Fle­xi­bel, effi­zi­ent, sozi­al: Bay­reu­ther Forscher*innen unter­su­chen die Vor­zü­ge von Cowor­king Spaces

Beruflicher Austausch und soziale Begegnungen in einem Coworking Space. Foto: © Wolfgang Blank.

Beruf­li­cher Aus­tausch und sozia­le Begeg­nun­gen in einem Cowor­king Space. Foto: © Wolf­gang Blank.

„Cowor­king Spaces“ sind offen gestal­te­te Büros, in denen Teams von Unter­neh­men oder Ange­hö­ri­ge frei­er Beru­fe zeit­lich fle­xi­bel, weit­ge­hend selbst­be­stimmt und oft im wech­sel­sei­ti­gen Aus­tausch ihrer Arbeit nach­ge­hen. Im Pro­jekt „Huma­ni­sie­rung digi­ta­ler Arbeit durch Cowork-Spaces (Hier­da)“ haben Wissenschaftler*innen an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ver­schie­de­ne For­men der Aus­ge­stal­tung und Nut­zung von Cowor­king Spaces unter­sucht. Die For­schungs­ar­bei­ten unter der Lei­tung von Prof. Dr. Ricar­da Boun­cken wur­den über einen Zeit­raum von fast vier Jah­ren vom Bun­des­mi­ni­ste­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) und aus dem Euro­päi­schen Sozi­al­fonds (ESF) mit ins­ge­samt 1,4 Mil­lio­nen Euro gefördert.

„Auch wenn die Covid-19-Pan­de­mie die Nut­zung von Cowor­king Spaces der­zeit weit­ge­hend ver­hin­dert, han­delt es sich um ein zukunfts­wei­sen­des Modell für die Gestal­tung von Arbeits­wel­ten, die zuneh­mend von der Digi­ta­li­sie­rung geprägt sind. Cowor­king Spaces machen es mög­lich, das beruf­li­che Arbeits­um­feld opti­mal auf die kon­kre­ten Bedürf­nis­se und Auf­ga­ben von Team-Mit­glie­dern zuzu­schnei­den. Damit kön­nen sie einen wich­ti­gen Bei­trag zur Huma­ni­sie­rung der Arbeit lei­sten“, sagt Pro­jekt­lei­te­rin Prof. Dr. Ricar­da Boun­cken, die an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth den Lehr­stuhl für Stra­te­gi­sches Manage­ment und Orga­ni­sa­ti­on innehat.

Wie das Pro­jekt gezeigt hat, hängt ein erfolg­rei­ches Arbei­ten in Cowor­king Spaces wesent­lich davon ab, dass alle Betei­lig­ten eine Balan­ce zwi­schen Koope­ra­ti­on, Dia­log, indi­vi­du­el­ler Arbeit und ver­trau­ens­vol­ler Distanz fin­den. Von zen­tra­ler Bedeu­tung ist dabei die Durch­läs­sig­keit (Per­mea­bi­li­tät), die von der räum­li­chen und innen­ar­chi­tek­to­ni­schen Aus­ge­stal­tung abhängt. Ist sie zu gering, wird der Wis­sens- und Erfah­rungs­aus­tausch unnö­tig ein­ge­schränkt, und die Vor­tei­le der fle­xi­blen Arbeits­welt blei­ben unge­nutzt. „Die Durch­läs­sig­keit darf aber auch nicht zu groß sein, andern­falls lei­det das Ver­trau­en der Nut­zen­den unter­ein­an­der, weil der Ein­druck wech­sel­sei­ti­ger Kon­trol­le ent­steht“, sagt Bouncken.

Im Ein­zel­nen las­sen sich drei Grup­pen von Nutzer*innen unter­schei­den: „Uti­li­zer“ nut­zen Cowor­king Spaces haupt­säch­lich des­halb, weil sie hier best­mög­li­che Vor­aus­set­zun­gen für die Errei­chung eige­ner beruf­li­cher Zie­le vor­fin­den. Für die „Lear­ner“ hin­ge­gen ste­hen der Wis­sens­zu­wachs und die Hori­zont­er­wei­te­rung im Vor­der­grund, die sich aus dem Aus­tausch mit den Mit­glie­dern ande­rer Arbeits­grup­pen erge­ben. „Socia­li­zer“ bevor­zu­gen Cowor­king Spaces vor allem des­halb, weil sie der Ver­ein­sa­mung ent­ge­hen und die eige­ne Arbeit mit sozia­len Kon­tak­ten ver­bin­den wollen.

Cha­rak­te­ri­stisch für Cowor­king Spaces ist das Prin­zip der „Sozio­ma­te­ria­li­tät“: Sozia­le Fak­to­ren wie Ver­trau­en und Team­be­wusst­sein und mate­ri­el­le Ele­men­te – bei­spiels­wei­se Gemein­schafts­kü­chen, Tele­fon­bo­xen, Stil­l­ar­beits­räu­me oder Ent­span­nungs­ecken – sind in vie­ler Hin­sicht auf­ein­an­der bezo­gen und kön­nen in die­ser Wech­sel­wir­kung das Wohl­be­fin­den und die Moti­va­ti­on der Nutzer*innen stei­gern. Das Pro­jekt kommt zu dem Ergeb­nis, dass sich ver­schie­de­ne Arten von Cowor­king-Spaces her­aus­ge­bil­det haben: „Cor­po­ra­te Cowor­king-Spaces“ sind Ein­rich­tun­gen eta­blier­ter Unter­neh­men, die ent­we­der nur der eige­nen Beleg­schaft zur Ver­fü­gung ste­hen oder dar­über hin­aus gegen Bezah­lung auch von exter­nen Teams genutzt wer­den kön­nen. „Con­sul­tan­cy Cowor­king-Spaces“ sind gebüh­ren­pflich­ti­ge Arbeits­um­ge­bun­gen, die Bera­tungs­fir­men ihren Kun­den anbie­ten. „Inde­pen­dent Cowor­king-Spaces“ zeich­nen sich wie­der­um dadurch aus, dass sie belie­bi­gen Nutzer*innen offen­ste­hen, die einen Mit­glieds­bei­trag an die Betrei­ber­fir­ma entrichten.

Koope­ra­tio­nen und Forschungsförderung

Das Pro­jekt Hier­da star­te­te im April 2017 und konn­te Ende 2020 mit einer Rei­he von Ver­öf­fent­li­chun­gen in Fach­zeit­schrif­ten abge­schlos­sen wer­den. Betei­ligt waren die Lehr­stüh­le für Stra­te­gi­sches Manage­ment und Orga­ni­sa­ti­on sowie für Mar­ke­ting und Inno­va­ti­on an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth sowie die Wite­no GmbH mit Sitz in Greifs­wald. Orga­ni­sa­to­risch beglei­tet wur­den die For­schungs­ar­bei­ten vom Pro­jekt­trä­ger Karls­ru­he (PTKA) am Karls­ru­her Insti­tut für Tech­no­lo­gie (KIT). Dem­nächst steht der Trans­fer der For­schungs­er­geb­nis­se in die Pra­xis an: Hier­für wer­den künf­tig das Modell eines Cowor­king Space an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, der „Mini-Digi­tal Dia­lo­gue Hub“, genutzt und eben­so ein rund 8.000 Qua­drat­me­ter gro­ßer Cowor­king-Space in Greifs­wald, der sich zur­zeit noch im Auf­bau befindet.