Grüne im Landkreis Forchheim: „Kreisräte von CSU, FW und Jungen Bürgern vergeben Chance für Digitalisierung“
Die Kreistagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen zeigt sich enttäuscht, dass es bei der jüngsten Sitzung des Kreistags keine erforderliche Zweidrittel-Mehrheit für Hybridsitzungen, also teilweise digitale Sitzungen des Kreistags gegeben hat.
„So wurde eine Chance für die Digitalisierung vergeben“, betont Elli Krause, eine der Fraktionssprecherinnen der Grünen. „Das Landesgesetz sieht die Hybridsitzungen ausdrücklich als Möglichkeit, die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Familie zu unterstützen. Hinter dieser fortschrittlichen Haltung ihrer eigenen Regierung bleiben die Kreisrät*innen von CSU, FW und JB, welche diese Lösung nun verhindert haben, weit zurück!“
„Von Martin Walz wurde ein praktikabler Vorschlag für die Hybridsitzungen eingebracht und das Landesgesetz sieht ausdrücklich vor, dass in einer späteren Geschäftsordnung der Anteil der Online Teilnehmer*innen nach der Pandemie begrenzt werden kann, um weiterhin einen direkten Austausch zu ermöglichen,“ erklärt der Fraktionssprecher der Grünen, Matthias Striebich. „Trotz dieser praktikablen Möglichkeiten wurde diese Lösung leider trotzig blockiert!“
Kreisrat Jakob Müller ergänzt: „Besonders bedauerlich ist es, dass sich eine Gruppierung, die sich ‚Junge Bürger‘ nennt, so vehement gegen die Digitalisierung stemmt!“
Die Stellvertretende Landrätin Barbara Poneleit fügt hinzu: „Wir leben in einer Welt, in der sich sogar schon Grundschüler seit einem Jahr mit Distanzunterricht und somit digitalem Lernen auseinandersetzen müssen, aber 48% der Erwachsenen ‚gestandenen‘ Kreisrät*innen verweigern sich einer digitalen Lösung. Zukunft zu gestalten braucht mehr Mut!“
Zum Hintergrund: In der Kreistagssitzung vom 03.05.2021 gab es zwei Themen zu diskutieren und entscheiden:
- Sollen die Befugnisse des Kreistages, die vorübergehend auf einen Ferienausschuss übertragen wurden, ab dem 15.05.2021 für die Dauer von 3 Monaten auf den Kreisausschuss übertragen werden?
- Für die Sitzungen des Kreistages wird eine Hybrid-Sitzung zugelassen, soweit und sobald die technischen Voraussetzungen hierfür gegeben sind.
Herr Strehl, im Landratsamt zuständig für den Sitzungsdienst erläuterte die Problematik: die Turnhalle sei von der Lüftung nicht geeignet, sollte jemand aus dem Gremium einen positiven PCR-Test haben, müssten alle anderen Anwesenden für zwei Wochen in Quarantäne. Der Sitzungssaal im Landratsamt hat eine entsprechende Lüftung mit komplettem Luftaustausch, kann aber den notwendigen Abstand für 60 Kreistagsmitglieder, Verwaltung, Presse und Öffentlichkeit nicht bieten. Deshalb sei es sinnvoll, den Kreisausschuss einzusetzen. Auch bei einer hybriden Sitzung müsse der Vorsitzende und die externen Gäste in einem Raum tagen, dort müssen alle zugeschalteten Mitglieder sichtbar gemacht werden (Video und Ton), auch die Anwesenden müssen für die Online-Teilnehmer*innen sichtbar und hörbar sein. Es gäbe keinen Raum im Landkreis, dar groß genug dafür sei – es müsse trotzdem jedes Kreistagsmitglied die Gelegenheit der analogen Teilnahme haben. Der Kreis sei für die Technik verantwortlich, weil er die Tablets ausgibt (im Gesetz ist es freier formuliert).
Matthias Striebich, Bündnis 90/DIE GRÜNEN legte dar, dass die Fraktion einer weiteren Fortsetzung des verkleinerten Gremiums und somit eine Übertragung auf den Kreisausschuss ablehnt. Für die Zeit bis zum Jahresende stimmen wir den Hybriden Sitzungen zu, die auch für die Rätinnen und Räte bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt ermöglichen könnte.
Manfred Hümmer, Freie Wähler widersprach dem: in einer hybriden Sitzung könnten die Fraktionsmitglieder nicht miteinander kommunizieren und sich austauschen. Wer kein Netz oder die entsprechende Technik nicht habe, sei ausgeschlossen. Deshalb sei die Fraktion für die Übertragung auf den Kreisausschuss.
Edwin Dippacher, CSU sprach sich ebenfalls für die Übertragung auf den Kreisausschuss und gegen digitale Hybrid-Sitzungen aus.
Wolfgang Fees, SPD plädierte für die Gesundheit von Kreisrät*innen und Verwaltung die hybriden Sitzungen zu nutzen, der Kreistag lebe zwar von der Präsenz der Personen, doch die Gesundheit sollte jetzt im Vordergrund stehen. Auch könnten so einige Fahrten und Wege vermieden werden.
Sebastian Körber MdL, FDP sprach sich auch gegen eine Übertragung auf den Kreisausschuss aus, weil dort die kleinen Fraktionen keinen Sitz haben. Da CSU und FW ja die Landesregierung stellen und in Bayern angeblich alles so gut digitalisiert sei, könne das kein Problem sein – oder sie müssten das bei den Parteikolleg*innen einfordern. Jürgen Schleicher, Junge Bürger wollte mit seiner Fraktion lieber den Kreisausschuss beauftragen, als digitale Sitzungen einzurichten.
Barbara Poneleit, weitere Stellvertreterin des Landrates, machte den Vorschlag, doch im Gremium direkt abzufragen, wer keine brauchbare Netzanbindung zuhause habe und deshalb im Sitzungssaal anwesend sein müsse? Auf diese Frage meldeten sich 3 Personen.
Martin Walz, Bürgermeister von Neunkirchen am Brand machte einen Vorschlag, um den Kreisrät*innen eine digitale Teilnahme zu ermöglichen, deren Netz nicht stabil genug für eine Sitzung sei: Sicher würden in der Stadt Forchheim, im Landratsamt oder in Ebermannstadt oder in sonst einem Rathaus für solche Sitzungen einzelnen Personen ein entsprechender Raum zur Verfügung gestellt werden, damit dies teilnehmen könnten.
- Für die Übertragung der Befugnisse auf den Kreisausschuss stimmten 27 Personen von 52 Anwesenden
- Für Hybride Sitzungen stimmten 28 von 52 Anwesenden
Da die 2/3 Mehrheit 35 Stimmen erforderte, ist keine der beiden Lösungen durchgekommen und falls eine Kreistagsentscheidung notwendig wird, müssen wir wieder im Freien oder an einem anderen gutbelüfteten Ort tagen.
Matthias Striebich
Fraktionsvorsitzender Kreistag Forchheim
Bündnis 90/Die Grünen
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