Bay­ern: Misteln – Drui­den­kraut und Vogelfutter

Mistelzweig©Michael Ban­ger­ter

Die Bäu­me haben ihr Laub ver­lo­ren, und in den kah­len Kro­nen sieht man jetzt grü­ne, rät­sel­haf­te Kugeln: Misteln. In der Weih­nachts­zeit wird die immer­grü­ne Pflan­ze ger­ne zur Deko­ra­ti­on ver­wen­det, aber auch in der Medi­zin fin­det sie erfolg­reich Anwen­dung. Für Vögel ist die Mistel eine wich­ti­ge Nah­rungs­quel­le in den Wintermonaten. 

In der grau­en Win­ter­zeit sind die immer­grü­nen Mistel­zwei­ge beson­ders für Deko­ra­ti­ons­zwecke beliebt. Im Haus auf­ge­hängt, sol­len sie nach alter Über­lie­fe­rung vor bösen Gei­stern und Feu­er schüt­zen. Einst gal­ten Misteln als Zei­chen der Göt­ter und Sym­bol von Weis­heit und Frieden.

Heu­te dür­fen Misteln für den Eigen­ge­brauch geschnit­ten wer­den. Der BUND Natur­schutz weist dar­auf hin, dass dies nur in klei­nen Men­gen und außer­halb von Schutz- und Pri­vat­flä­chen auf öffent­lich zugäng­li­chen Berei­chen gestat­tet ist. Der Baum darf dabei selbst­ver­ständ­lich nicht beschä­digt wer­den. Wer Misteln ver­kau­fen möch­te, benö­tigt eine Genehmigung.

Neben ihrer kul­tu­rel­len Bedeu­tung wer­den Misteln auch für ihre hei­len­de Wir­kung geschätzt und in der Medi­zin für alter­na­ti­ve und ergän­zen­de The­ra­pien ein­ge­setzt. Die Pflan­zen­in­halts­stof­fe, ins­be­son­de­re das Mistel­lek­tin und das Vis­co­to­xin, wir­ken posi­tiv auf das Immun­sy­stem und wer­den seit eini­gen Jah­ren in der Krebs­the­ra­pie ver­wen­det. 2003 wur­de die Mistel des­halb sogar zur Heil­pflan­ze des Jah­res gekürt.

Spek­ta­ku­lä­re Lebens­wei­se als „grü­ner Mitesser“ 

Misteln wach­sen mit ihren Wur­zeln auf Bäu­men und gel­ten als Halb­schma­rot­zer. Aber: „Ohne Baum kann die Mistel nicht über­le­ben. Aus die­sem Grund hat die bis zu 70 Jah­re alt wer­den­de Pflan­ze auch kein Inter­es­se dar­an, ihre Wir­te groß­flä­chig zu töten“, erklärt Erich Spran­ger, 2. Vor­sit­zen­der des BUND Natur­schutz Bam­berg. Die Mistel bohrt ihre Wur­zeln in die Lei­tungs­bah­nen der Bäu­me und ent­zieht ihnen so Was­ser und gelö­ste Nähr­sal­ze. Trotz­dem kann die Pflan­ze selbst Foto­syn­the­se betrei­ben und somit einen Teil ihrer Nah­rung her­stel­len. Mit zuneh­men­der Grö­ße und Alter ent­zieht die Mistel ihrer Wirts­pflan­ze immer mehr Nähr­stof­fe, so dass die Ast­be­rei­che ober­halb des Mistel­bu­sches nicht mehr aus­rei­chend ver­sorgt wer­den kön­nen und dürr werden.

Aus­brei­tung durch Vögel

Die sehr kleb­ri­gen, wei­ßen Mistel­bee­ren rei­fen im Win­ter und wer­den nahe­zu aus­schließ­lich durch Vögel wie zum Bei­spiel Mistel- und Wachol­der­dros­sel oder durch exo­ti­sche Win­ter­gä­ste wie den Sei­den­schwanz ver­brei­tet. Die nähr­stoff­rei­chen und süßen Bee­ren sind eine höchst attrak­ti­ve Win­ter­nah­rung für zahl­rei­che Vogel­ar­ten. Die Tie­re schlucken die Bee­ren im Gan­zen hin­un­ter, dadurch bleibt der Mistel­sa­men unver­letzt und wird im Vogel­kot wie­der aus­ge­schie­den. Bei man­chen Vogel­ar­ten, die nur das Frucht­fleisch fres­sen, bleibt der Samen am Schna­bel kle­ben. Durch Putz­ver­su­che gelangt er dann zufäl­lig an die Wirts­bäu­me und kann dort keimen.

Auf­fal­len­de Häu­fung von Misteln in Streuobstbeständen

Seit eini­gen Jah­ren ist ein ver­mehr­tes Auf­tre­ten der wär­me­lie­ben­den Mistel in Streu­obst­be­stän­den auch in der Regi­on Bam­berg erkenn­bar, was auf die Kli­ma­er­wär­mung zurück­ge­führt wird. Streu­obst­be­stän­de sind auf­grund ihrer Arten­viel­falt von hoher öko­lo­gi­scher Bedeu­tung. Das stel­len­wei­se mas­si­ve Auf­tre­ten von Misteln an alten Apfel­bäu­men ist in erster Linie die Fol­ge einer Über­al­te­rung der Obst­be­stän­de und feh­len­der Pfle­ge durch regel­mä­ßi­ge Obst­baum­schnit­te. Hin­ter­grund dafür ist der hohe Arbeits­auf­wand und das Weg­bre­chen von land­wirt­schaft­li­chen Betrie­ben und Obstbauern.

„Umso wich­ti­ger sind daher staat­li­che För­der­pro­gram­me für die arten­rei­chen Streu­obst­wie­sen, Neu­pflan­zun­gen jun­ger Bäu­me und enga­gier­te Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die sich für die land­schafts­prä­gen­den Obst­baum­be­stän­de ein­set­zen“, so Erich Spran­ger vom BUND Naturschutz.