Coburg: „Sind Frau­en die bes­se­ren Finanzplanerinnen?“

Maymoune Cheikhkamis ist Finanzberaterin / Foto: Privat

May­moune Cheikhka­mis ist Finanz­be­ra­te­rin / Foto: Privat

Rein sta­ti­stisch gese­hen sind Frau­en die bes­se­ren Finanzplaner*innen. Trotz­dem trau­en sie den Män­nern mehr Finanz­kom­pe­tenz zu als sich selbst und sind auch weni­ger Akti­ve in der eige­nen Finanz­vor­sor­ge. „Dabei kön­nen wir das genau­so gut!“ sagt May­moune Cheikhka­mis, Finanz­be­ra­te­rin, Mus­li­ma und Power­frau. Das heu­ti­ge Inter­view mit ihr dreht sich um das The­ma Frau­sein und finan­zi­el­le Vor­sor­ge für Frau­en und war­um sie so wich­tig für alle Frau­en ist.

Den März zum Frau­en­mo­nat machen und mit ver­schie­den­sten Aktio­nen die aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen und Facet­ten des Frau­seins im Netz sowie auch in den ana­lo­gen Medi­en in den Mit­tel­punkt stel­len. Die­ses Ziel hat sich eine Grup­pe enga­gier­ter Grü­ner Frau­en mit Unter­stüt­zung des Bezirks­ver­bands der Grü­nen Ober­fran­ken gesetzt. Teil die­ser Akti­on ist auch eine vier­tei­li­ge Inter­view-Serie, in der jeden Frei­tag im März eine enga­gier­te Frau und ihr Her­zens­the­ma in Bezug auf das Frau­sein im Mit­tel­punkt ste­hen. Die Inter­views neh­men dabei ver­schie­den­ste Fra­ge­stel­lun­gen zu The­ma Frau­sein in den Blick.

Was bedeu­tet für dich Frau sein?

Ich fin­de Frau­sein zu defi­nie­ren ist so, als ob man ver­sucht, sich abzu­gren­zen. So als ob „sie“ eine eig­ne Defi­ni­ti­on für sich hat und „er“ eine eige­ne für sich. Als ob wir einem Geschlecht eine Eigen­schaft zuschrei­ben und sie gleich­zei­tig dem ande­ren abspre­chen könn­ten. Eigent­lich wol­len wir alle gleich sein und so stecken wir uns wie­der in Schub­la­den, aus denen wir doch heut­zu­ta­ge raus­fin­den wol­len. Wenn ich aber eine Defi­ni­ti­on für mich geben müss­te, dann wäre es die Unab­hän­gig­keit und das Bewusst­sein für mei­ne eig­nen Ent­schei­dun­gen zu haben, die ich für mich getrof­fen habe und hin­ter denen ich hun­dert­pro­zen­tig ste­he. Es gab schon immer vie­le inspi­rie­ren­de Power­frau­en, die alles das selbst errei­chen konn­ten. Des­we­gen, ja, es ist die Unab­hän­gig­keit für mich. Es ist wich­tig, dass wir uns da nicht selbst begren­zen, wenn ich Lust habe, Tätig­kei­ten zu ver­rich­ten, die ehr Män­ner zuge­sagt wer­den, dann kann ich das heut­zu­ta­ge genau­so tun. Die Mög­lich­keit besteht ja, wir sehen, dass zum Bei­spiel in den Stel­len­aus­schrei­ben. Dort steht nicht mehr, wir wol­len nur Män­ner oder Sekre­tä­rin­nen, son­dern es heißt, wir wol­len jedem Geschlecht die Chan­ce geben. Am Ende des Tages zählt dei­ne Lei­stung und nicht mehr dein Geschlecht. Ich sage jedem, nur ihr ste­het euch im Weg, ob ihr erfolg­reich in dem Sein wer­det, was ihr machen woll­te oder ob ihr euch von dem „Alt­den­ken“ in Besitz ergrei­fen lasst. Selbst­ver­trau­en spielt dabei eine gro­ße Rolle.

Wo siehst du den Unter­schied zwi­schen Frau­en und Män­ner im The­ma Finanzen?

