Son­der­aus­stel­lung in der Cobur­ger Veste: „Schön wie ein Scha­dow. Das Por­trät der For­t­u­na­ta von Fried­rich Müller“

Stu­dio­aus­stel­lung in den Kunst­samm­lun­gen der Veste Coburg, Lauf­zeit bis 22.08.2021

Das Porträt der Fortunata von Friedrich Müller

Das Por­trät der For­t­u­na­ta von Fried­rich Müller

Er war höchst talen­tiert und zählt doch unter den Künst­lern der Roman­tik zu den Ver­ges­se­nen: Der Cobur­ger Fried­rich Mül­ler (1795/96–1834) star­te­te sei­ne Lauf­bahn als her­aus­ra­gen­der Kopist in Por­zel­lan­ma­le­rei, bevor er sich kurz vor sei­nem früh­zei­ti­gen Tod zum eigen­stän­di­gen Maler ent­wickel­te. Sein Por­trät des berühm­ten römi­schen Künst­ler­mo­dells For­t­u­na­ta Sega­do­ri wur­de als Mei­ster­lei­stung zeit­ge­nös­si­scher Kunst gleich mehr­fach kopiert. Mül­ler zeigt sich hier deut­lich beein­flusst von Wil­helm Scha­dow, dem Begrün­der der Düs­sel­dor­fer Malerschule.

Die Stu­dio­aus­stel­lung in den Kunst­samm­lun­gen der Veste Coburg prä­sen­tiert Ent­deckun­gen um Fried­rich Mül­ler und sein gro­ßes Vor­bild Wil­helm Scha­dow. Zugleich wirft sie ein Schlag­licht auf das Ver­hält­nis von Ori­gi­nal, Nach­ah­mung und Kopie in der Kunst des 19. Jahrhunderts.

Im Detail Fried­rich Mül­ler, den sei­ne Wan­der­jah­re unter ande­rem zur König­lich-Preu­ßi­schen Por­zel­lan­ma­nu­fak­tur nach Ber­lin führ­ten, zähl­te zu den her­vor­ra­gend­sten Por­zel­lan­ma­lern sei­ner Zeit. Er präg­te in den 1820er Jah­ren maß­geb­lich den Auf­bau des Schmidt­schen Por­zel­lan­mal­in­sti­tuts in Coburg, beglei­te­te 1833 auch die Über­sied­lung des inter­na­tio­nal bedeut­sa­men Unter­neh­mens nach Bam­berg. Dazwi­schen liegt ein län­ge­rer Ita­li­en­auf­ent­halt, der nicht zuletzt der Hin­wen­dung zur Ölma­le­rei die­nen sollte.

Für einen ita­li­en­rei­sen­den Künst­ler der Roman­tik war der Typus der ‚schö­nen Ita­lie­ne­rin‘ eine nahe­zu unum­gäng­li­che Bild­auf­ga­be. Mit For­t­u­na­ta Sega­do­ri (um 1810 – nach 1876) hat Mül­ler ein inter­na­tio­nal gefei­er­tes Modell der 1830er Jah­re por­trä­tiert. Das Bild­nis gelang­te nach Wei­mar, eine Kopie erhielt Her­zog Ernst I. von Sach­sen-Coburg und Gotha. Bei­de Bil­der haben sich erhal­ten, doch die Zusam­men­hän­ge gerie­ten in Ver­ges­sen­heit. Im 20. Jahr­hun­dert fand allein das Cobur­ger Gemäl­de loka­le Beach­tung, nun irr­tüm­lich iden­ti­fi­ziert als Por­trät der Karo­li­ne Bau­er, einer bekann­ten Schau­spie­le­rin und Gelieb­ten des Prin­zen Leo­pold von Sach­sen-Coburg und Gotha. 1998 tauch­te eine drit­te Ver­si­on im Köl­ner Kunst­han­del auf. Hier mein­te man zunächst, ein lan­ge ver­schol­le­nes For­t­u­na­ta-Por­trät Wil­helm Scha­dows wie­der­ge­fun­den zu haben.

