Barm­her­zi­ge Brü­der Grems­dorf schaf­fen bezahl­ba­ren Wohn­raum in Adelsdorf

Umzüge gelingen mit vereinten Kräften im Handumdrehen. Foto: Anna Krug
Umzüge gelingen mit vereinten Kräften im Handumdrehen. Foto: Anna Krug

„Hier kann ich selbst­stän­dig leben“ – Inklu­si­on in die Tat umgesetzt

Mit einem inno­va­ti­ven Neu­bau­pro­jekt schaf­fen die Barm­her­zi­gen Brü­der Grems­dorf in der Nach­bar­ge­mein­de Adels­dorf bezahl­ba­ren Wohn­raum für Men­schen mit nied­ri­gem Ein­kom­men. Bis zu 39 Per­so­nen mit und ohne Beein­träch­ti­gung wer­den in den 21 Woh­nun­gen gemein­sam unter einem Dach leben und damit den Inklu­si­ons­ge­dan­ken verwirklichen.

In der mit­tel­frän­ki­schen Ein­rich­tung für Men­schen mit Beein­träch­ti­gung bestand über Jah­re hin­weg für vie­le Kli­en­ten des Ambu­lant Beglei­te­ten Woh­nens (ABW) das Pro­blem, geeig­ne­ten Wohn­raum zu fin­den. In die­sem Teil­be­reich der Behin­der­ten­hil­fe wird die akti­ve und geleb­te Teil­ha­be am gesell­schaft­li­chen Leben wohl am kon­kre­te­sten for­ciert. Die Kli­en­ten leben in ihren eige­nen (Miet-)Wohnungen und haben stun­den­wei­se Anspruch auf Assi­stenz durch einen Lei­stungs­er­brin­ger. Bei­spiels­wei­se wer­den die Per­so­nen auf Wunsch bei Behör­den­gän­gen oder Arzt­be­su­chen beglei­tet oder in der Frei­zeit­ge­stal­tung unter­stützt. Auch die Hil­fe bei der Suche nach einer Woh­nung kann eine Lei­stung des ABW sein. Da sich dies jedoch zuneh­mend schwie­ri­ger gestal­te­te, muss­te eine neue Lösung gefun­den werden.

Und so über­zeug­te Gün­ther Allin­ger, Geschäfts­füh­rer der Grems­dor­fer Ein­rich­tung, die Trä­ger­ein­rich­tung der Barm­her­zi­gen Brü­der von sei­ner Idee, zu bau­en – und zwar sowohl für eige­ne Kli­en­ten als auch für Men­schen, die aus finan­zi­el­len Grün­den am hart umkämpf­ten Woh­nungs­markt oft­mals zu kurz kom­men. In Koope­ra­ti­on mit der Gemein­de Adels­dorf und des­sen Erstem Bür­ger­mei­ster, Kar­sten Fisch­kal, ent­stand die Visi­on, mit einem Mehr­fa­mi­li­en­haus sozi­al gemisch­te Bewoh­ner­struk­tu­ren und dadurch auch Syn­er­gie­ef­fek­te zu schaf­fen. Im besten Fall bil­de sich unter den Bewoh­nern eine Art Haus­ge­mein­schaft, sodass man gegen­sei­tig von­ein­an­der pro­fi­tie­re. Jeder kön­ne sich ent­spre­chend sei­ner Stär­ken ein­brin­gen, so der Geschäftsführer.

Auf einer Gesamt­wohn­flä­che von 1.200 Qua­drat­me­tern ent­stand dar­auf­hin wäh­rend der gut ein­ein­halb jäh­ri­gen Bau­zeit ein drei­tei­li­ger Gebäu­de­kom­plex in der Obe­ren Bach­gas­se in Adels­dorf. Die 21 Woh­nun­gen sind zwi­schen 38 und 87 Qua­drat­me­tern groß und mit­hil­fe eines Fahr­stuhls sowie über offe­ne Lau­ben­gän­ge bar­rie­re­frei erreich­bar. Archi­tekt Albert Kast­ner und tech­ni­scher Lei­ter Eric Nagl freu­en sich, dass die geplan­te Bau­zeit ter­min­ge­nau ein­ge­hal­ten wer­den konn­te. Denn Anfang Dezem­ber konn­ten nun die ersten Mie­ter ihre Apart­ments beziehen.

