Bay­reuth: Geo­ther­mie als nach­hal­ti­ge Ener­gie­quel­le – Neue Fall­stu­die zeigt Poten­zia­le für die Ver­rin­ge­rung von CO₂-Emissionen

Geo­ther­mie kann als nach­hal­ti­ge Ener­gie­quel­le auch in Deutsch­land einen signi­fi­kan­ten Bei­trag zur Sen­kung von CO-Emis­sio­nen lei­sten. Dies zeigt eine Fall­stu­die zum Kraft­werk Kirch­stock­ach, die Wis­sen­schaft­ler am Zen­trum für Ener­gie­tech­nik (ZET) der Uni­ver­si­tät Bay­reuth in der Zeit­schrift „Rene­wa­ble Ener­gy“ ver­öf­fent­licht haben. Die Geo­ther­mie-For­schung am ZET ist in die Geo­ther­mie-Alli­anz Bay­ern inte­griert, die vom Baye­ri­schen Wis­sen­schafts­mi­ni­ste­ri­um seit 2016 geför­dert wird. Im Rah­men der vor kur­zem gestar­te­ten zwei­ten För­der­pha­se erhält das ZET rund 500.000 Euro.

Das Kraft­werk in Kirch­stock­ach süd­west­lich von Mün­chen wur­de 2013 in Betrieb genom­men und pro­du­ziert jähr­lich rund 40 GWh erneu­er­ba­ren Strom. Die neue Fall­stu­die zu die­ser Anla­ge bie­tet die erste umfas­sen­de Öko­bi­lanz eines rea­len geo­ther­mi­schen Kraft­werks in Deutsch­land. Part­ner der Unter­su­chung waren das Karls­ru­her Insti­tut für Tech­no­lo­gie und die Mar­tin-Luther-Uni­ver­si­tät Hal­le-Wit­ten­berg. „Wir haben die Strom­be­reit­stel­lung durch das Geo­ther­mie-Kraft­werk in Kirch­stock­ach ins­be­son­de­re unter dem Aspekt der CO₂-Emis­sio­nen ana­ly­siert. Dabei stell­te sich her­aus: Wird die in der Erd­kru­ste gespei­cher­te Wär­me für die Strom­erzeu­gung ver­wen­det, fal­len beim der­zei­ti­gen Stand der Tech­nik weni­ger CO₂-Emis­sio­nen an, als wenn Bio­gas oder Pho­to­vol­ta­ik für die Strom­erzeu­gung genutzt wer­den“, sagt Dr.-Ing. Flo­ri­an Heber­le, Ko-Autor der Stu­die und Geschäfts­füh­rer des Zen­trums für Ener­gie­tech­nik (ZET) der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Um die in hei­ßen The­mal­was­ser gespei­cher­te Erd­wär­me in elek­tri­schen Strom zu wan­deln, kommt in Kirch­stock­ach – wie in vie­len ande­ren Geo­ther­mie-Kraft­wer­ken in Deutsch­land – ein spe­zi­el­les Ver­fah­ren zum Ein­satz: der Orga­nic Ran­ki­ne Cycle (ORC). Anstel­le von Was­ser wird dabei ein orga­ni­sches Flu­id, ein soge­nann­tes Arbeits­me­di­um, mit der Wär­me­quel­le gekop­pelt. Der auf die­sem Weg erzeug­te Dampf treibt Tur­bi­nen an und dient so der Strom­erzeu­gung. Die Fall­stu­die kommt nun zu dem Ergeb­nis, dass die CO₂-Emis­sio­nen eines aus­schließ­lich zur Strom­erzeu­gung ein­ge­setz­ten Geo­ther­mie-Kraft­werks zu mehr als einem Drit­tel vom jeweils ver­wen­de­ten Arbeits­me­di­um abhän­gen. Hier sehen die Wis­sen­schaft­ler signi­fi­kan­te Poten­zia­le für einen noch kli­ma­freund­li­che­ren Betrieb von Geo­ther­mie-Anla­gen. „Wer­den statt der bis­her übli­chen Flui­de natür­li­che Käl­te­mit­tel oder Hydro­fluo­ro­le­fi­ne (HFO) – dies sind neu­ar­ti­ge orga­ni­sche Ver­bin­dun­gen aus Was­ser­stoff, Flu­or und Koh­len­stoff – ver­wen­det, las­sen sich die CO₂-Emis­sio­nen bei der Strom­erzeu­gung erheb­lich sen­ken“, sagt Heber­le. Er forscht am Lehr­stuhl für Tech­ni­sche Ther­mo­dy­na­mik und Trans­port­pro­zes­se (LTTT) schon seit vie­len Jah­ren an einer opti­mier­ten Nut­zung von Erd­wär­me als nach­hal­ti­ger Energiequelle.

„Die weit­sich­ti­ge Ent­schei­dung des Baye­ri­schen Wis­sen­schafts­mi­ni­ste­ri­ums, die Geo­ther­mie-Alli­anz Bay­ern in einer zwei­ten Pha­se bis 2024 wei­ter zu för­dern, begrü­ßen wir sehr. Allein für die­ses Jahr sind ins­ge­samt 1,9 Mil­lio­nen Euro für For­schungs­vor­ha­ben bereit gestellt wor­den, die dar­auf abzie­len, die Geo­ther­mie ver­stärkt für eine inte­grier­te Ener­gie­ver­sor­gung aus nach­hal­ti­gen Ener­gie­quel­len zu nut­zen. Dar­an wird sich das Zen­trum für Ener­gie­tech­nik an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ins­be­son­de­re auf dem Gebiet der Wär­me­be­reit­stel­lung betei­li­gen. Hier­bei steht unter ande­rem die tech­ni­sche, öko­no­mi­sche und öko­lo­gi­sche Betrach­tung inno­va­ti­ver Ener­gie­sy­ste­me mit Hoch­tem­pe­ra­tur-Wär­me­pum­pen im Mit­tel­punkt. Dar­über hin­aus koope­rie­ren wir sehr erfolg­reich auch mit dem Kom­pe­tenz­zen­trum für Kraft-Wär­me-Kopp­lung an der OTH Amberg-Wei­den, das par­al­lel zur Geo­ther­mie-Alli­anz geför­dert wird“, sagt Prof. Dr.-Ing. Die­ter Brüg­ge­mann, Direk­tor des Zen­trums für Ener­gie­tech­nik und Inha­ber des Lehr­stuhls LTTT.

Der Geo­ther­mie-Alli­anz Bay­ern gehö­ren neben der Uni­ver­si­tät Bay­reuth auch die FAU Erlan­gen-Nürn­berg sowie die Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Mün­chen, die LMU Mün­chen und die Hoch­schu­le Mün­chen an.