Forch­hei­mer Rechts­an­walt: „Baye­ri­scher Ver­wal­tungs­ge­richts­hof lehnt Eil­an­trag zu FFP2-Mas­ken­pflicht ohne nach­voll­zieh­ba­re Begrün­dung ab“

Symbolbild Justiz

Auch euro­päi­sche Gesund­heits­be­hör­de spricht sich nicht für All­tags­ge­brauch von FFP2-Mas­ken aus

Nach der Ent­schei­dung des BayVGH vom 26.01.21 (20 NE 21.171) war es zu erwar­ten: Der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat auch den Eil­an­trag von Hel­mut Schleich, ein­ge­reicht von der Forch­hei­mer Kanz­lei Böge­lein und Dr. Axmann, (Az 20 NE 21.195) mit Beschluss vom 02.02.21 abge­lehnt. Die Beschluss­grün­de ent­hal­ten in bei­den Ver­fah­ren jedoch lücken­haf­te und wider­sprüch­li­che Begrün­dun­gen. Dar­in sind sich Klä­ger Schleich und Rechts­an­walt Böge­lein einig.

Der bekann­te Kaba­ret­tist Schleich erklärt hier­zu: „Die Ent­schei­dung des Gerichts ist bedau­er­lich, zumal wir sehr gute Argu­men­te und stich­hal­ti­ge Bele­ge vor­ge­legt hat­ten. Wenn Medi­zi­ner und Gesund­heits­be­hör­den von einer Nut­zung der FFP2 Mas­ken im All­tag abra­ten, war­um sind sie dann in Bay­ern – und nur hier- Pflicht? Ich jeden­falls sehe beim Ein­kauf nur sehr weni­ge Men­schen, die die Din­ger rich­tig ein­set­zen. Wie auch? Sie sind für den All­tag schlicht­weg nicht gemacht.“ Der­weil ist nach Recher­chen der dpa bekannt gewor­den, dass selbst die euro­päi­sche Gesund­heits­be­hör­de sich gegen eine Emp­feh­lung von FFP2-Mas­ken aus­spricht. Nach Anga­ben der Behör­de spre­chen auch Kosten und mög­li­che Nach­tei­le gegen eine Emp­feh­lung, in der Öffent­lich­keit FFP2-Mas­ken anstel­le von ande­ren Mas­ken zu tragen.

Sein Anwalt Böge­lein ergänzt zur Ableh­nung des Eil­an­tra­ges: „Es ist schlicht­weg nicht nach­voll­zieh­bar, dass die Lan­des­an­walt­schaft und letzt­lich auch der BayVGH den Bür­gern ele­men­ta­re Grund­rech­te, wie das Grund­recht auf kör­per­li­che Unver­sehrt­heit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, wel­ches den Arbeit­neh­mern im Ver­hält­nis zum Arbeit­ge­ber aus­drück­lich zuge­stan­den wird, lapi­dar in einem Neben­satz abspricht. Der Beschluss des BayVGH hin­ter­lässt bei mir ein Gefühl der Fassungslosigkeit.“

Ins­be­son­de­re die Beschluss­be­grün­dung zu § 28 Abs. 1, § 28 a Abs. 1 Num­mer 2 Infek­ti­ons­schutz­ge­setz (kurz IfSG) erweist sich nach Ansicht der Rechts­an­wäl­te als nicht halt­bar. So wird im Beschluss aus­ge­führt, dass nach der Geset­zes­be­grün­dung unter Ver­weis auf die Ver­öf­fent­li­chun­gen des RKI, auch FFP2 Mas­ken grund­sätz­lich zur Infek­ti­ons­be­kämp­fung ein­ge­setzt wer­den kön­nen. Ver­meint­lich wur­den vom Gesetz­ge­ber neben den Com­mu­ni­ty- Mas­ken und medi­zi­ni­schen Mas­ken auch FFP‑2 Mas­ken als geeig­net genannt, was sich jedoch nicht nach­voll­zie­hen lässt.

Die vom Senat ange­führ­te Geset­zes­be­grün­dung ent­hält schon nicht mehr aktu­el­le Ver­lin­kung auf Doku­men­te des RKI und der WHO. Das heißt der Link exi­stiert nicht mehr. Dar­über hin­aus haben die Rechts­an­wäl­te in der Antrags­schrift gera­de auf die kon­kre­te Unter­schei­dung zwi­schen einer All­tags­mas­ke bzw. medi­zi­ni­scher Mas­ke und einer FFP2- Mas­ke aus­drück­lich hingewiesen.

Die IfSG ermäch­tigt den Ver­ord­nungs­ge­ber ledig­lich zur Anord­nung einer Mund-Nasen-Bedeckung und gera­de nicht von FFP2-Mas­ken, die als per­sön­li­che Schutz­aus­rü­stung gelten.

Es ist daher als sehr bedenk­lich zu beur­tei­len, wenn sich der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zur Begrün­dung des Beschlus­ses auf einer­seits nicht mehr exi­sten­te und ande­rer­seits dem Beschluss­grün­den wider­spre­chen­de Ein­ord­nung des Gesetz­ge­bers beruft. Der BayVGH hat­te sich im Beschluss offen­sicht­lich gar nicht mit den Argu­men­ten der Rechts­an­wäl­te auseinandergesetzt.

Als gera­de­zu gro­tesk erach­tet Rechts­an­walt Böge­lein dar­über hin­aus auch die Beschluss­grün­de und vor­he­ri­gen Aus­füh­run­gen der Lan­des­an­walt­schaft in der Antrags­er­wi­de­rung in Bezug auf die Ver­let­zung des Rech­tes auf kör­per­li­che Unver­sehrt­heit nach Art. 2 GG.

Obwohl dies im Arbeits­schutz anders gere­gelt ist, muss nach Ent­schei­dung des BayVGH bei der Anord­nung der FFP2- Mas­ken­pflicht kei­ne medi­zi­ni­sche Vor­un­ter­su­chung und Beleh­rung statt­fin­den. Den Bürger*innen wer­den daher im Ver­hält­nis zum Staat offen­sicht­lich grund­le­gen­de Rech­te zur Wah­rung der kör­per­li­chen Unver­sehrt­heit abge­spro­chen, was die Lan­des­an­walt­schaft in der Antrags­er­wi­de­rung wie folgt begrün­det hat:

„(…) Dies gilt auch für das Erfor­der­nis einer vor­he­ri­gen arbeits­me­di­zi­ni­schen Unter­su­chung. Die­se dient im betrieb­li­chen Mit­ein­an­der ver­schie­de­nen Zwecken, u.a. der Beweis­si­che­rung, aber auch der Wah­rung der Rech­te des Arbeit­neh­mers durch eine auch vom Arbeit­ge­ber aner­kann­te Instanz. Des­sen bedarf es vor­lie­gend schlicht nicht. Der Bür­ger steht dem Staat nicht im Ver­hält­nis wie ein Arbeit­neh­mer sei­nen Arbeit­ge­ber gegenüber (…)”.

„Eine Begrün­dung für die­se gera­de­zu gro­tes­ke The­se lie­fert jedoch weder der BayVGH noch die Lan­des­an­walt­schaft. Das ist dann wirk­lich der Gip­fel und nicht mehr nach­voll­zieh­bar“, erläu­tert RA Bögelein.