IHK Oberfranken warnt vor Wettbewerbsverzerrungen bei EU-Regionalförderung

„Es droht ein Fördergefälle“

Im Juli 2020 hat die EU-Kommission ihren Entwurf der ab 2022 geltenden Regionalleitlinien vorgelegt. Diese Leitlinien setzen die Vorgaben für die künftige Regionalförderung in der Europäischen Union. In Bayern stehen insbesondere die Grenzregionen zur Tschechischen Republik im Fokus, also auch Oberfranken. Besonders hart könnte es die Stadt und den Landkreis Hof sowie den Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge treffen. „Es droht ein Fördergefälle von 40 Prozent zu den benachbarten Höchstfördergebieten in Tschechien“, so IHK-Hauptgeschäftsführerin Gabriele Hohenner. Die IHK für Oberfranken Bayreuth unterstützt die Forderung der Bayerischen Staatsregierung an die EU-Kommission, das drohende Fördergefälle zu vermeiden und den finanziellen Handlungsspielraum des Freistaats in den betroffenen Regionen zu erhöhen.

Die Regionalförderung unterstützt Unternehmen bei ihren Investitionen und trägt so zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse bei. Um Strukturverbesserungen zu unterstützen, weist die Europäische Union nach bestimmten Kriterien Fördergebiete aus und stellt in unterschiedlichem Umfang Fördermittel zur Verfügung. Bereits in der jetzigen Förderperiode wurde EU-Regionalförderung in Oberfranken stark eingeschränkt. Nun soll es weitere Einschnitte geben.

Laut Kommissionsentwurf sollen Deutschland ab 2022 signifikant weniger EU-Fördermittel zur Verfügung stehen. Das liegt einerseits am Brexit, da Großbritannien als großer Nettozahler der EU ausfällt. Andererseits liegt es an der Berechnungsmethode, die Oberfranken beim Pro-Kopf-Einkommen und der Arbeitslosigkeit mit dem EU-Durchschnitt vergleicht und keine innerstaatlichen Unterschiede einbezieht. „Unsere Wirtschaftsregion darf nicht allein aufgrund einer Berechnungsmethode benachteiligt werden, die regionale Lebenswirklichkeiten nur unzureichend berücksichtigt“, so Dr. Heinrich Strunz, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des grenznahen IHK-Gremiums Hof.

Die Bayerische Staatsregierung fordert die EU-Kommission nun auf, den vorgelegten Entwurf abzuändern und den herausfordernden Rahmenbedingungen anzupassen. Der Deutschland zustehende Förderanteil soll deutlich erhöht, die durch den Brexit entstehenden Nachteile kompensiert und die Bekämpfung innerstaatlicher Wohlstandsunterschiede ein eigenständiges Ziel der Regionalpolitik werden.

Schließlich fordert die Bayerische Staatsregierung für die bayerischen Grenzregionen zur Tschechischen Republik einen Sonderstatus als zusätzliche Fördergebiete, da nur so Verzerrungen in den Standortbedingungen gemildert werden können. Das unterstützt auch Dr. Laura Krainz-Leupoldt, IHK-Vizepräsidentin und Vorsitzende des IHK-Gremiums im betroffenen Landkreis Wunsiedel: „Gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie brauchen unsere Unternehmen Unterstützung und keine zusätzliche Benachteiligung“.

IHK sieht Politik in der Pflicht

„Es darf nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, die alleine aus dem Regionalbeihilfenrecht selbst und durch statistische Effekte entstehen. Die vorgeschlagene Erhöhung der Fördersätze auf tschechischer Seite bei gleichzeitigem Wegfall der Förderung in Oberfranken verstärkt diese Verzerrung erheblich. Es droht ein Rückgang von Investitionen in unseren Unternehmen bis hin zu Betriebsverlagerungen. Der vorgelegte Kommissionsentwurf kann daher nicht das letzte Wort sein“, so Hohenner, die nun die Politik in Bund und Land in der Pflicht sieht, um Nachteile für Oberfranken zu verhindern. Dazu hat die IHK bereits EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier angeschrieben und sich für Änderungen am Kommissionsentwurf eingesetzt.