NGG Ober­fran­ken: „Digi­ta­li­sie­rung gefähr­det Tau­sen­de Jobs im Kreis Kulmbach“

Schaltraum statt Fließband: In Fabriken – wie hier der Lebensmittelindustrie – übernehmen Computer immer mehr Arbeiten. Aber durch die Digitalisierung entstehen auch neue Arbeitsplätze, sagt die Gewerkschaft NGG – wenn Firmen rechtzeitig auf die Qualifizierung der Beschäftigten setzen. Foto: NGG
Schaltraum statt Fließband: In Fabriken – wie hier der Lebensmittelindustrie – übernehmen Computer immer mehr Arbeiten. Aber durch die Digitalisierung entstehen auch neue Arbeitsplätze, sagt die Gewerkschaft NGG – wenn Firmen rechtzeitig auf die Qualifizierung der Beschäftigten setzen. Foto: NGG

NGG for­dert „Qua­li­fi­zie­rungs­of­fen­si­ve“ für Beschäf­tig­te – 28 Pro­zent der Jobs im Kreis Kulm­bach von Digi­ta­li­sie­rung betroffen

Wenn der Kol­le­ge Com­pu­ter über­nimmt: Der digi­ta­le Umbruch in der Arbeits­welt könn­te im Land­kreis Kulm­bach Tau­sen­de Jobs kosten. Davor warnt die Gewerk­schaft NGG und ver­weist auf eine Regio­nal­stu­die des Insti­tuts für Arbeits­markt- und Berufs­for­schung (IAB). Danach sind im Kreis Kulm­bach 28 Pro­zent aller sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Arbeits­plät­ze in hohem Maße durch die Digi­ta­li­sie­rung bedroht. Bei die­sen Stel­len könn­ten bereits heu­te min­de­stens 70 Pro­zent aller Tätig­kei­ten von com­pu­ter­ge­steu­er­ten Maschi­nen erle­digt wer­den. Grund­sätz­lich kön­ne die Digi­ta­li­sie­rung jedoch sowohl zur Auf­wer­tung von Beru­fen füh­ren als auch zu deren Abbau, so die Forscher.

Die NGG spricht von „alar­mie­ren­den Zah­len“, warnt jedoch vor „Schwarz­ma­le­rei“: „Vom Home­of­fice bis zur Video­kon­fe­renz: Coro­na hat dem digi­ta­len Wan­del der Arbeits­welt einen zusätz­li­chen Schub gege­ben. Ob Com­pu­ter tat­säch­lich so vie­le Jobs erset­zen, das liegt auch an den Unter­neh­men und den Beschäf­tig­ten. Dort, wo Mit­ar­bei­ter für die digi­ta­le Zukunft fit gemacht wer­den, kann die Indu­strie 4.0 eine gro­ße Chan­ce sein“, sagt Micha­el Grundl, Geschäfts­füh­rer der NGG Oberfranken.

Bis­her nur weni­ge För­de­run­gen nach Qua­li­fi­zie­rungs­chan­cen­ge­setz in Bayern

Die Gewerk­schaft appel­liert an die Unter­neh­men in der Regi­on, die Coro­na-Zeit für die Wei­ter­bil­dung der Beschäf­tig­ten zu nut­zen. Der „Lock­down light“ im Novem­ber bie­te vie­len Kurz­ar­bei­ten­den die Chan­ce für eine Fort­bil­dung. Immer­hin flie­ßen hier hohe staat­li­che Zuschüs­se. 2019 hat­te die Bun­des­re­gie­rung das Qua­li­fi­zie­rungs­chan­cen­ge­setz ein­ge­führt. Im Okto­ber wur­den die Hil­fen noch­mals erhöht. „Doch die Mit­tel sind bis­lang kaum abge­ru­fen wor­den“, so die NGG mit Blick auf Zah­len der Arbeits­agen­tur. Dem­zu­fol­ge wur­den nach dem Gesetz seit Anfang 2019 bis Mit­te 2020 in ganz Bay­ern ledig­lich 10.574 Men­schen mit einer beruf­li­chen Wei­ter­bil­dung geför­dert. „Das ist eine ernüch­tern­de Bilanz. Hier müs­sen die Fir­men drin­gend nach­le­gen“, for­dert die Gewerk­schaft. Im ersten, von der Pan­de­mie gepräg­ten Halb­jahr wur­de laut Arbeits­agen­tur bay­ern­weit die Wei­ter­bil­dung von 2.457 Beschäf­tig­ten bezu­schusst – das sind 15 Pro­zent weni­ger als im Ver­gleichs­zeit­raum des Vorjahres.

Grundl for­dert, nun eine „ech­te Qua­li­fi­ka­ti­ons­of­fen­si­ve in Angriff zu neh­men“. Dabei soll­ten auch die Betriebs­rä­te mit­re­den. „Sie wis­sen, wo der Bedarf in der Fir­ma am größ­ten ist.“ Das zei­ge sich etwa an der Ernäh­rungs­in­du­strie – mit rund 2.100 Beschäf­tig­ten ein „wich­ti­ger Wirt­schafts­fak­tor“ im Kreis Kulm­bach: „In der Bran­che küm­mern sich Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter seit Jah­ren dar­um, dass Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung nicht zula­sten der Mit­ar­bei­ter gehen. In der Pan­de­mie han­deln sie Regeln aus, damit die Heim­ar­beit etwa in Ver­wal­tungs­jobs die Men­schen nicht rund um die Uhr bela­stet“, erklärt Grundl. Vie­le Beschäf­tig­te, die frü­her am Fließ­band stan­den, arbei­te­ten heu­te in der Qua­li­täts­kon­trol­le. Und Lager­lo­gi­sti­ker bau­ten auf die Unter­stüt­zung von ver­netz­ten Com­pu­tern, die Zuta­ten auto­ma­tisch dann bestel­len, wenn sie zur Nei­ge gehen.