BN im Land­kreis Forch­heim: „Kanu­fah­ren auf der Wie­sent – Behör­den auf Tauchstation“

Kanu-Gruppe auf der Wiesent bei Ebermannstadt. Foto: Alex Dittrich
Kanu-Gruppe auf der Wiesent bei Ebermannstadt. Foto: Alex Dittrich / Der Neue Wiesentbote

Bund Natur­schutz for­dert ein Ende der Geheim­nis­krä­me­rei und eine umfas­sen­de Beteiligung

Das Jahr 2020 war für das Öko­sy­stem der Wie­sent in der Frän­ki­schen Schweiz wie­der kein gutes Jahr. Ein erhöh­ter Frei­zeit­druck in Kom­bi­na­ti­on mit einem wei­te­ren sehr nie­der­schlags­ar­men Jahr hat den Druck auf den Lebens­raum Wie­sent wei­ter verstärkt.

Der BUND Natur­schutz hat­te in den letz­ten Jah­ren mehr­fach dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sich der Zustand des Gewäs­sers und der euro­pä­isch geschütz­ten Lebens­räu­me ver­schlech­tert hat. Die zustän­di­gen Behör­den im Land­rats­amt Forch­heim han­del­ten aber erst, nach­dem auf die Lage vor Ort öffent­lich auf­merk­sam gemacht und das Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth ein­ge­schal­tet wor­den war.

Kurz vor Weih­nach­ten 2020 hat­te die Behör­de einen Zwi­schen­stand­be­richt vor­ge­stellt, er unter­mau­ert die bis­he­ri­gen Beob­ach­tun­gen des BN.

„Aktu­ell kehrt das Land­rats­amt aber lei­der wie­der zur Heim­lich­tue­rei zurück“, so der Kreis­vor­sit­zen­de Dr. Ulrich Buch­holz vom BUND Natur­schutz in Forch­heim. „Wir wol­len die Ergeb­nis­se end­lich ein­se­hen kön­nen, das wird uns aber wie­der ver­wehrt. Wir for­dern daher das Land­rats­amt Forch­heim auf, hier Trans­pa­renz und Offen­heit zu zei­gen. Im Grun­de genom­men geht es um die Grund­la­gen für eine wei­te­re Betriebs­er­laub­nis für die Kanu-Ver­lei­her, die im öffent­li­chen Raum ihr Gewer­be betrei­ben wol­len“, so Buchholz.

„Auch immer mehr Anrai­ner und Fisch­was­ser­be­sit­zer sind mit der Dau­er­be­la­stung auf der Wie­sent nicht mehr ein­ver­stan­den. Sie wen­den sich an den BN und wol­len wis­sen, wie die Wie­sent bes­ser geschützt wer­den kann“, so Chri­sti­an Kiehr, der Vor­sit­zen­de der Orts­grup­pe Ebermannstadt-Wiesenttal.

Hin­ter­grund

Das Land­rats­amt Forch­heim hat­te 2018 eine Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung erteilt, die den Kanu­ver­lei­hern den Ver­leih trotz feh­len­der EU-Ver­träg­lich­keits­prü­fung geneh­migt hat­te. Weil das Land­rats­amt trotz Auf­for­de­run­gen des BN, die Schä­di­gun­gen an der Wie­sent zu been­den, nicht tätig wur­de, sah sich der BUND Natur­schutz gezwun­gen, recht­li­che Schrit­te gegen die anhal­ten­de Beein­träch­ti­gung der Vogel­le­bens­räu­me, der Unter­was­ser­ve­ge­ta­ti­on und der Fisch­fau­na ein­zu­lei­ten. Im Jahr 2019 wur­de Kla­ge gegen die Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung beim Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth ein­ge­reicht. Im Zuge eines Erör­te­rungs­ter­mins unter­stri­chen die Rich­ter am Ver­wal­tungs­ge­richt Bay­reuth die Not­wen­dig­keit, für eine wei­te­re Ver­län­ge­rung der Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung ein Ver­träg­lich­keits­gut­ach­ten von den Gewer­be­trei­ben­den ein­zu­for­dern. Der BUND Natur­schutz sei dar­über hin­aus vom Land­rats­amt Forch­heim im Rah­men der Ver­träg­lich­keits­un­ter­su­chung über wich­ti­ge Ergeb­nis­se zu infor­mie­ren und ent­spre­chend zu beteiligen.

