Stu­die an der Hoch­schu­le Hof: „New Work“ – Coro­na wirkt bei Unter­neh­men als Tur­bo­be­schleu­ni­ger für Entscheidungen

Hochschule Hof
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Die Arbeits­welt ver­än­dert sich in Deutsch­land der­zeit dank der Coro­na-Pan­de­mie in nie gekann­ter Geschwin­dig­keit und lan­ge ver­schlepp­te Pro­jek­te wer­den umge­setzt. Dies ist das Ergeb­nis einer vom Euro­päi­schen Manage­ment Insti­tut an der Hoch­schu­le Hof (emi e.V.) durch­ge­führ­ten Stu­die in Zusam­men­ar­beit mit über 50 Unter­neh­men aus dem gesam­ten Bun­des­ge­biet. Wäh­rend es aus wirt­schaft­li­cher Sicht und je nach Wirt­schafts­sek­tor Gewin­ner und Ver­lie­rer der Kri­se gibt, so wirkt die Pan­de­mie bei annä­hernd allen Unter­neh­men wie ein Ent­schei­dungs­be­schleu­ni­ger. Dies brin­ge zahl­rei­che, von den Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen als sehr posi­tiv ein­ge­schätz­te Ver­än­de­run­gen in der Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on sowie der Arbeits­zeit­ge­stal­tung in Gang, so die Untersuchung.

Covid-19 traf Deutsch­land weit­ge­hend unvor­be­rei­tet. „Wäh­rend die Bun­des­re­gie­rung bemüht war, durch zum Teil dra­sti­sche Maß­nah­men die Pan­de­mie ein­zu­däm­men, sahen sich die Unter­neh­men mit zahl­rei­chen Her­aus­for­de­run­gen wie der Auf­recht­erhal­tung ihrer Lie­fer­ket­ten und ihrer eige­nen Pro­duk­ti­on, der Sicher­stel­lung ihres Absat­zes sowie eini­gen grund­le­gen­den Ver­än­de­run­gen in ihrer Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on kon­fron­tiert“, so Prof. Dr. Ste­fan Weng­ler, Pro­fes­sor für Mar­ke­ting und Tech­ni­schen Ver­trieb an der Hoch­schu­le Hof.

Qua­li­ta­ti­ve Unternehmensbefragung

Zusam­men mit sei­nem Kol­le­gen Prof. Dr. Joa­chim Riedl, Lei­ter des Stu­di­en­gangs Mar­ke­ting Manage­ment, hat er in einer umfas­sen­den Stu­die nun unter­sucht, wel­che Fol­gen das COVID-19-Virus auf die deut­sche Arbeits­rea­li­tät hat. Ziel der Unter­su­chung war es, Daten zu lie­fern, um die mit­tel- bis lang­fri­sti­gen öko­no­mi­schen Aus­wir­kun­gen der Pan­de­mie bes­ser abschät­zen zu kön­nen – ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Gestal­tung zukünf­ti­ger Arbeits­pro­zes­se. Hier­für wur­den Per­so­nal­ver­ant­wort­li­che aus 52 mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men unter­schied­li­cher Bran­chen in Tie­fen­in­ter­views nach ihren Erfah­run­gen befragt.

Inter­ak­ti­ons­pro­zes­se ändern sich nachhaltig

Das wich­ti­ges Ergeb­nis dabei: Auch wenn anfangs der Fokus der Unter­neh­mens­füh­run­gen auf der Sicher­stel­lung von Lie­fer­ket­te und der Gewähr­lei­stung der Pro­duk­ti­on lagen, so wer­den lang­fri­stig vor allem die inter­nen und exter­nen Inter­ak­ti­ons­pro­zes­se sehr viel stär­ker von den Fol­gen der Coro­na-Pan­de­mie betrof­fen sein und sich ver­än­dern: „Die tra­di­tio­nell orga­ni­sier­ten Arbeits­pro­zes­se wur­den von einem auf den ande­ren Tag auf­ge­bro­chen und ins Home­of­fice ver­la­gert. Die Mit­ar­bei­ter muss­ten ler­nen, sich selb­stän­dig und neu zu orga­ni­sie­ren. Der Umfang der not­wen­di­gen Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Mit­ar­bei­tern wur­de fast täg­lich neu in Fra­ge gestellt und auf­grund der ört­li­chen Gege­ben­hei­ten erschwert. Und auch die Kun­den­kom­mu­ni­ka­ti­on und Kun­den­in­ter­ak­ti­on muss­ten neu gedacht wer­den. Zudem wur­den natür­lich die IT-Syste­me der Unter­neh­men einem ech­ten Här­te­test unter­zo­gen“, so die bei­den Forscher.

Kri­se als Zeit­punkt für Veränderung

Am mei­sten macht den Unter­neh­men laut der Befra­gung die Unsi­cher­heit der Geschäfts­aus­sich­ten bzw. der zukünf­ti­gen Geschäfts­ent­wick­lung zu schaf­fen. Die gerin­ge Plan­bar­keit, das unvor­her­seh­ba­re Kun­den­ver­hal­ten sowie die Angst vor wei­te­ren und lan­gen Lock­downs wer­den als wesent­li­che Her­aus­for­de­run­gen benannt.