Der Unter­schied ist das Mind­set. Es fängt damit an, denn eigent­lich muss man kei­ne Abstri­che in Kauf neh­men, wenn man als Frau die Finanz­pla­nung angeht. Aber für die Frau­en ist das noch immer so, dass Sie das Gefühl haben, es kann sein, dass ich benach­tei­ligt wer­de. Ich schicke lie­ber denn Mann vor oder einen Freund von mir und mach das­sel­be wie er. Frau­en haben ein gro­ßes Sicher­heits­be­dürf­nis und die­se Sicher­heit schei­nen sie beim The­ma Finan­zen noch nicht zu haben. Dabei sind wir schon im Jahr 2021. Fast alle Frau­en haben eig­ne Bank­kon­ten, wir haben Sozi­al­ver­si­che­run­gen, die auf dem eige­nen Namen lau­fen, wie­so soll­ten dann nicht auch ande­re Sachen über uns lau­fen? Ich sehe aber auch das viel mehr Frau­en das The­ma Finanz­vor­sor­ge selbst ange­hen möch­ten und es tun, was ich sehr begrü­ße. Gera­de für uns Frau­en ist es so vie­le wich­ti­ger, dass wir uns um unse­re eige­ne Finanz­vor­sor­ge küm­mern. Denn wir müs­sen aus vie­len Grün­den mehr für uns Vorsorgen.

Was noch Frau­en und Män­ner in der Finanz­welt unter­schei­det, ist die Bereit­schaft ein Risi­ko bei Finanz­ge­schäf­ten ein­zu­ge­hen. Män­ner, die ver­meint­lich die Ver­ant­wor­tung in der Ehe oder in der Part­ner­schaft tra­gen, gehen bereit­wil­li­ger Risi­ken ein, um höhe­re Gewin­ne abzu­grei­fen. Die mei­sten Frau­en hin­ge­gen wol­len die Kon­trol­le über ihre Finan­zen, sodass sie eher kon­ser­va­tiv inve­stie­ren und hier auch am Anfan­ge eine nied­ri­ge­re Ren­di­te in Kauf neh­men. Bei­de ver­ste­hen die The­men voll­kom­men und Wis­sen über die Vor­zü­ge und Risi­ken Bescheid und trotz­dem ten­die­ren Frau­en zu kon­ser­va­ti­ven Anla­gen, bis sie ihre ersten Gewin­ne erzie­len und mer­ken, das hat doch gut funk­tio­niert. Dar­auf­hin gehen sie auch mehr Risi­ken ein. Das Pro­blem hier­bei ist jedoch, dass die ver­lo­re­ne Ren­di­te aus der Zeit des vor­sich­ti­gen Han­delns lei­der nicht mehr zurück­ge­holt wer­den kön­nen. Sie fehlt dann für immer, weil durch das kon­ser­va­ti­ve Ver­hal­ten weni­ger am Markt teil­ge­nom­men wur­de. In der­sel­ben Zeit haben sich spe­ku­la­ti­ve­re Anle­ger im Schnitt fast dop­pelt so viel Ren­di­te gesi­chert. Das ein­zu­ho­len ist mög­lich, aber schwer. Grund­sätz­lich gilt es lohnt sich aber für bei­de so früh wie mög­lich in die Finanz­vor­sor­ge ein­zu­stei­gen. Dabei kann man schon mit mini­ma­len Bei­trä­gen von zum Bei­spiel 25 Euro stück­weit für sich Finanz­zie­le (gro­ße Rei­se, Eigen­heim, Alters­vor­sor­ge etc.) set­zen und so ein Bewusst­sein für die eig­nen Finan­zen gewinnen.

Was rätst du jeder Frau in Bezug auf die Finanzvorsorge?

Ich rate jeder Frau, die sich mit ihren Finan­zen aus­ein­an­der­setz­ten möch­te, es ein­fach zu tun und es dabei es egal ist, wo sie steht. Ob sie im Stu­di­um ist. Ob sie allein­er­zie­hend ist. Oder ob Sie Sin­gle oder ver­hei­ra­tet (mit oder ohne Kin­der) ist. Es sind ihre Finan­zen und ihre Zukunft, die immer über­ra­schend kom­men kön­nen. Vie­le sind sich nicht der Kon­se­quen­zen bewusst, wenn man plötz­lich mit einer Lohn­kür­zung aus­kom­men muss. Eini­ge Frau­en haben auch kei­ne Fami­lie oder ande­re ver­trau­te Per­so­nen, die sie auf­fan­gen könn­ten. Des­halb ist es so wich­tig, dass sie für sich vor­sor­gen. Was ich auch jeder Frau rate, bil­det Rück­stel­lun­gen für schlech­te­re Zei­ten. Also egal wel­ches Alter, wel­che finan­zi­el­le Lage, wel­che Part­ner­schafts­art oder wel­che son­sti­ge Lebens­si­tua­ti­on wir Frau­en stecken, wir soll­ten uns immer um unse­re eige­ne Finanz­vor­sor­ge küm­mern. Ich rate ihnen, sich dabei auch ger­ne pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung von einer unab­hän­gi­gen Finanzberater*in zu holen. Sie wer­den es nicht bereu­en, da es einen rie­si­gen Mehr­wert mit sich bringt, wenn sie jeman­den hat, die sich mit allen Ände­run­gen, die es gibt wie zum Bei­spiel Geset­zes­än­de­run­gen aus­kennt und ihr Tipps geben kann, um das Beste für sich herauszuholen.

