Aus der Hausener Leserpost: „Kinder sind Sytemrelevant!“

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Meine beiden Grundschulkinder hatten bisher acht Schultage im Jahr 2021, weil 100 Neuinfektionen auf 100.000 Menschen jeweils Freitags, es trotz Maskenpflicht, Abstandsregeln, Lüftungsanlagen und neuerdings Testpflicht, nicht zu ermöglichen scheinen, im Schnitt zehn Kinder vier Schulstunden lang zu unterrichten.

Zeitgleich sitzen in zahlreichen Büros, Betrieben und Verwaltungen inzidenzunabhängig Menschen auf Abstand, ungetestet, ohne Masken zusammen, obwohl Aerosole in Innenräumen Hauptansteckungsgrund sind. Home Office wird nicht überall ermöglicht, so dass weniger als ein Drittel der Beschäftigten ihre Zeit im Home Office verbringt, möglich wäre es bei mehr als der Hälfte, laut Ifo Institut.

Kinder zuerst ist die größte Lüge, welche die Pandemie in Bayern hervorgebracht hat. In der Pressekonferenz meinte Ministerpräsident Markus Söder, man würde bei Schulen nicht nur drei Tage betrachten, sondern sieben. Herausgekommen ist, man betrachtet bei Schulen nur (!) den Freitag. In keinem Bundesland gibt es so eine Irrsinnige Regel, außer in Bayern.

In Sachsen wurde beschlossen, Schulen inzidenzunabhängig mit Testpflicht offen zu lassen. In Bayern sind wir nun soweit, dass der Einzelhandel mit Testpflicht bis 200 offen bleibt, Schulen dennoch ab 100 schließen, trotz inzidenzunabhängiger Testpflicht.

Auf Basis welcher Rechtsgrundlage wird den Kindern Unterricht verwehrt trotz Testpflicht, Masken, Abstand und Luftfiltern?

Finden aktuelle Studien keine Berücksichtigung?
https://www.covid19.statistik.uni-muenchen.de/pdfs/codag_bericht_12.pdf

Oder Aussagen des Verbandes deutscher Kinderärzte?
https://www.dgkj.de/detail/post/presseinfo-kinder-sind-teil-des-sars-cov-2-infektionsgeschehens-zahlen-steigen-aber-nicht-ueberproportional

Wie können negativ getestete Kinder mit Masken und Abstand ein Problem darstellen? Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion unter diesen Bedingungen ist quasi nicht vorhanden.

Wo sind die Zahlen der nachweislich in der Schule infizierten Personen, die im Kreis sich in Schulen angesteckt haben und privat keinen Kontakt zueinander hatten? Es werden während der ganzen Pandemie nur sich in Quarantäne befindliche Klassen veröffentlicht, keine Zahlen der Infektionsfälle absolut und prozentual in Schulen! Im Gegenzug wird die Anzahl der positiv getesteten Personen veröffentlicht, je Gemeinde, nicht die Zahl der sich in Quarantäne befindlichen Haushalte!

Aufgrund welcher wissenschaftlichen Basis werden Schulen komplett geschlossen? Es scheint eine rein politische Entscheidung zu sein, Kindern die Hauptlast der Kontaktreduktion ohne Rücksicht auf deren psychisches Wohlergehen tragen zu lassen. Es ist der kostenmäßig günstigste Weg Kontakte zu reduzieren, die Mobilität der Eltern wird als Nebenprodukt mit eingeschränkt und gibt es keine. Leider wird es vermutlich nicht einmal Wählerstimmen kosten im September.

Ich möchte wissen, welcher Wissenschaftler, rein auf die Kinder bezogen, Schulschließungen für nötig erachtet bei all den Regelungen und Maßnahmen die bereits stattfinden, plus Testpflicht?

Auch spricht die Studie der LMU München, welche ich oben verlinkt habe eine eindeutige Sprache, ebenso Prof. Johannes Hübner, Münchner Infektiologe am Haunerschen Kinderspital und Koordinator der Covid Kids Bavaria Studie. Zumindest Grundschulen müssen öffnen. Die Infektionen in Schulen sind nachgelagert, primäre Infektionsquelle ist die Arbeitswelt und der private Bereich. Natürlich sind Kinder nicht immun gegen Covid 19, aber glücklicherweise sind sie durch zahlreiche Hygienekonzepte und Antigen Tests (würden diese nicht im Klassenzimmer stattfinden) sehr gut geschützt und die Wahrscheinlichkeit sich anzustecken und schwer zu erkranken geht gegen Null.

Die psychische und physische Komponente, was all die Beschränkungen mit den Kindern machen, findet in Bayern keine Beachtung. Kinder leben ungesunder, sämtliche sportliche Angebote sind gestrichen, ihr Sozialleben kann nicht stattfinden, das Gewaltpotential in Haushalten steigt, Lehrkräfte haben keinen Einblick mehr, Depressionen bei Kindern nehmen zu, die psychische Gesundheit vieler Kinder ist gefährdet. Es findet keinerlei Abwägung der Risiken statt, weil Kinder als Mittel zum Zweck beschränkt werden und gemeinsam mit Gastronomie, Veranstaltungsbranche und Einzelhandel gegen eine exponentiell ansteigende Kurve ankämpfen sollen.

