Unter­neh­men aus Bad Ber­neck setzt auf Baustoffrecycling

Mittlerweile gefragter "Rohstoff": Bauschutt
Mittlerweile gefragter "Rohstoff": Bauschutt

Wei­ter­hin hoher Bedarf an Pri­mär­roh­stof­fen in der Bauwirtschaft

Recy­cling von Bau­stof­fen gewinnt für Bau­stoff-Bran­che an Bedeu­tung – aber aktu­ell sind Gren­zen des Mach­ba­ren erreicht: Nur 10 Pro­zent des Bedarfs in Bay­ern kön­nen mit Recy­cling-Mate­ri­al gedeckt werden.

Allein in Bay­ern beträgt der Bedarf an Sand, Kies, Schot­ter und son­sti­gen mine­ra­li­schen Roh­stof­fen pro Jahr rund 150 Mil­lio­nen Ton­nen. Legi­tim und not­wen­dig dar­über nach­zu­den­ken, wie die­ser Bedarf künf­tig res­sour­cen­scho­nend gedeckt wer­den kann. Vie­le Unter­neh­men der Roh­stoff­ge­win­nung in Bay­ern ver­fol­gen die­sen Ansatz schon seit Jah­ren und ver­su­chen, anfal­len­den Bau­schutt einer Wie­der­ver­wer­tung zuzu­füh­ren. Ist jedoch eine Deckung des Bedarfs in Bay­ern zum Bei­spiel durch Recy­cling über­haupt mög­lich? Wie sieht die Rea­li­tät aus?

„Es müss­ten gan­ze Städ­te abge­ris­sen werden“

Nur rund 10 Pro­zent des Bedarfs kön­nen mit Sekun­där­roh­stof­fen gedeckt wer­den. „Das für Recy­cling zur Ver­fü­gung ste­hen­de Mate­ri­al reicht nicht aus, um den hohen Bedarf ins­be­son­de­re der Bau­wirt­schaft zu decken“, so Dr. Bern­hard Kling, Geschäfts­füh­rer des Baye­ri­schen Indu­strie­ver­bands Bau­stof­fe, Stei­ne und Erden e.V. (BIV). Bay­ern­weit fal­len nur rund 10,5 Mil­lio­nen Ton­nen an Bau­schutt und 4,5 Mil­lio­nen Ton­nen Stra­ßen­auf­bruch an. „Um also auch nur in die Nähe des Gesamt­be­darfs an Roh­stof­fen von 150 Mil­lio­nen Ton­nen pro Jahr in Bay­ern zu kom­men, müss­ten zuvor gan­ze Städ­te abge­ris­sen wer­den“, ver­deut­licht Kling. Die Bran­che arbei­tet kon­ti­nu­ier­lich an Lösun­gen, um die Recy­cling­quo­te zu erhö­hen. Aktu­ell ist bei­spiels­wei­se eine Ände­rung der Beton­norm in der Abstim­mung, die deut­lich höhe­re Recy­cling­an­tei­le erlau­ben soll. „Den­noch wird das Bau­schutt­re­cy­cling auch künf­tig eine regio­na­le Gewin­nung von Pri­mär­roh­stof­fen nicht erset­zen kön­nen. Das muss ganz ein­fach rea­li­stisch betrach­tet wer­den“, so der BIV-Geschäftsführer.

„Was mach­bar ist, wird gemacht“ – auch in Oberfranken

Auch in Ober­fran­ken ist der Anteil von mine­ra­li­schem Recy­cling­ma­te­ri­al bereits seit Jah­ren ein fester Bestand­teil im Roh­stoff­mix. Micha­el Schicker, Geschäfts­füh­rer der Hart­stein­wer­ke Schicker OHG in Bad Ber­neck: „Im eige­nen Inter­es­se der Res­sour­cen­scho­nung trei­ben wir das The­ma Recy­cling vor­an – alles ande­re wäre auch fahr­läs­sig: Mine­ra­li­sche Roh­stof­fe sind ein zu kost­ba­res Gut, um sie nicht wiederzuverwerten.“

Kon­kret betreibt Micha­el Schicker zusam­men mit einem Part­ner eine Auf­be­rei­tungs­an­la­ge. Ange­lie­fert wer­den unter ande­rem Beton, Stahl­be­ton, Mau­er­werks­ab­bruch, Zie­gel, Kera­mik, Asphalt, ver­misch­te Bau­schutt­frak­tio­nen sowie Boden- und Bau­schutt­ge­mi­sche mit Fremd­ma­te­ri­al­an­tei­len. Die­se berei­tet das Unter­neh­men in ver­schie­de­nen Abstu­fun­gen auf, mit dem Ziel, am Ende soge­nann­tes RW1-Mate­ri­al, das ohne Auf­la­gen ver­wen­det wer­den kann, herauszubekommen.