Vor­stel­lung der Zwi­schen­er­geb­nis­se mit Pannen

Am 9.12.2020 wur­de vom Land­rats­amt Forch­heim der Ver­such unter­nom­men, alle Betei­lig­ten im Rah­men eines Zwi­schen­stand­be­rich­tes über die bis­he­ri­gen Kennt­nis­se in einer nicht­öf­fent­li­chen Sit­zung zu infor­mie­ren. Der Zwi­schen­stand­be­richt von zwei Gut­ach­ter­bü­ros beschäf­tig­te sich mit den Aus­wir­kun­gen des gewerb­li­chen Boots­ver­kehrs auf die Vogel- und Unterwasserpopulationen.

Coro­nabe­dingt wur­de die Mög­lich­keit ange­bo­ten, online an der Sit­zung teil­zu­neh­men. Dazu waren u. a. Anlie­ger an der Wie­sent, Fisch­was­ser­be­sit­zer, Behör­den­ver­tre­ter, Boots­ver­lei­her und Ver­tre­ter der Kom­mu­nen gela­den. Aus der Sicht des BUND Natur­schutz sorg­ten zahl­rei­che tech­ni­sche Pro­ble­me aber für eine äußerst man­gel­haf­te Infor­ma­ti­ons­über­tra­gung, die vor­ge­stell­ten Unter­la­gen waren nicht erkenn­bar, Fra­gen wur­den nicht beantwortet.

Der BUND Natur­schutz for­der­te das Land­rats­amt Forch­heim am 11.11.2020 und noch­mals 14.1.2021 schrift­lich auf, die Ergeb­nis­se des Zwi­schen­stand­be­rich­tes dem Natur­schutz­ver­band zur inter­nen Ver­wen­dung zu über­las­sen. Dies wur­de u. a. auch vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt im Jahr 2019 so ver­ein­bart. Trotz schrift­li­cher Anfra­ge und Bit­te, war­tet der BUND Natur­schutz bis­her auf eine posi­ti­ve Reaktion.

Zeit drängt

Dabei drängt die Zeit, denn die Kanu­ver­lei­her wol­len wis­sen, ob und wann und unter wel­chen Auf­la­gen sie wie­der Kanus ver­lei­hen dür­fen. Der BN befürch­tet, dass das Land­rats­amt die dafür nöti­ge Schiff­fahrts­ge­neh­mi­gung in einer Nacht- und Nebel­ak­ti­on erlässt und wie­der Fak­ten schafft, ohne dass die – gericht­lich ver­füg­te – Betei­li­gung des BN erfolgt ist.

EU-Schutz­ge­bie­te

Das Fluss­sy­stem Wie­sent ist Bestand­teil des euro­päi­schen Natu­ra-2000-Schutz­ge­biets „Wie­sent­tal mit Sei­ten­tä­lern“ Nr. 6233–371 sowie des Vogel­schutz­ge­biets Nr. 6233–471. Im zuge­hö­ri­gen Manage­ment­plan steht: „Als eine der belieb­te­sten Frei­zeit­re­gio­nen Nord­bay­erns sieht sich der Natur­raum der Frän­ki­schen Schweiz einem enor­men Druck sei­tens der Heer­scha­ren von Besu­chern aus­ge­setzt. Klet­te­rer, Moun­tain­bi­ker, Kanu­fah­rer, Wan­de­rer etc. drin­gen in sen­si­ble Lebens­räu­me ein und stö­ren und gefähr­den die hei­mi­sche Tier- und Pflan­zen­welt durch mecha­ni­sche Beein­träch­ti­gun­gen, Ver­mül­lung und Lärm­emis­sio­nen. …“ (aus: Gebiets­be­zo­ge­ne Zusam­men­fas­sung, Abschnitt 5.4).

Eine Kar­tie­rung im Auf­trag des Land­rats­am­tes Forch­heim im Jah­re 2018 hat erge­ben, dass der frü­her an der Wie­sent typi­sche Bewoh­ner Eis­vo­gel kaum noch anzu­tref­fen ist, der Zwerg­tau­cher fehlt inzwi­schen. Gera­de sol­che Schät­ze der Natur stel­len aber wert­ge­ben­de Fak­to­ren der Land­schaft dar. Ein Gut­ach­ten des Insti­tut für Vege­ta­ti­ons­kun­de und Land­schafts­öko­lo­gie Hem­ho­fen, erstellt im Auf­trag des Land­rats­am­tes, kon­sta­tiert einen schlech­ten Zustand der Unter­was­ser­ve­ge­ta­ti­on, u. a. ver­ur­sacht durch stän­di­ge Stö­run­gen durch Paddelschlag.

Unter­stützt wird der BUND Natur­schutz in sei­nem Vor­ge­hen vom Baye­ri­schen Kanu­ver­band (BKV) und vom Lan­des­bund für Vogel­schutz (LBV).