Wie werden Schulschließungen also gerechtfertigt?

Welche Perspektive gibt es für Kinder in Bayern?

Wieso werden im Kreis Forchheim Schulen am Dienstag geschlossen, obwohl die Regelung eigentlich nur den Freitag betraf?

Wieso spricht die Kanzlerin davon, Schulen ab 200 zu schließen, Sachsen und Sachsen-Anhalt lassen inzidenzunabhängig offen, Bayern schließt bereit ab 100 Freitags für die darauf folgende Woche und der Landkreis Forchheim nimmt sich das Recht heraus, Kinder trotz der Zusicherung, der Freitag würde zählen, was ihnen bereits die letzte Schulwoche vor Ostern gekostet hat, dennoch alle Kinder, von einem Tag auf den anderen, nach einem Schultag, erneut auszusperren?

Wieso haben Kinder keine Priorität?

Angeblich geht es um den Gesundheitsschutz der Kinder. Jedoch: Wäre der Gesundheitsschutz der Kinder wichtig in Bayern, würde man nicht alle Kinder gemeinsam im Klassenzimmer ohne Schutzausrüstung testen lassen!

Allein das zeigt, dass es weder um die Gesundheit der Kinder noch um die Gesundheit der Lehrkräfte geht, so traurig es ist.

Eine Testung, nachdem Busse genutzt wurden, der Schulweg bestritten und die erste Schulstunde gelaufen ist (die Tests müssen erst gemacht werden, brauchen 15min zum Auswerten und müssen unter Umständen wiederholt werden, sofern nicht richtig ausgeführt), macht infektiologisch keinen Sinn. Zudem geht wertvolle Unterrichtszeit verloren, positive Kinder werden abgesondert vor allen anderen, stigmatisiert, der in der Pandemie bisher so wichtige Datenschutz wird mit Füßen getreten. Aufgrund der Verletzungsgefahr und des Datenschutzes sei eine Testpflicht für Arbeitnehmer:innen nicht durchsetzbar. Es wird sich nun auf ein, vom Unternehmen zu stellendes Testangebot für alle Arbeitnehmer:innen einmal die Woche geeinigt. Dieses Angebot anzunehmen, kann man nicht verpflichten. Bei Schüler:innen geht das sehr wohl … Fast so, als würde man die, laut Studie nachgelagerten Infektionen, als primäre Quellen darstellen wollen.

Den gleichen Menschen, die sich als Lehrkräfte, Erziehende, Pflegekräfte bereits zu Hause testen oder als weitere Arbeitnehmer:innen bald auch zu Hause freiwillig testen sollen, traut man es als Eltern nicht zu, ihre Kinder zu Hause zu testen. Professionell testen lassen, scheint zu teuer, dann bleibt nur das Klassenzimmer und Beamt:innen, die Dienstanweisungen umsetzen müssen.

Wir haben in Bayern während der ganzen Pandemie die strengsten Regeln an Schulen, hatten am längsten zu, dennoch sehr hohe Zahlen. Seit März 2020 gab es drei Monate Präsenzunterricht und ca. drei Monate Wechselunterricht! Kinder müssen viel mehr zurückstecken als Erwachsene, Sitzungen gehen in Präsenz, sogar CSU Parteitage gehen in Präsenz, 10 Kinder in einem Klassenzimmer mit Masken und Abstand für 4 Schulstunden gehen nicht? Die Tests sind 80% sicher, eine Impfung wird bei über 50% Wirksamkeit zugelassen. Die Astra Zeneca Vakzine hat 70% Wirksamkeit.

Kinder brauchen andere Kinder und Kinder brauchen ein Sozialleben. Die Kinder sehnen sich nach Schule, egal wie schlecht diese mittlerweile ist, sie brauchen externe Anerkennung, Lebensinn, Bewegung, Freunde, Routine, eine Aufgabe, nicht Tablet und Arbeitsblätter.

Ich habe nicht den Eindruck, dass das im Blick ist.

Ein Jahr im Leben eines Kindes ist vergleichbar mit zehn Jahren im Leben eines Erwachsenen und wir dürfen nicht vergessen, dass nicht alle Eltern die Ressourcen haben, ihre Kinder daheim aufzufangen. Die Bildungsgerechtigkeit geht verloren und bzgl. Geschlechtergerechtigkeit sind wir zurück in den 50ern. Was bringt einer Mutter Kinderkrankengeld, wenn sie danach keinen Job mehr hat, weil diesen mittlerweile, zuverlässige, kinderlose Menschen machen. Wer stellt aktuell noch Mütter ein, bei der Unzuverlässigkeit, die damit einher geht.

Das Problem ist vielschichtig und eine Schulschließung, obwohl angeblich der Freitag ausschlaggebend sein sollte, mitten in der Woche ohne wissenschaftliche Basis oder gesetzliche Notwendigkeit, schießt dem Fass den Boden aus.

Kinder können die Infektionszahlen nicht alleine senken!

Kristina Lindner
Am Lachweihergraben 6a
91353 Hausen