Bam­berg: Wer geht als Sie­ger aus den US-Wah­len her­vor – Exper­ten der Uni Bam­berg geben Tipps ab

Symbolbild Bildung

Neu: Volks­wirt Prof. Dr. Flo­ri­an Herold gibt eine aktu­el­le Ein­schät­zung, ob Trump oder Biden grö­ße­re Wahl­chan­cen hat.

Am Diens­tag, 3. Novem­ber 2020, wäh­len die USA ihren 46. Prä­si­den­ten. Zu die­sem Anlass wer­fen For­schen­de der Uni­ver­si­tät Bam­berg einen genau­en Blick auf aktu­el­le Ereig­nis­se und lang­fri­sti­ge Ten­den­zen in der US-ame­ri­ka­ni­schen Poli­tik, Wirt­schaft, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kul­tur und Kul­tur­ge­schich­te. Sie fokus­sie­ren die poli­ti­sche Pola­ri­sie­rung eben­so wie gesell­schaft­li­che Pro­test­be­we­gun­gen, neh­men die sozio­öko­no­mi­sche Situa­ti­on des Lan­des in den Fokus, beschrei­ben die Bezie­hung zwi­schen den Neo­kon­ser­va­ti­ven und Trump oder unter­su­chen des­sen prä­gen­den Ein­fluss auf die poli­ti­sche Kommunikation.

Sie geben ger­ne umfang­rei­che­re Aus­kunft zu fol­gen­den Themen:

Wer hat grö­ße­re Wahl­chan­cen: Trump oder Biden?
Prof. Dr. Flo­ri­an Herold, Inha­ber des Lehr­stuhls für Volks­wirt­schafts­leh­re, ins­be­son­de­re Finanzwissenschaft:

„In den Wahl­um­fra­gen der letz­ten Wochen führt Biden US-weit recht sta­bil um etwa 8 Pro­zent­punk­te. Durch das ame­ri­ka­ni­sche Wahl­sy­stem führt die Mehr­heit der Gesamt­stim­men aber nicht unbe­dingt zur gewon­nen Prä­si­dent­schafts­wahl. Klei­ne Ver­än­de­run­gen in den umkämpf­ten ‚Swing-Sta­tes‘ kön­nen das Ergeb­nis über­deut­lich ver­än­dern. Aus Wett­quo­ten ergibt sich eine erheb­li­che Wahr­schein­lich­keit, die cir­ca 35 Pro­zent beträgt, dass Trump die Wahl doch noch knapp gewinnt. Aber Com­pu­ter­si­mu­la­tio­nen zei­gen auch, dass Biden eine gute Chan­ce auf einen Erd­rutsch­sieg im Wahl­kol­le­gi­um hat.“

Eng­lisch­spra­chi­ges Video mit Kon­text zu US-Wah­len, Wahl­pro­gno­sen und Wett­quo­ten: https://​uni​-bam​berg​.cloud​.pan​op​to​.eu/​P​a​n​o​p​t​o​/​P​a​g​e​s​/​V​i​e​w​e​r​.​a​s​p​x​?​i​d​=​0​4​9​1​2​4​d​6​-​5​2​9​b​-​4​c​5​b​-​a​d​9​5​-​a​c​6​2​0​1​1​4​3​a0c

Eng­lisch­spra­chi­ges Video mit Com­pu­ter­si­mu­la­ti­on der US-Wahl 2020 in Excel: https://​uni​-bam​berg​.cloud​.pan​op​to​.eu/​P​a​n​o​p​t​o​/​P​a​g​e​s​/​V​i​e​w​e​r​.​a​s​p​x​?​i​d​=​5​f​4​f​8​1​9​7​-​6​a​5​0​-​4​1​2​0​-​b​9​1​2​-​a​c​6​2​0​0​e​f​8​c44

E‑Mail: florian.​herold@​uni-​bamberg.​de

For­schungs­schwer­punk­te:

  • Poli­ti­sche Ökonomie
  • Wahl­sy­ste­me und stra­te­gi­sches Verhalten
  • Public Eco­no­mics

Wel­che Fol­gen hat die zuneh­men­de ideo­lo­gi­sche Pola­ri­sie­rung zwi­schen Demo­kra­ten und Republikanern?
Prof. Dr. Tho­mas Saal­feld, Inha­ber des Lehr­stuhls für Ver­glei­chen­de Politikwissenschaft:

„Prä­si­dent Trump hat dem radi­ka­len Flü­gel der Repu­bli­ka­ner wei­ter Auf­schwung ver­lie­hen. Bei den Demo­kra­ten sind es eben­falls die radi­ka­len Par­tei­rän­der, die trotz eines mode­ra­ten Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten heu­te vie­ler­orts den Ton ange­ben. Kom­pro­miss­be­rei­te Abge­ord­ne­te wer­den immer sel­te­ner. Das Resul­tat sind oft Ent­schei­dungs­blocka­den: Sie füh­ren im Extrem­fall dazu, dass wich­ti­ge Geset­zes­vor­ha­ben, etwa zur Abfe­de­rung der Fol­gen der Coro­na-Kri­se, kaum Erfolgs­chan­cen haben. Die Pola­ri­sie­rung setzt sich in der Gesell­schaft fort: Wah­len ent­schei­den sich ver­mehrt an den Rän­dern. Gelän­ge es Biden, eine brei­te Wäh­ler­ko­ali­ti­on zwi­schen mode­ra­ten und radi­ka­le­ren Kräf­ten auf der Lin­ken zustan­de zu brin­gen, könn­te das Trump gefähr­lich werden.“

E‑Mail: thomas.​saalfeld@​uni-​bamberg.​de

For­schungs­schwer­punk­te:

  • poli­ti­sche Polarisierung
  • sozia­le Ursa­chen für die Unter­stüt­zung von Populisten
  • eth­no-kul­tu­rel­le Mobi­li­sie­rung im Wahlkampf

Wie ist das Wahl­ver­hal­ten der schwar­zen US-Bevöl­ke­rung in Zei­ten der Black Lives Mat­ter-Pro­te­ste einzuschätzen?
Dr. Geor­gia­na Bani­ta, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin der Trim­berg Rese­arch Aca­de­my der Uni­ver­si­tät Bamberg:

„Afro­ame­ri­ka­ner waren schon immer eine äußerst bere­chen­ba­re Wäh­ler­grup­pe. Im Jahr der Tötung Geor­ge Floyds und der weit­rei­chen­den Pro­te­ste gegen Poli­zei­ge­walt kön­nen die Demo­kra­ten mit den Stim­men der schwar­zen Bevöl­ke­rung durch­aus rech­nen. Trumps Dro­hun­gen, die öffent­li­che Ord­nung not­falls mit Gewalt wie­der­her­zu­stel­len, zeigt ein­mal mehr, was sei­ne Selbst­in­sze­nie­rung als Law & Order-Prä­si­dent tat­säch­lich bewir­ken soll: die Repres­si­on der nicht-wei­ßen Bevöl­ke­rung. Mehr als jede Anstren­gung Joe Bidens und der indisch-jamai­ka­ni­schen Vize­prä­si­dent­schafts­kan­di­da­tin Kama­la Har­ris hat der Black Lives Mat­ter-Auf­stand bewie­sen, dass der Trum­pism end­gül­tig an sei­ne Gren­zen gelangt ist.“

E‑Mail: georgiana.​banita@​uni-​bamberg.​de

For­schungs­schwer­punk­te:

  • ame­ri­ka­ni­sche Wahlkulturen/​Kulturgeschichte der US-Präsidentschaftswahlen
  • Streit­punk­te im ame­ri­ka­ni­schen Wahlkampf
  • Migra­ti­on, Poli­zei­kul­tur und Inne­re Sicherheit

Wel­che Rol­le spielt die wach­sen­de wirt­schaft­li­che Ungleich­heit in den USA im Wahl­kampf und für das Wahlergebnis?
Dr. Chri­sti­an Pro­a­ño, Pro­fes­sor für Volks­wirt­schafts­leh­re, ins­be­son­de­re Ange­wand­te Wirtschaftsforschung:

