Bay­ern: Kli­ma- und Bio­di­ver­si­täts­kri­se zusam­men lösen – Es braucht regio­na­le Kli­ma­schutz­maß­nah­men, um die gra­vie­ren­den Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels auf die Natur in Bay­ern abzufedern

Hil­polt­stein, 24.09.2020 – Bren­nen­de Regen­wäl­der, schmel­zen­de Pole, ver­hee­ren­de Hur­ri­kans – in der Bericht­erstat­tung zur Kli­ma­kri­se wer­den häu­fig Extrem­stand­or­te gewählt, um die Fol­gen der Erd­er­wär­mung am ein­drucks­voll­sten zu illu­strie­ren. Doch der Kli­ma­wan­del trifft auch die Bio­lo­gi­sche Viel­falt in Bay­ern – zahl­rei­che hei­mi­sche Tier- und Pflan­zen­ar­ten wie Alpen­schnee­huhn und Edel­weiß wer­den den dro­hen­den Ver­lust ihrer Lebens­räu­me nicht über­le­ben. Der LBV betont, dass die Kli­ma­kri­se und der Ver­lust der Bio­lo­gi­schen Viel­falt eine Zwil­lings­kri­se bil­den – sie hän­gen untrenn­bar mit­ein­an­der zusam­men und müs­sen gemein­sam gelöst wer­den. „Anläss­lich des Glo­ba­len Kli­ma­streiks von Fri­days For Future for­dert der LBV des­halb die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung dazu auf, die Kli­ma­kri­se und das Arten­ster­ben end­lich wie­der an die Spit­ze ihrer poli­ti­schen Agen­da zu set­zen“, so der LBV-Vor­sit­zen­de Dr. Nor­bert Schäf­fer. „Dabei muss der Koh­len­stoff­spei­cher in Lebens­räu­men, ins­be­son­de­re Moo­ren, neben Ener­gie­spa­ren und der För­de­rung rege­ne­ra­ti­ver Ener­gien noch stär­ker berück­sich­tigt werden.“

Bei­spie­le für gefähr­de­te Arten gibt es auch in Bay­ern zuhauf. Käl­te­lie­ben­de Arten wie Alpen­schnee­huhn, Berg­pie­per und Schnee­s­per­ling fin­den selbst in den Alpen mitt­ler­wei­le kaum noch adäqua­te Brut­ge­bie­te vor. In unse­ren Flüs­sen setzt die Kli­ma­er­wär­mung hei­mi­schen Fisch­ar­ten wie Äsche, Nase und Huchen zu, die an nied­ri­ge Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren ange­passt sind und die Auf­hei­zung unse­rer Fließ­ge­wäs­ser nicht über­le­ben. Doch nicht nur ein­zel­ne Arten, auch gan­ze Öko­sy­ste­me sind vom Kli­ma­wan­del betrof­fen: „Zahl­rei­che Tier- und Pflan­zen­ar­ten, vor allem aber auch Wech­sel­wir­kun­gen inner­halb von Lebens­räu­men, kom­men durch den Kli­ma­wan­del ins Ungleich­ge­wicht – man den­ke da nur an Blü­ten und ihre Bestäu­ber oder Räu­ber und ihre Beu­te­tie­re“, erklärt der LBV-Lan­des­fach­be­auf­trag­ter Dr. Andre­as von Lind­ei­ner.

Durch die Kli­ma­er­wär­mung kommt es ver­mehrt zum „Miss­match“, zur zeit­li­chen Ent­kop­pe­lung vie­ler durch die Evo­lu­ti­on auf­ein­an­der abge­stimm­ter Abläu­fe in der Natur. Von Lind­ei­ner illu­striert die­ses Phä­no­men anhand eines Bei­spiels aus der Gar­ten­welt: „Für gewöhn­lich sind Fort­pflan­zungs­zei­ten so ange­passt, dass die Jun­gen dann gebo­ren wer­den, wenn das Ange­bot an Nah­rungs­or­ga­nis­men am höch­sten ist. So kommt zum Bei­spiel für Bunt­spech­te und Trau­er­schnäp­per der jähr­li­che Gip­fel klei­ner Rau­pen als Nest­lings­nah­rung jedoch mitt­ler­wei­le zu früh und fällt nicht mehr mit der größ­ten Zahl hung­ri­ger Nest­lin­ge zusam­men. Eine höhe­re Jun­gen­sterb­lich­keit und weni­ger Brut­er­folg sind die Folge.“

