Fich­tel­ge­bir­ge – ein „smar­ter Wald“ fürs nach­hal­ti­ge Trinkwasser?

Fichtelgebirgs-Panorama
Fichtelgebirgs-Panorama

Gemein­sam mit der stu­den­ti­schen Initia­ti­ve Kli­ma­wald Bay­reuth wol­len die Stadt­wer­ke Bay­reuth her­aus­fin­den, wel­che Bäu­me die Zukunft des Fich­tel­ge­bir­ges sein könn­ten – und damit die nach­hal­ti­ge Was­ser­ver­sor­gung am Och­sen­kopf sichern. Exak­te Daten, bei­spiels­wei­se zur Boden­feuch­tig­keit, Son­nen­ein­strah­lung oder Wachs­tums­ge­schwin­dig­keit, kön­nen die Stadt­wer­ke Bay­reuth in Echt­zeit liefern.

Für vie­le ist der Och­sen­kopf das Wahr­zei­chen des Fich­tel­ge­bir­ges. Was längst nicht jeder Bay­reu­ther weiß: Ein guter Teil sei­nes Trink­was­sers stammt von dort. Gut 80 Quel­len der Stadt­wer­ke Bay­reuth lie­fern jedes Jahr rund 1,2 Mil­li­ar­den Liter. Ganz wich­tig dabei: Der Wald, der so vor­sich­tig bewirt­schaf­tet wird, sorgt für beste Trink­was­ser­qua­li­tät. Aller­dings set­zen Trocken­heit und der Bor­ken­kä­fer vor allem den Fich­ten zu. „Davon sind auch unse­re Flä­chen nicht ver­schont“, sagt Jür­gen Bay­er, Geschäfts­füh­rer der Stadt­wer­ke Bay­reuth. Auf knapp 10.000 Qua­drat­me­tern eines Stadt­wer­ke-Wal­des, ganz in der Nähe von Gra­s­se­mann, mach­te ein Sturm kur­zen Pro­zess mit den geschwäch­ten Bäu­men. „Und ich befürch­te, das ist nur ein Vor­ge­schmack des­sen, was dem Wald im Fich­tel­ge­bir­ge blü­hen könn­te, wenn jetzt nicht alle gemein­sam gegen­steu­ern.“ Bei die­sen Wor­ten legt Bay­er die Stirn in Fal­ten: „Auch was unse­re Quel­len anbe­langt, brau­chen wir einen nach­hal­ti­gen Wan­del, weil ein gesun­der Wald enorm wich­tig für unse­re Was­ser­ver­sor­gung ist.“

Wie es auf den Flä­chen der Stadt­wer­ke im Fich­te­ge­bir­ge wei­ter­ge­hen soll, damit beschäf­tigt sich Jür­gen Kra­mer. Bei den Stadt­wer­ken küm­mert er sich ums Nach­hal­tig­keits­ma­nage­ment der Trink­was­ser­schutz­ge­bie­te. „Der Wald der Zukunft muss mit län­ge­ren Trocken­pha­sen zurecht­kom­men, er muss resi­stent gegen Schäd­lin­ge sein und muss Stür­men stand­hal­ten kön­nen. Das kann nur ein viel­fäl­ti­ger Wald schaf­fen, der aus ver­schie­de­nen unter­schied­li­chen Baum­ar­ten besteht. In Bezug auf die Trink­was­ser­ge­win­nung wis­sen wir schon heu­te, dass Misch­wäl­der mit einem hohen Anteil an Laub­bäu­men die besten Vor­aus­set­zun­gen für die Was­ser­wirt­schaft bie­ten. Sowohl was die Grund­was­ser­bil­dung anbe­langt als auch in Bezug auf Trüb­stof­fe, die in rei­nen Nadel­wäl­dern in gro­ßer Men­ge anfallen.“

Weg von der Mono­kul­tur, hin zur Arten­viel­falt. Die­ses Ziel ver­fol­gen die Stadt­wer­ke Bay­reuth gemein­sam mit der stu­den­ti­schen Initia­ti­ve Kli­ma­wald Bay­reuth und Gre­gor Aas, dem Direk­tor des Öko­lo­gisch-Bota­ni­schen Gar­tens der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Zusam­men machen sie die sturm­ge­schä­dig­te Wald­flä­che der Stadt­wer­ke zum Ver­suchs­la­bor für das Fich­tel­ge­bir­ge der Zukunft. „Im Zuge des Kli­ma­wan­dels müs­sen wir davon aus­ge­hen, dass unser Wald sei­ne zahl­rei­chen Auf­ga­ben in Zukunft nicht mehr erfül­len kann“, erklärt Aas. „Des­we­gen müs­sen wir jetzt Erfah­run­gen sam­meln, wel­che Baum­ar­ten für das Fich­tel­ge­bir­ge geeig­net sein könn­ten.“ Sei­ner Mei­nung nach bes­ser gestern als heu­te, weil es in 50 Jah­ren zu spät sein könn­te – Bäu­me wach­sen eben lang­sam. Ähn­lich sieht es auch San­dra Zim­mer­mann von der Initia­ti­ve Kli­ma­wald Bay­reuth: „Es ist ein span­nen­des Kon­zept, zu ver­glei­chen, wie die ver­schie­de­nen Baum­ar­ten mit den kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen hier zurecht­kom­men. Damit passt das Pro­jekt per­fekt zu unse­rer Ziel­set­zung, geschä­dig­te Flä­chen mit kli­ma­re­si­sten­te­ren Bäu­men zu bepflan­zen, um sie fit für die Zukunft zu machen.“

