„BR Retro“ zeigt Ober­fran­ken der 1950er- und 60er-Jahre

Symbol-Bild Heimatkunde / Franken

Im Rah­men des bun­des­wei­ten Pro­jek­tes „ARD Retro“ stel­len die Archi­ve des Baye­ri­schen Rund­funks zeit­ge­schicht­lich rele­van­te Vide­os kosten­los ins Inter­net. Im Fokus steht das Bay­ern der 1950er- und 60er-Jah­re, quer durch alle Regie­rungs­be­zir­ke. Die Bei­trä­ge kön­nen in BR Retro https://​www​.ard​me​dia​thek​.de/​b​r​/​b​r​-​r​e​t​ro/ und über die ARD Media­thek www​.retro​.ard​.de abge­ru­fen werden.

Bay­ern wie es jeder kennt, Bay­ern wie es kei­ner kennt. Und Bay­ern, wie es kei­ner mehr kennt. Das sind drei der Blick­win­kel, unter denen die Archiv­mit­ar­bei­ten­den des Baye­ri­schen Rund­funks seit Mona­ten Fil­me und Vide­os aus damals aktu­el­len Sen­dun­gen für die Ver­öf­fent­li­chung in der BR Media­thek zusammenstellen.

BR-Inten­dant Ulrich Wil­helm hat die Öff­nung der Archi­ve inten­siv vor­an­ge­trie­ben: „Dem BR ist es gelun­gen, ein audio­vi­su­el­les Gedächt­nis der jün­ge­ren Geschich­te unse­res Lan­des zu schaf­fen. Die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen unse­res Archivs haben wert­vol­les Mate­ri­al für span­nen­de Zeit­rei­sen in allen Tei­len Bay­erns tech­nisch kon­ser­viert und inhalt­lich auf­be­rei­tet. Ich freue mich, dass wir die­se Ori­gi­nal­auf­nah­men nun in die Öffent­lich­keit brin­gen. Unser Publi­kum kann damit erfah­ren, wie es damals in den Regio­nen aus­ge­se­hen hat, wel­che The­men Bay­ern beweg­ten und wer oder was in den 50ern und 60ern im Mit­tel­punkt stand.“

Zum Bei­spiel in Ober­fran­ken. Immer wie­der war die Zonen­gren­ze Gegen­stand der Bericht­erstat­tung. In Möd­lareuth bei­spiels­wei­se, wo der Sta­chel­draht­zaun direkt durch den Ort ging oder in Tet­tau, wo die Bewoh­ner zuse­hen muss­ten, wie die Dör­fer im Sperr­ge­biet der DDR dem Erd­bo­den gleich­ge­macht wurden.

Vide­os und kur­ze Fil­me zei­gen, wie sich die Men­schen damals auf die neue, schwe­re Zeit im Zonen­rand­ge­biet ein­stel­len muss­ten. Der BR war natür­lich auch bei den Richard-Wag­ner-Fest­spie­len in Bay­reuth und berich­te­te vom Schau­lau­fen der Ehren­gä­ste eben­so wie von den ras­si­sti­schen Anfein­dun­gen man­cher Blät­ter gegen Grace Bum­bry als Venus im „Tann­häu­ser“ 1961. BR-Repor­ter teste­ten in Bam­berg das berühm­te Rauch­bier und waren bei der Ein­wei­hung des Hafens, der für den Ort den Anschluss an das deut­sche Bin­nen­schiff­fahrts­netz bedeu­te­te. Sie konn­ten von sie­ben Frau­en berich­ten, die zwi­schen Pee­sten und Buch­au im Land­kreis Kulm­bach beim Stra­ßen­bau arbei­te­ten. Ein frü­hes Stück geleb­ter Eman­zi­pa­ti­on im Pro­gramm des BR Fernsehens.

Auf alte Bräu­che sind die mit dem Pro­jekt „BR Retro“ beauf­trag­ten Archi­va­re des Recher­che­de­sks des BR unter Lei­tung von Klaus Wei­sen­bach gestoßen.

In Ober­fran­ken bei­spiels­wei­se auf eine Huber­tus­jagd in Ober­lan­gen­stadt. Und auf die Kren­wei­berl von Herolds­bach, die in den Win­ter­mo­na­ten in typi­scher Tracht ihren Meer­ret­tich in ganz Bay­ern an der Haus­tü­re ver­kauf­ten. Durch die BR-Repor­ter erfuh­ren wir vom Reich­tum Gold­kro­nachs im Mit­tel­al­ter und vom Ver­ar­men der Hand­sticker von Enchen­reuth. Sie berich­te­ten von einem Schul­streit in Nai­la und von der Woh­nungs­not in Bay­reuth 1963, wo durch behörd­li­che Fehl­be­rech­nun­gen vie­le Ein­woh­ner in Baracken leben muss­ten. Sie waren in Kro­nach bei einem Faschings­ar­ti­kel­her­stel­ler und sahen ihm bei der Pro­duk­ti­on von Perücken zu und waren in Hof im Käl­te­win­ter 1962/63, wo es durch vom Frost zer­stör­te Was­ser­lei­tun­gen zu Was­ser­man­gel kam.

Sie waren in der nach Plä­nen von Bal­tha­sar Neu­mann erbau­ten Basi­li­ka im Wall­fahrts­ort Göß­wein­stein und besich­tig­ten Neu­dros­sen­feld mit sei­nem Schloss und sei­ner schö­nen Barock­kir­che. Und in Mürs­bach sahen sie einem idyl­li­schen Dorf­le­ben zu, wie es so in der heu­ti­gen Zeit nicht mehr zu fin­den ist.

Über tief in der Regi­on ver­wur­zel­te Bei­trä­ge hin­aus erin­nert „BR Retro“ auch an heu­te kaum mehr zu fin­den­de Beru­fe, alte Kul­tur­land­schaf­ten, typi­sche Jugend­er­leb­nis­se oder man­che Poli­ti­ker, gern auch ein­mal abseits ihrer bekann­ten Rol­le und Funk­ti­on. Alles das kön­nen Sie unter BR Retro finden.

Wer sich für die Geschich­te sei­ner Regi­on inter­es­siert, soll­te öfter BR Retro in der Media­thek besu­chen. Denn der BR hat weit über eine Mil­li­on Vide­os in sei­nen Archi­ven und wird das Ange­bot regel­mä­ßig um neue Fund­stücke ergän­zen. Zusam­men mit den Retro-Bei­trä­gen der ande­ren ARD-Rund­funk­an­stal­ten, so die Pla­nung, wer­den inner­halb der näch­sten Jah­re bun­des­weit cir­ca 40.000 Vide­os aus den 1950er- und 60er-Jah­ren zum Abruf bereitgestellt.