über­grif­fen bei frei­heits­ent­zie­hen­den Maßnahmen

Die Durch­set­zung von poli­zei­li­chen Maß­nah­men begrün­de­te in den mei­sten Fäl­len die Ursa­che für Angrif­fe oder Über­grif­fe gegen Poli­zei­be­am­te. Die mei­sten Angrif­fe resul­tier­ten aus Fest­nah­men, Gewahrs­am­nah­men und Unter­brin­gun­gen, aber auch bei ein­fa­chen Iden­ti­täts­fe­stel­lun­gen und Sach­ver­halts­klä­run­gen zeig­te sich ein erhöh­tes Aggres­si­ons­po­ten­zi­al, dem die Beam­tin­nen und Beam­ten aus­ge­setzt waren. Gan­ze 73 Über­grif­fe pas­sier­ten, ohne dass eine poli­zei­li­che Maß­nah­me vor­an­ge­gan­gen ist. Die­se Fäl­le unter­stri­chen erneut die Gewalt­be­reit­schaft, der die Beam­ten aus­ge­setzt sind.

Von Pas­si­vi­tät bis zum Ein­satz einer Schusswaffe

Bei der Aus­wer­tung der Angrif­fe stell­ten die Poli­zei­kräf­te unter­schied­li­che mit­ge­führ­te und ver­wen­de­te Tat­mit­tel sowie Bege­hungs­wei­sen fest. In ein­zel­nen Fäl­len trug der Täter bei einem Angriff eine schar­fe Schuss­waf­fe bzw. eine Schreck­schuss­waf­fe mit sich. Lei­der wur­de auch in einem Fall ein Schreck­schuss­re­vol­ver gegen Beam­te ein­ge­setzt. Auch Mes­ser, Reiz­gas und Wurf­ge­gen­stän­de ver­wen­de­ten die Täter, um gegen die Beam­tin­nen und Beam­ten vor­zu­ge­hen. Den Löwen­an­teil stel­len jedoch die unbe­waff­ne­ten Angrif­fe dar. 330-mal und somit sta­ti­stisch gese­hen fast ein­mal pro Tag wur­den ober­frän­ki­sche Poli­zi­sten mit Schlä­gen und Trit­ten angegriffen.

Nicht jeder wand­te aktiv Gewalt an. Etli­che ver­wei­ger­ten sich den poli­zei­li­chen Maß­nah­men auch rein pas­siv. Was das Aus­spre­chen von Belei­di­gun­gen anging, war die Hemm­schwel­le am gering­sten. Die höch­ste Anzahl der erfass­ten Straf­ta­ten stell­te das ver­ba­le Aus­fäl­lig­wer­den dar.

Männ­lich, erwach­sen, alkoholisiert

Wie bereits in den Vor­jah­ren han­del­te es sich auch 2020 bei den Per­so­nen größ­ten­teils um Män­ner, die sich gewalt­tä­tig gegen­über den Poli­zei­kräf­ten ver­hiel­ten. Mehr als drei Vier­tel der Täter wie­sen sich mit der deut­schen Staats­an­ge­hö­rig­keit aus. Das Gros der Eska­la­tio­nen war bei Erwach­se­nen fest­zu­stel­len. Doch auch Jugend­li­che und Kin­der wen­de­ten bereits Gewalt gegen die Beam­ten an.

Zwei Drit­tel aller Täter stan­den unter dem Ein­fluss berau­schen­der Mit­tel, wobei knapp die Hälf­te über­mä­ßig Alko­hol kon­su­miert hat­te. Der Rest stand unter dem Ein­fluss von Dro­gen, Medi­ka­men­ten oder einem Gemisch aus beidem.

Das seit 2017 bekann­te Phä­no­men der Reichs­bür­ger ver­lor bis heu­te nicht an Aktua­li­tät. Auch 2020 zeig­ten Per­so­nen die­ser Gesin­nung ihre Abnei­gung gegen­über staat­li­cher Ein­grif­fe. Die­se reich­te von Wider­stand, Nöti­gung, Belei­di­gung über den tät­li­chen Angriff bis hin zur Gefangenenbefreiung.

Mit Tech­nik zur Deeskalation

Seit Okto­ber 2019 ver­wen­den ober­frän­ki­sche Beam­tin­nen und Beam­te die Body-Cam. Die bis­he­ri­gen Erfah­run­gen bestä­ti­gen mit deut­li­cher Mehr­heit, dass der Ein­satz von Body-Cams den erhoff­ten und erwar­te­ten Nut­zen einer dees­ka­lie­ren­den Wir­kung erbringt. Etwa­ige Aggres­sio­nen wer­den ten­den­zi­ell eher unter­drückt, wenn das Ver­hal­ten des poli­zei­li­chen Gegen­übers auf Video beweis­kräf­tig fest­ge­hal­ten wird.

Die Erfah­run­gen des ersten Jah­res haben gezeigt, dass sich der Wert der Body-Cam nicht immer in Zah­len nie­der­schrei­ben lässt. Die prä­ven­ti­ve Wir­kung der Kame­ra ist nicht zähl­bar, aber defi­ni­tiv vor­han­den. Abschlie­ßen­de Erkennt­nis­se und fun­dier­te Aus­sa­gen las­sen sich über die Aus­wir­kun­gen die­ses Ein­satz­mit­tels noch nicht tref­fen. Durch geän­der­te poli­zei­li­che Ein­satz­be­din­gun­gen in Bezug auf die Coro­na Pan­de­mie und die nicht mess­ba­ren Prä­ven­ti­ons­er­fol­ge braucht es noch mehr Zeit, um wei­te­re Erfah­rungs­wer­te zur Body-Cam zu sammeln.