Aller­dings – und das ist die posi­ti­ve Erkennt­nis – wur­den nach Aus­sa­gen der Unter­neh­men wäh­rend der Pan­de­mie vie­le grund­sätz­li­che Wei­chen­stel­lun­gen getrof­fen, da das Manage­ment zahl­rei­cher Unter­neh­men die Coro­na-Pan­de­mie als den geeig­ne­ten Zeit­punkt hier­für ansah. „Die Pan­de­mie wird dem­nach von vie­len Ent­schei­dern als ech­ter Beschleu­ni­ger von Ent­schei­dungs­pro­zes­sen gese­hen. Die befrag­ten Per­so­nal­ma­na­ger waren zwar stark mit orga­ni­sa­to­ri­schen Auf­ga­ben bela­stet, fin­den es aber ande­rer­seits sehr erfreu­lich, dass die seit lan­gem in der Schub­la­de lie­gen­den Kon­zep­te zur Fle­xi­bi­li­sie­rung von Arbeits­pro­zes­sen und Arbeits­zeit an Aktua­li­tät gewon­nen haben. Gene­rell wird in die­sem Zusam­men­hang auch die Digi­ta­li­sie­rung für per­so­nal­re­le­van­te Pro­zes­se als vor­teil­haft gese­hen“, so Prof. Dr. Joa­chim Riedl.

Anteil an Home­of­fice wächst rapide

Mit der mas­sen­haf­ten Umstel­lung auf das Home-Office und das mobi­le Arbei­ten betra­ten vie­le Unter­neh­men Neu­land. Waren vor der Pan­de­mie im Mit­tel nur 8,5% der Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer von zuhau­se aus tätig, so wuchs die­ser Anteil durch das Virus im Mit­tel auf 38%, wobei es nun auch Unter­neh­men gibt, die zu 100% von zuhau­se aus arbei­ten las­sen. Wäh­rend der Fokus anfangs auf der rein tech­ni­schen Umstel­lung lag, die vie­le Unter­neh­men unver­mit­telt traf, erkann­ten die Teil­neh­mer der Stu­die ande­re Her­aus­for­de­run­gen als noch gra­vie­ren­der: Die eige­nen Mit­ar­bei­ter muss­ten von einen auf den ande­ren Tag ihren Arbeits­all­tag zu Hau­se selbst gestal­ten und ein­tei­len. Home-Office ist in vie­len Beru­fen – und bei all der im eige­nen Haus mög­li­chen Ablen­kun­gen – kein leich­tes Unter­fan­gen. Zudem muss­ten die Mit­ar­bei­ter ler­nen, mit einer ein­ge­schränk­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on und ande­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­len umzugehen.

Ver­trau­ens­ar­beits­zeit statt „Stem­peln“

Die Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen sehen dabei die Her­aus­for­de­rung, dass die Mit­ar­bei­ter trotz­dem lei­stungs­fä­hig blei­ben und den Ver­zicht auf sozia­le Kon­tak­te ver­ar­bei­ten. Gleich­zei­tig muss­ten die Vor­ge­setz­ten ler­nen, dass die klas­si­sche Stun­den­er­fas­sung obso­let wird und man sich schon zwangs­läu­fig in Rich­tung einer Ver­trau­ens­ar­beits­zeit ent­wickeln muss. Der Zugriff auf die eige­nen Mit­ar­bei­ter war dem­nach nicht mehr so unmit­tel­bar wie zuvor, was im Ein­zel­fall zu erheb­li­chen Ein­schrän­kun­gen in der Abar­bei­tung bestimm­ter Auf­ga­ben füh­ren kann.

Ins­ge­samt aber wer­de die neue Arbeits­rea­li­tät, das „New Work“, Ein­gang in die künf­ti­ge Nor­ma­li­tät fin­den, so sind sich die Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen der Wirt­schaft sicher. „Zwar blei­ben bis zu einer end­gül­ti­gen und nach­hal­ti­gen Umstel­lung in den kom­men­den Jah­ren noch vie­le orga­ni­sa­to­ri­sche, tech­ni­sche und vor allem auch manage­ment­be­zo­ge­ne Fra­ge­stel­lun­gen zu klä­ren. Aber den­noch wur­de durch COVID-19 ein epo­cha­ler Wan­del unse­rer Arbeits­kul­tur ein­ge­lei­tet, der unse­re Gesell­schaft in Zukunft mög­li­cher­wei­se kri­sen­si­che­rer und fle­xi­bler machen wird“, so Prof. Dr. Ste­fan Weng­ler abschließend.

Abruf­bar ist die Stu­die im Detail unter: https://​www​.accessmm​.com/​p​u​b​l​i​k​a​t​i​o​n​/​2​0​2​1​/​0​1​/​3​1​/​c​o​r​o​n​a​f​o​l​g​e​n​-​i​m​-​p​e​r​s​o​n​a​l​m​a​n​a​g​e​m​e​nt/