Die Abneh­mer sind in erster Linie Tief­bau­un­ter­neh­men, Kanal­bau­er sowie Gar­ten- und Land­schafts­bau­fir­men. „Unse­re Kun­den ver­wen­den das recy­cel­te Mate­ri­al meist für weni­ger qua­li­fi­zier­te Anwen­dungs­be­rei­che, zum Bei­spiel Wege­aus­bes­se­run­gen, Ver­fül­lun­gen, Split­te für die Beton­her­stel­lung oder Sicker­split­te. Das Ver­trau­en in Recy­cling­roh­stof­fe ist bei den Kun­den oft zu Unrecht noch nicht sehr hoch. Hier möch­ten wir noch mehr Auf­klä­rung betrei­ben, wie und wo unser qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ges Recy­cling­ma­te­ri­al beden­ken­los ver­wen­det wer­den kann“, so Micha­el Schicker.

Haupt­pro­ble­me: Ver­füg­bar­keit und Kon­ti­nui­tät des Stoffstroms

Eine sehr viel grö­ße­re Bau­stel­le sieht der Unter­neh­mer jedoch in der Ver­füg­bar­keit von Abbruch­ma­te­ri­al, um die Pro­duk­ti­on von Recy­cling­ma­te­ri­al über­haupt gewähr­lei­sten zu kön­nen. Im länd­li­chen Raum ist der Stoff­strom natür­li­cher­wei­se klei­ner als in Bal­lungs­ge­bie­ten. Gleich­zei­tig müs­sen Roh­stof­fe für die Bau­tä­tig­keit vor Ort zur Ver­fü­gung ste­hen. „Meist wird aus klei­ne­ren Abbruch­ar­bei­ten Bau­schutt bei uns ange­lie­fert“, so Schicker. Um eine Recy­cling­an­la­ge wirt­schaft­lich zu betrei­ben, muss sie kon­ti­nu­ier­lich „gefüt­tert“ wer­den. „Die Kun­den erwar­ten bei Bestel­lung ein Pro­dukt. Über­spitzt aus­ge­drückt: Da kann ich nicht sagen: ‚Das bekom­men Sie dann näch­stes Jahr, weil gera­de nicht abge­ris­sen wird‘. Über eine enge­re Betreu­ung ver­schie­den­ster Bau­stel­len – auch grö­ße­rer Abbruch­vor­ha­ben – möch­ten wir die Men­gen an ange­lie­fer­ten Bau­schutt in Zukunft aller­dings wei­ter erhö­hen.“ Micha­el Schicker bleibt aber skep­tisch: „Aus jet­zi­ger Sicht wird der Anteil des Recy­cling­ma­te­ri­als am gesam­ten mine­ra­li­schen Roh­stoff­be­darf in unse­rer Regi­on in näch­ster Zukunft nur lang­sam steigen.“

Die Rech­nung „Recy­cling ersetzt Pri­mär­roh­stof­fe“ geht in der Pra­xis nicht auf

Recy­cling wird Pri­mär­roh­stof­fe aus den genann­ten Grün­den nicht erset­zen kön­nen. Des­halb wäre es laut BIV-Geschäfts­füh­rer Dr. Bern­hard Kling auch fahr­läs­sig, die ein­fa­che Rech­nung auf­zu­ma­chen, mit­tel­fri­stig die Roh­stoff­ver­sor­gung mit Recy­cling gewähr­lei­sten zu kön­nen. „Fakt ist, dass dies auch in Zukunft nicht mög­lich sein wird. Zu sagen, wir brau­chen künf­tig kei­ne Pri­mär­roh­stoff­ge­win­nung mehr, wür­de bedeu­ten, völ­lig unnö­tig unse­re Unab­hän­gig­keit in der Roh­stoff­ver­sor­gung zu ver­lie­ren. Es wäre öko­lo­gisch und öko­no­misch wenig sinn­voll, das Mate­ri­al von weit her zuzukaufen.“