In der Aus­stel­lung sind die­se drei Ver­sio­nen nun erst­mals ver­eint. Beglei­tet von Infra­rot­auf­nah­men und stark ver­grö­ßer­ten Detail­an­sich­ten regen sie zu ver­glei­chen­dem Sehen an. In wel­cher Bezie­hung die Gemäl­de zuein­an­der ste­hen, wur­de in Koope­ra­ti­on mit der Klas­sik Stif­tung Wei­mar untersucht.

So han­delt es sich beim Wei­ma­rer Gemäl­de tat­säch­lich um die ori­gi­na­le Bild­schöp­fung Mül­lers, bei den Ver­sio­nen in Coburg und Köln dage­gen um minu­tiö­se Kopien, ange­fer­tigt von jeweils unter­schied­li­chen Künst­lern. Die frü­he­re Zuschrei­bung der Bild­fin­dung an Scha­dow trifft aber einen wich­ti­gen Aspekt, denn tat­säch­lich erin­nert Mül­lers For­t­u­na­ta deut­lich an die Por­trät­ma­le­rei des Düs­sel­dor­fer Aka­de­mie­di­rek­tors. Die für Scha­dow typi­sche Mal­wei­se mit stren­gen Kon­tu­ren und leuch­ten­dem Schmelz der Far­ben und die medi­ta­ti­ve Stim­mung sei­ner Bil­der wird in der Aus­stel­lung durch wich­ti­ge Leih­ga­ben anschau­lich gemacht. So ist unter ande­rem das Bild­nis der Ange­li­na Magat­ti aus der Neu­en Pina­ko­thek Mün­chen zu sehen.

Mül­ler dürf­te Scha­dow wäh­rend des­sen zwei­ter Rom­rei­se 1831 in der deutsch-römi­schen Künst­ler­ko­lo­nie begeg­net sein – zumin­dest aber mit des­sen frü­he­ren Arbei­ten war er aufs Eng­ste ver­traut. Ein­drück­lich zeigt sich dies an dem Brust­bild eines Kamald­u­len­ser-Mönchs, das Scha­dow 1818 geschaf­fen hat­te. Das erst jüngst nach lan­ger Zeit wie­der­auf­ge­fun­de­ne Gemäl­de und Mül­lers kon­ge­nia­le Ver­si­on in Por­zel­lan­ma­le­rei wer­den nun erst­mals gemein­sam präsentiert.

Zur Aus­stel­lung, die von Dr. Niels Fleck in Zusam­men­ar­beit mit der Scha­dow-Exper­tin Prof. Dr. Cor­du­la Gre­we (India­na Uni­ver­si­ty Bloo­ming­ton) kura­tiert wur­de, ist ein Begleit­band erhält­lich. Aus­ge­hend von den drei For­t­u­na­ta-Ver­sio­nen wer­den viel­schich­tig zusam­men­hän­gen­de The­men­kom­ple­xe dis­ku­tiert: das Kunst­schaf­fen von Fried­rich Mül­ler, die Por­trät­ma­le­rei sei­nes gro­ßen Vor­bilds Wil­helm Scha­dow, der Modell­kult des 19. Jahr­hun­derts, die Kunst der Por­zel­lan­ma­le­rei sowie Nach­ah­mung und Kopie in der Kunst des 19. Jahrhunderts:

Schön wie ein Scha­dow. Fried­rich Mül­lers For­t­u­na­ta-Por­trät im Kon­text, hg. von Niels Fleck und Cor­du­la Gre­we, Begleit­band zur Aus­stel­lung in den Kunst­samm­lun­gen der Veste Coburg, Micha­el Imhof Ver­lag, Peters­berg, 144 Sei­ten, Klap­pen­bro­schur, Euro 24,95, im Muse­ums­shop der Veste Coburg für Euro 17,95, ISBN 978–3‑7319–1104‑3.

Öff­nungs­zei­ten: Ab 26. März 2021: täg­lich 9.30 bis 17.00 Uhr

Dr. Niels Fleck