Damit das gelin­gen kann, habe man beschlos­sen, die Flä­che zu drit­teln, erklärt Jür­gen Kra­mer von den Stadt­wer­ken. Ein Teil wer­de der Natur über­las­sen. „Ohne, dass wir etwas unter­nom­men haben, haben sich neben der Fich­te bereits die Vogel­bee­re und die Erle dort ange­sie­delt.“ Auf der rest­li­chen Flä­che pflanzt die Initia­ti­ve Kli­ma­wald Bay­reuth gemein­sam mit Stu­die­ren­den Bäu­me, die im Fich­tel­ge­bir­ge eher unüb­lich sind. Zum Bei­spiel die Weiß­tan­ne, die Gre­gor Aas als „wich­ti­gen Hoff­nungs­trä­ger fürs Fich­tel­ge­bir­ge“ sieht. „Weil sie tie­fer wur­zelt als die Fich­te und beim Sturm nicht so leicht umge­wor­fen wird. Und sie lei­det deut­lich weni­ger unter Bor­ken­kä­fern – lei­der spielt sie bis­lang im Fich­tel­ge­bir­ge eine zu gerin­ge Rol­le.“ Ein wei­te­rer Baum, der bei uns hei­misch ist, und auf der Flä­che der Stadt­wer­ke gepflanzt wer­den wird, ist die Eibe. Über deren rote Bee­ren dürf­ten sich die Vögel vor allem im Win­ter freu­en. „Wir sind gespannt wie sie mit der Höhe von gut 700 Metern zurecht­kommt“, sagt Jür­gen Kra­mer. Und auf dem letz­ten Drit­tel der Stadt­wer­ke-Flä­che fin­den sich Bäu­me, denen Trocken­heit wenig aus­mach­te, wie die Ess­ka­sta­nie oder die Hem­lock­tan­ne. „Eine wei­te­re Art, die recht trocken­re­si­stent ist, ist die Trau­ben­ei­che“, sagt Aas. „Der war es bis­lang im Fich­tel­ge­bir­ge zu kalt. Wir müs­sen ein­fach sehen, wie sie sich hier entwickelt.“

Gut 1.000 Hoff­nungs­trä­ger fürs Fich­tel­ge­bir­ge haben die Stu­die­ren­den der Initia­ti­ve Kli­ma­wald Bay­reuth auf der Flä­che der Stadt­wer­ke am 17. April gepflanzt. „Wie es jetzt wei­ter­geht, ist noch nicht fix“, sagt San­dra Zim­mer­mann. „Aber wir pla­nen schon, die Pflan­zen im Auge zu behal­ten, bei­spiels­wei­se in Form von Abschluss­ar­bei­ten.“ Dabei kön­nen sie auf ein tech­ni­sches Ange­bot der Stadt­wer­ke Bay­reuth zurück­grei­fen: „Wir kön­nen Bäu­me und Flä­che mit Sen­so­ren aus­stat­ten“, erklärt Stadt­wer­ke-Geschäfts­füh­rer Jür­gen Bay­er. „So könn­ten die For­sche­rin­nen und For­scher Daten wie Boden­feuch­tig­keit, Wachs­tums­ge­schwin­dig­keit, Son­nen­ein­strah­lung und vie­les mehr in Echt­zeit bekom­men. Die Daten der Sen­so­ren könn­ten die Stu­die­ren­den über ein soge­nann­tes Lora­wan-Netz­werk abru­fen, das die Stadt­wer­ke Bay­reuth spe­zi­ell zu die­sem Zweck instal­lie­ren wür­den. „Lora­wan ermög­licht es, Daten über gro­ße Reich­wei­te zu über­mit­teln. Wenn die Stu­die­ren­den die­sen Weg mit uns gehen möch­ten, machen wir den Wald qua­si smart“, betont Jür­gen Bayer.

Ober­bür­ger­mei­ster Tho­mas Ebers­ber­ger freut sich in jedem Fall über die Koope­ra­ti­on im Fich­tel­ge­bir­ge: „Das Pro­jekt der Stadt­wer­ke Bay­reuth und des Kli­ma­wal­des Bay­reuth ist geleb­ter Kli­ma­schutz und es sichert unse­re Trink­was­ser­ver­sor­gung. Viel­leicht sagen ja die Han­deln­den in 100 Jah­ren, dass Pro­jek­te wie die­ses ent­schei­dend beim Wald­um­bau unse­res schö­nen Fich­tel­ge­bir­ges gehol­fen haben.“