Bay­reu­ther For­schungs­team: Hohe Drücke las­sen Was­ser­stoff-Vari­an­ten kollabieren 

Symbolbild Bildung

Was­ser­stoff exi­stiert als gas­för­mi­ge Ver­bin­dung zwei­er Was­ser­stoff-Ato­me (H2). Unter nor­ma­len Labor­be­din­gun­gen kommt H2 in den Vari­an­ten „Ortho­was­ser­stoff“ und „Para­was­ser­stoff“ vor. Bis­her war es eine offe­ne Fra­ge, wie sich die­se Vari­an­ten unter sehr hohen Drücken ver­hal­ten. Forscher*innen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth haben jetzt die Ant­wort gefun­den: Sowohl Ortho- als auch Para­was­ser­stoff wer­den unter hohen Drücken insta­bil und hören auf, als unter­scheid­ba­re Zustän­de zu exi­stie­ren. Die in „Natu­re Com­mu­ni­ca­ti­on“ vor­ge­stell­ten For­schungs­er­geb­nis­se erwei­tern das phy­si­ka­li­sche Ver­ständ­nis grund­le­gen­der quan­ten­me­cha­ni­scher Prozesse.

Die bei­den Zustän­de des mole­ku­la­ren Was­ser­stoffs, Ortho- und Para­was­ser­stoff, wer­den in der For­schung als Spin-Iso­me­re bezeich­net. Sie haben die glei­che che­mi­sche Struk­tur, unter­schei­den sich aber durch die Wei­se, wie sich die Ker­ne der in einem H2-Mole­kül ver­bun­de­nen „Zwil­lings-Ato­me“ hin­sicht­lich ihrer Dreh­im­pul­se zuein­an­der ver­hal­ten. Dar­aus erge­ben sich ver­schie­de­ne phy­si­ka­li­sche Eigen­schaf­ten der Spin-Iso­me­re, bei­spiels­wei­se Unter­schie­de hin­sicht­lich der elek­tri­schen und ther­mi­schen Leit­fä­hig­keit. Die Fra­ge, ob die Spin-Iso­me­re auch unter sehr hohen Drücken koexi­stie­ren, ist für die Pla­ne­ten­for­schung und auch für die Grund­la­gen der Quan­ten­me­cha­nik von gro­ßem Inter­es­se. Gas­rie­sen wie der Jupi­ter ent­hal­ten gro­ße Men­gen gas­för­mi­gen Was­ser­stoffs. In die­sen Pla­ne­ten sind die H2-Mole­kü­le einem Kom­pres­si­ons­druck aus­ge­setzt, der vie­le hun­dert Mal höher ist als in der Erdatmosphäre.

„Wür­den die bei­den Spin-Iso­me­re in Gas­rie­sen koexi­stie­ren und sich unge­fähr gleich­mä­ßig ver­tei­len, lie­ßen sich dar­aus wich­ti­ge Rück­schlüs­se auf die Magnet­fel­der die­ser Pla­ne­ten und deren Sta­bi­li­tät ablei­ten. Doch in unse­rer Stu­die ist uns jetzt erst­mals der Nach­weis gelun­gen, dass Ortho- und Para­was­ser­stoff durch der­art hohe Kom­pres­si­ons­drücke desta­bi­li­siert wer­den. Ihre jeweils cha­rak­te­ri­sti­schen Eigen­schaf­ten gehen bei rund 70 Giga­pas­cal ver­lo­ren. Die­ser Nach­weis kann unser Ver­ständ­nis quan­ten­me­cha­ni­scher Pro­zes­se erheb­lich erwei­tern“, sagt der Erst­au­tor und Phy­si­ker Dr. Tho­mas Mei­er von der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Bei der jetzt in „Natu­re Com­mu­ni­ca­ti­ons“ ver­öf­fent­lich­ten Stu­die haben zwei For­schungs­ein­rich­tun­gen der Uni­ver­si­tät Bay­reuth mit­ein­an­der koope­riert: das Labor für Kri­stal­lo­gra­phie und das Baye­ri­sche Geo­in­sti­tut (BGI). Ent­schei­dend für den Erfolg war ein Ver­fah­ren, das die geo- und mate­ri­al­wis­sen­schaft­li­che Hoch­druck­for­schung mit der Kern­spin­re­so­nanz­spek­tro­sko­pie (NMR) kom­bi­niert. Für die Ent­wick­lung die­ses Ver­fah­rens, die Hoch­druck-Kern­re­so­nanz­spek­tro­sko­pie, wur­de das BGI im Jahr 2018 als Gewin­ner des bun­des­wei­ten Wett­be­werbs „Aus­ge­zeich­ne­te Orte im Land der Ideen“ geehrt.

Ver­öf­fent­li­chung:

  1. Mei­er, D. Lani­el, M. Pena-Alva­rez, F. Try­bel, S. Khand­ark­hae­va, A. Krupp, J. Jacobs, N. Dubro­vins­ka­ia, L. Dubro­vin­sky: Nuclear spin cou­pling cross­over in den­se mole­cu­lar hydro­gen. Natu­re Com­mu­ni­ca­ti­ons (2020), 11, 1–7. DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-020–19927‑y