Das Arten­ster­ben ver­weist uns jedoch nicht auf die Zuschau­er­rän­ge – auch in Bay­ern kön­nen wir wir­kungs­vol­le Maß­nah­men ergrei­fen, um die gra­vie­ren­den Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels auf die Tier- und Pflan­zen­welt abzu­fe­dern. So spricht sich der LBV-Vor­sit­zen­der Dr. Nor­bert Schäf­fer für den Moor­schutz und die Moor­re­ge­ne­rie­rung als essen­ti­el­le Instru­men­te im Kampf gegen den Kli­ma­wan­del aus.

Torf­moo­re spei­chern zwei­mal so viel Koh­len­stoff wie die welt­wei­te Wald-Bio­mas­se. Das ist Fluch und Segen zugleich: Durch die Ent­wäs­se­rung und Aus­beu­tung von Torf­moo­ren wird der gespei­cher­te Koh­len­stoff frei­ge­setzt und trägt zum Treib­haus­ef­fekt bei. „Aus trocken­ge­leg­ten Moo­ren ent­wei­chen allei­ne in Bay­ern all­jähr­lich über fünf Mil­lio­nen Ton­nen CO2-Äqui­va­len­te. Doch die Wie­der­vern­äs­sung von Moo­ren bie­tet uns in Bay­ern die Mög­lich­keit, effi­zi­en­te CO2-Sen­ken zu schaf­fen, die Koh­len­stoff jahr­hun­der­te­lang spei­chern kön­nen.“ Dabei sei die Moor­re­natu­rie­rung ein gutes Bei­spiel für die Syn­er­gie aus Kli­ma- und Arten­schutz: „Der Moor­schutz kommt nicht nur dem glo­ba­len Kli­ma zugu­te, son­dern gleich­zei­tig unse­ren hei­mi­schen Feucht- und Wie­sen­brü­tern“, so Schäffer.

Hin­ter­grund:

Ob zu Land, zu Was­ser oder in der Luft – über Jahr­tau­sen­de hin­weg haben sich Tier- und Pflan­zen­ar­ten an ihren Lebens­raum ange­passt. „Zahl­rei­che Tier- und Pflan­zen­ar­ten haben sich im Lau­fe der Evo­lu­ti­on auf sehr enge öko­lo­gi­sche Nischen spe­zia­li­siert“, erklärt Dr. Andre­as von Lind­ei­ner. Was den Arten unter gleich­blei­ben­den Bedin­gun­gen einen evo­lu­tio­nä­ren Vor­teil ver­schafft, kann sich im Rah­men des Kli­ma­wan­dels gegen sie wen­den: „Ins­be­son­de­re die K‑Strategen, also die Arten, die nur weni­ge Nach­kom­men pro­du­zie­ren, kön­nen sich oft nicht an die ver­än­der­ten Umwelt­be­din­gun­gen anpas­sen. Sie müs­sen in neue Lebens­räu­me aus­wei­chen. Wo dies nicht mög­lich ist, stirbt die Art aus“, so der Bio­lo­ge wei­ter. Laut dem Arten­schutz-Report des Bun­des­amts für Natur­schutz wer­den in den näch­sten Jahr­zehn­ten zwi­schen fünf und 30 Pro­zent der bis­lang hei­mi­schen Arten aus Deutsch­land verschwinden.

Aktu­el­ler Hinweis:

In der neu­en Aus­ga­be des stern – #kein­G­rad­wei­ter, die zusam­men mit Fri­days For Future erstellt wur­de, hat der LBV zusam­men mit neun wei­te­ren Natur­schutz­ver­bän­den, einen offe­nen Brief mit For­de­run­gen zum Welt­kli­ma­tag am 25. Sep­tem­ber ver­öf­fent­licht. Den Brief fin­den Sie auch unter: www​.lbv​.de/​n​a​t​u​r​s​c​h​u​t​z​/​s​t​a​n​d​p​u​n​k​t​e​/​k​l​i​m​a​w​a​n​d​e​l​-​k​l​i​m​a​s​c​h​u​t​z​/​o​f​f​e​n​e​r​-​b​r​i​e​f​-​v​e​r​b​a​e​n​d​e​-​z​u​r​-​k​l​i​m​a​k​r​i​se/