Ich rate auch alle Frau­en, sich selbst um die eige­ne Ren­te zu sor­gen. Es ist im näm­lich egal, wie gute es der Part­ner meint. Auch wenn er nur als Fami­lie gedacht hat. Wenn alle Ver­trä­ge und alle Vor­teil auf den Mann lau­fen, ist das für die Frau am Ende des Tages den­noch ein Nach­teil, weil sie sich ihre Vor­tei­le nie selbst zuge­si­chert hat. Beste Bei­spiel, bei­de tre­ten ins Ren­ten­al­ter ein. Der ver­si­cher­te Part­ner ver­stirbt frü­her als der/​die nicht-Ver­si­cher­te, aber in den Ver­trä­gen war nur der/​die Ver­stor­be­ne als Begünstigte/​r genannt, weil die Ver­trä­ge nur auf ihn/​sie lie­fen. In sol­chen Fäl­len blei­ben die Hin­ter­blie­be­nen wie­der auf Strecke. Egal wie gut die Absich­ten waren. Aber auch allein­er­zie­hen­de Frau­en soll­ten sich um ihre Alters­vor­sor­ge­küm­mern, denn die sind oft­mals von (Alters)Armut betrof­fen. Mit einer Finanzplaner*in ist auch sicher hier mög­lich, etwas für die Ren­te zurück­zu­le­gen. Die Finanzplaner*innen erstel­len gemein­sam mit den Rat­su­chen­den eine Finanz­über­sicht und kön­nen Rat­schlä­ge geben, wo den­noch für die Ren­te gespart wer­den kann.

Sofort ist der beste Zeit­punkt in die Finanz­vor­sor­ge (Ren­ten­vor­sor­ge) ein­zu­stei­gen, jede Frau, die Geld ver­dient und damit wirt­schaf­ten muss, muss einen Finanz­plan an der Sei­te haben. Und bei Bedarf auch eine Finanzplaner*in, denn die­se kann sich um alle Belan­ge in der Finanz­vor­sor­ge küm­mern, mit denen man sonst über­for­dert wäre und die einen stets auf dem Lau­fen­den hal­ten kann. Damit Frau­en ihre wirt­schaft­li­che Frei­heit und Sicher­heit errei­chen kön­nen. Für Frau­en ist es noch wich­ti­ger, sich mit Finan­zen aus­ein­an­der­zu­set­zen, weil sie zum Bei­spiel schwan­ger wer­den kön­nen und hier bereits Nach­teil von tra­gen kön­nen, die aus der Schwan­ger­schaft selbst rüh­ren oder durch die Zeit, die Sie aus dem Job aus­tre­ten wegen dem Mut­ter­schutz und der Erzie­hungs­zeit. Die­se Zeit wird zwar von der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ange­rech­net, aber es ist in den mei­sten Fäl­len nicht so vie­le, wie wenn sie selbst gear­bei­tet hät­te. Wenn sie kei­ne Kin­der bekommt, ist trotz­dem mit Nach­tei­len in den Ren­ten­an­sprü­chen zu rech­nen. Also egal wie sie sich ent­schei­det, bei­des zieht Nach­tei­le mit sich. Wei­ter­hin, war­um uns Frau­en Finan­zen ange­hen soll­ten, ist der Gen­der-Pay-Gap. Dies wirkt dann nicht nur in dem Moment auf den Lohn, son­dern auch spä­ter auf die Ren­te aus. Wer weni­ger ein­zahlt, erhält auch weni­ger Ren­te, auch wenn die die­sel­be Arbeit gelei­stet wur­de. Des­halb ist es für sie wich­tig, jetzt schon pri­vat vor­zu­sor­gen und die staat­li­chen Vor­tei­le zu nut­zen, die es für sie gibt, damit dann spä­ter einen Aus­gleich schaf­fen wer­den kann.

Wei­te­re Infos zum Akti­ons­mo­nat und ver­schie­den­ste Online­bei­trä­ge rund um das Frau­sein gibt es auf den Social-Media-Kanä­len der Grü­nen Ober­fran­ken sowie aller teil­neh­men­den ober­frän­ki­schen Kreis­ver­bän­de der Grünen.