„Trump ver­folgt eine geschick­te Stra­te­gie: Er ver­zerrt die Rea­li­tät, glo­ri­fi­ziert die natio­na­le Ver­gan­gen­heit und ver­schlei­ert so struk­tu­rel­le Pro­ble­me der US-ame­ri­ka­ni­schen Gesell­schaft. Zur öko­no­mi­schen Ungleich­heit etwa trägt er selbst mit sei­ner eli­ten­för­dern­den Steu­er­po­li­tik mas­siv bei und macht den Ame­ri­ka­ni­schen Traum vom sozia­len Auf­stieg für gro­ße Tei­le der Bevöl­ke­rung uner­reich­bar. Dass sei­ne ras­si­stisch-popu­li­sti­sche Pole­mik von den wah­ren Ursa­chen die­ser Unge­rech­tig­keit ablenkt und gera­de die Men­schen abholt, die sich abge­hängt füh­len, ist nicht zu unter­schät­zen. Offen bleibt, ob unter Biden eine signi­fi­kan­te Kehrt­wen­de statt­fän­de – wacke­li­ge demo­kra­ti­sche Mehr­hei­ten im Senat und sei­ne Posi­tio­nie­rung in der Mit­te des poli­ti­schen Spek­trums spre­chen dagegen.

E‑Mail: christian.​proano@​uni-​bamberg.​de

For­schungs­schwer­punk­te:

  • Makro­öko­no­mi­sche Theorie
  • Geld­po­li­tik
  • Ein­kom­mens­un­gleich­heit

Wie haben sich die Neo­kon­ser­va­ti­ven gegen­über Donald Trump positioniert?
Dr. Pas­cal Fischer, Pro­fes­sor für Angli­sti­sche und Ame­ri­ka­ni­sti­sche Kulturwissenschaft:

„Die Viel­falt und Ver­än­der­lich­keit der poli­ti­schen Lager in den USA lässt sich bei­spiel­haft am Ver­hält­nis der Neo­kon­ser­va­ti­ven gegen­über Donald Trump ver­an­schau­li­chen: Neo­kon­ser­va­ti­ve Poli­ti­ker, Jour­na­li­sten und Intel­lek­tu­el­le stan­den Trumps poli­ti­schen Ambi­tio­nen von Anfang an skep­tisch gegen­über. Auf ihre Ableh­nung stieß neben sei­ner unbe­re­chen­ba­ren Per­sön­lich­keit vor allem sei­ne iso­la­tio­ni­sti­sche außen­po­li­ti­sche Agen­da. Wenn­gleich Neo­kon­ser­va­ti­ve die Amts­zeit des 45. Prä­si­den­ten äußerst kri­tisch beglei­te­ten, waren es vor allem sei­ne Ent­schei­dun­gen in Bezug auf den Nahen Osten, denen sie Aner­ken­nung ent­ge­gen­brach­ten. Die neo­kon­ser­va­ti­ve Posi­ti­on gegen­über der Prä­si­den­ten­wahl 2020 ist durch­aus ambivalent.“

E‑Mail: pascal.​fischer@​uni-​bamberg.​de

For­schungs­schwer­punk­te:

  • Kon­ser­va­tis­mus
  • Poli­tik und Sprache
  • Jüdi­sche Studien

Wie hat Donald Trump die poli­ti­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kul­tur verändert? 
Dr. Olaf Hoff­jann, Pro­fes­sor für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft, ins­be­son­de­re Orga­ni­sa­ti­ons­kom­mu­ni­ka­ti­on und Öffentlichkeitsarbeit:

„Poli­ti­ker wie Donald Trump und Boris John­son wer­den oft der Lüge bezich­tigt. Aber was sagt es über die Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler aus, wenn sol­che Poli­ti­ker anschlie­ßend beein­drucken­de Wahl­er­fol­ge fei­ern? Offen­kun­dig hat sich in west­li­chen Demo­kra­tien die poli­ti­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kul­tur ver­än­dert. Kate­go­rien wie Wahr­heit und Wahr­haf­tig­keit schei­nen unwich­ti­ger gewor­den zu sein. Sind wir damit bereits in einer post­fak­ti­schen Demo­kra­tie ange­kom­men, in der der Unter­hal­tungs­cha­rak­ter poli­ti­scher Insze­nie­run­gen wich­ti­ger ist als ihre Ange­mes­sen­heit? Und ist Donald Trump eher die Ursa­che oder das Resul­tat einer sol­chen Entwicklung?“

E‑Mail: olaf.​hoffjann@​uni-​bamberg.​de

For­schungs­schwer­punk­te:

  • poli­ti­sche Kommunikation
  • Lügen/​Fake News
  • Sozia­le Medi­en und Politik