Exper­te der Uni­ver­si­tät Bay­reuth: „Für die End­la­ger­su­che ist nicht nur die Gesteins­art entscheidend.“

Symbolbild Bildung

Prof. Dr. Hans Kepp­ler / Foto: Uni

Am 28.09.2020 wird in Ber­lin ein Zwi­schen­be­richt vor­ge­legt, der die End­la­ger­su­che für Atom­müll in Deutsch­land wei­ter kon­kre­ti­siert. Dar­in wer­den Gebie­te in Deutsch­land genannt, die bestimm­te Kri­te­ri­en für den Bau eines End­la­gers für hoch radio­ak­ti­ven Atom­müll erfül­len und genau­er unter­sucht wer­den sol­len. Prof. Dr. Hans Kepp­ler, Lei­ter des Baye­ri­schen Geo­in­sti­tuts an der Uni­ver­si­tät Bay­reuth, beant­wor­tet all­ge­mei­ne und gründ­sätz­li­che Fra­ge zu Aspek­ten der Lage­rung in Gestein.

Wel­che Art von Gestein ist beson­ders geeig­net für die Lage­rung von (lang strah­len­dem) Müll und warum?

Das hängt nicht allein vom Gesteins­typ ab. Wesent­lich ist, dass ein Stoff­aus­tausch mit Grund­was­ser über einen Zeit­raum von Mil­lio­nen von Jah­ren aus­ge­schlos­sen sein muss. Man kann daher in Gebie­ten, wo es prak­tisch nie reg­net, ande­re Gestei­ne ver­wen­den als in Mit­tel­eu­ro­pa. Das war der Grund­ge­dan­ke hin­ter dem Yuc­ca Moun­tain-Pro­jekt in den USA, wo radio­ak­ti­ver Abfall in vul­ka­ni­schen Tuf­fen gela­gert wer­den soll­te. Das Haupt­ar­gu­ment für die­se Loka­li­tät war, dass sie in der Wüste von Neva­da liegt, weit weg von mensch­li­chen Sied­lun­gen und ohne Kon­takt zu Grund­was­ser. In Euro­pa wur­den bis­her drei ver­schie­de­ne Gesteins­ty­pen in Betracht gezo­gen: Stein­salz (Gor­le­ben, Deutsch­land), Tone (Frank­reich und Schweiz) sowie Gra­nit (Schwe­den und Finnland).

Wie unter­schei­den sich die­se Gestei­ne in Bezug auf ein Endlager? 

Stein­salz ist auf den ersten Blick viel­leicht nicht eine beson­ders ein­leuch­ten­de Lösung, da es selbst leicht was­ser­lös­lich ist und auch einen rela­tiv nied­ri­gen Schmelz­punkt um 800 ˚C hat. Die Salz­stöcke in Nord­deutsch­land sind aber offen­bar durch die umge­ben­den Gestei­ne über Mil­lio­nen von Jah­re weit­ge­hend vom Grund­was­ser abge­schirmt wor­den – anson­sten wür­den sie nicht mehr exi­stie­ren. Für das Salz spre­chen daher weni­ger die Gesteins­ei­gen­schaf­ten, son­dern die geo­lo­gi­sche Umge­bung. Ton ist prin­zi­pi­ell sehr attrak­tiv, da Tone was­ser-undurch­läs­sig sind und außer­dem durch ihre Ionen­aus­tausch-Eigen­schaf­ten even­tu­ell frei­ge­setz­te radio­ak­ti­ve Ato­me erneut bin­den kön­nen. Gra­nit ist mecha­nisch sehr sta­bil. Ein Pro­blem ist aber häu­fig die Bil­dung von Spal­ten, durch die Grund­was­ser zir­ku­lie­ren kann. Die schwe­di­sche Lager­stät­te bei Fors­mark ist hier unge­wöhn­lich, da man durch Boh­run­gen zei­gen konn­te, dass der Gra­nit nur sehr wenig was­ser­füh­ren­de Spal­ten ent­hält. In jedem Fall wird man sich bei einem End­la­ger nie allein auf die Gesteins­ei­gen­schaf­ten ver­las­sen – alle Kon­zep­te sehen meh­re­re Bar­rie­ren gegen die Frei­set­zung von Radio­ak­ti­vi­tät vor, das Gestein ist nur eine davon.

Gibt es eine idea­le Tie­fe (z.B. bzgl. Druck und Tem­pe­ra­tur) für sol­che Lager?

Nein. Ent­schei­dend ist die Iso­lie­rung gegen Grund­was­ser. Die kann je nach loka­ler Geo­lo­gie und Kli­ma­zo­ne ganz unter­schied­li­che Tie­fen erfor­dern. Natür­lich wird man aber ein Lager so tief anle­gen, dass ein ver­se­hent­li­ches Anschnei­den des Lagers durch mensch­li­che Bau­tä­tig­keit völ­lig aus­ge­schlos­sen ist.

Wel­che Rol­le spie­len Erd­be­ben hier­zu­lan­de? Wären die­se eine rele­van­ten Gefahr für ein End­la­ger? Wo?

Es gibt durch­aus eine Gefähr­dung durch Erd­be­ben, ins­be­son­de­re an den Rand­stö­run­gen des Ober­rhein­gra­bens. Das ist in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung viel­leicht nicht so gegen­wär­tig – aber im Jahr 1356 wur­de Basel durch ein Erd­be­ben prak­tisch völ­lig zer­stört. Die bis­her dis­ku­tier­ten mög­li­chen Lager­stät­ten in Deutsch­land sind aber rela­tiv weit ent­fernt von mög­li­chen Epi­zen­tren und auch die Struk­tur eines End­la­gers ist nor­ma­ler­wei­se nicht so emp­find­lich gegen Erschüt­te­run­gen wie nor­ma­le Gebäude.

Kann man ver­hin­dern, dass Was­ser in ein sol­ches Lager ein­bricht? Spielt der Kli­ma­wan­del dabei eine Rolle? 

Idea­ler­wei­se soll­te die Geo­lo­gie des End­la­gers Kon­takt mit Grund­was­ser aus­schlie­ßen. Zusätz­lich wer­den aber grund­sätz­lich immer wei­te­re Bar­rie­ren ein­ge­baut, wie etwa Abdich­tun­gen mit Ben­to­nit (einem Ton­mi­ne­ral), Kor­ro­si­ons-bestän­di­ge Kan­ni­ster für den Abfall oder die Ein­bin­dung des Abfalls in eine schwer­lös­li­che Matrix. Da der Abfall über Mil­lio­nen von Jah­ren sicher gela­gert wer­den soll, muss man mög­li­che Kli­ma­än­de­run­gen natür­lich im Auge behal­ten. Das schwe­di­sche Kon­zept berück­sich­tigt bei­spiels­wei­se sogar das Risi­ko durch eine mög­li­che Ver­ei­sung (also eine Über­deckung durch Gletscher).

Wel­che Fol­gen hät­te eine sol­che Lage­rung für das Grundwasser? 

Der Kon­takt mit dem Grund­was­ser muss völ­lig aus­ge­schlos­sen sein – ent­we­der durch die geo­lo­gi­schen Ver­hält­nis­se selbst, oder durch zusätz­li­che Barrieren.