„Erst fiel der Abschied schwer, aber das hat sich schnell geän­dert. Seit der Schlüs­sel­über­ga­be über­wiegt die Freu­de und ich bin froh, jetzt selbst­stän­dig leben zu kön­nen“, sagt Chri­sti­an Ste­ger, der zuvor in der gemein­schaft­li­chen Wohn­form der Grems­dor­fer Ein­rich­tung gelebt hat­te. Die neue Wohn­si­tua­ti­on in Adels­dorf sei für ihn nicht nur ein gro­ßer Schritt in Rich­tung Selbst­stän­dig­keit, auch hofft er, dadurch sei­ne Bezie­hung zu festi­gen. Seit zwölf Jah­ren ist er mit sei­ner Part­ne­rin Pame­la Gür­tesch zusam­men. Bei­de leben nun in Adels­dorf, Tür an Tür, jeder in sei­ner eige­nen Woh­nung. „End­lich kön­nen wir uns jeden Tag“, freut sich Gürtesch.

Auch Alex­an­dra Stern gehört zu den neu­en Haus­be­woh­nern und strahlt beim Ein­rich­ten ihrer ersten eige­nen Woh­nung. „Anfangs habe ich mir das nicht zuge­traut, aber inzwi­schen glau­be ich, dass ich es schaf­fe. Die Mit­ar­bei­ter haben mich bestärkt und sind für mich da, wenn ich Unter­stüt­zung brau­che“, erklärt die 28-Jährige.

Die Lei­te­rin des Ambu­lant Beglei­te­ten Woh­nens, Romi­na Rath­ge­ber, zeig­te sich eben­falls sehr zufrie­den: „Die Umzü­ge haben rei­bungs­los funk­tio­niert.“ Sie und ihr Team hat­ten in den Wochen und Mona­ten zuvor alles genau mit den Kli­en­ten und deren Betreu­ern geplant, um den Neu­be­ginn für alle Betei­lig­ten best­mög­lich zu gestalten.

Mit der Idee eines inklu­si­ven Wohn­hau­ses hat der Grems­dor­fer Ein­rich­tungs­lei­ter voll ins Schwar­ze getrof­fen. „Die Nach­fra­ge war enorm“, so Allin­ger. Bereits kurz nach Bekannt­wer­den des Pro­jekts tra­fen die ersten Anfra­gen und Bewer­bun­gen ein.

In die Gesamt­bau­sum­me von 4,1 Mil­lio­nen Euro brach­ten sich die Barm­her­zi­gen Brü­der als Bau­herr mit 1,6 Mil­lio­nen Euro ein, der Rest wur­de gemäß dem Wohn­raum­för­de­rungs­ge­setz über staat­li­che Zuschüs­se sub­ven­tio­niert. Ver­mie­ter, die eine der­ar­ti­ge För­de­rung erhal­ten, ver­pflich­ten sich im Gegen­zug, ihre Woh­nun­gen deut­lich gün­sti­ger anzu­bie­ten, als sie es eigent­lich könn­ten. Außer­dem dür­fen die­se Woh­nun­gen nur an Miet­in­ter­es­sen­ten mit Woh­nungs­be­rech­ti­gungs­schein ver­mie­tet wer­den. Ein sol­cher wird vom jeweils zustän­di­gen Woh­nungs- oder Bezirks­amt aus­ge­stellt. Nur wer nach­wei­sen kann, dass sein Haus­halts­ein­kom­men unter einer vor­ge­schrie­be­nen Höchst­gren­ze liegt, erhält einen Woh­nungs­be­rech­ti­gungs­schein und kann sich damit für eine der Woh­nun­gen bewer­ben. Um den Zuschlag zu erhal­ten, müs­sen die Ein­kom­mens­stu­fe sowie Per­so­nen­an­zahl und Grö­ße der jewei­li­gen Woh­nung zuein­an­der pas­sen. Für die Umset­zung war daher eini­ges an Büro­kra­tie erfor­der­lich, die für den Erst­be­zug über­wie­gend durch die Ver­wal­tung der Barm­her­zi­gen Brü­der Grems­dorf abge­wickelt wur­de. Künf­tig wird dies die Bam­ber­ger Joseph-Stif­tung über­neh­men, die eben­so mit den Auf­ga­ben der Haus­ver­wal­tung betraut ist.

Eine offi­zi­el­le Ein­wei­hungs­ver­an­stal­tung wird es auf­grund der pan­de­mi­schen Umstän­de vor­erst nicht geben, jedoch soll die­se zu gege­be­ner Zeit nach­ge­holt werden.

Alex­an­dra Stern und ihre neu­en Nach­barn freu­en sich nun erst ein­mal, sich in den näch­sten Tagen häus­lich ein­zu­rich­ten. „Jetzt kön­nen wir rich­tig durchstarten!“

Anna Krug