Neue Stu­die der Uni Bay­reuth – Auch gekoch­te Karot­ten kön­nen all­er­gi­sche Reak­tio­nen auslösen

Symbolbild Bildung

Der Ver­zehr roher Karot­ten löst bei vie­len Men­schen eine all­er­gi­sche Reak­ti­on aus. Ent­ge­gen einer weit ver­brei­te­ten Auf­fas­sung kön­nen aber auch gekoch­te Karot­ten die­sen Effekt haben. Dies hat ein For­schungs­team der Uni­ver­si­tät Bay­reuth jetzt her­aus­ge­fun­den. Zwar nimmt das All­er­gen der Karot­te, Dau c 1 genannt, im hoch­er­hitz­ten Zustand eine für All­er­gi­ker unge­fähr­li­che Struk­tur an. Doch sobald die Tem­pe­ra­tur sinkt, kehrt es weit­ge­hend in sei­ne natür­li­che Struk­tur zurück. In der Zeit­schrift „Mole­cu­lar Nut­ri­ti­on & Food Rese­arch“ stel­len die Wis­sen­schaft­le­rin­nen ihre Stu­die vor.

Team­lei­te­rin Prof. Dr. Bir­git­ta Wöhrl bei der Ana­ly­se eines Mess­ergeb­nis­ses. Die Kur­ve zeigt die UV-Absorp­ti­on der auf­ge­trenn­ten Pro­te­ine an. Foto: Chri­sti­an Wißler.

„Die Ergeb­nis­se unse­rer Unter­su­chun­gen spre­chen ein­deu­tig dafür, dass Pati­en­ten, die sen­si­bel auf das All­er­gen der Karot­te reagie­ren, gene­rell auf den Ver­zehr von Karot­ten ver­zich­ten soll­ten. Das Erhit­zen der Karot­ten zer­stört nicht oder nur unvoll­stän­dig die Pro­te­in­struk­tu­ren, die all­er­gi­sche Reak­tio­nen ver­ur­sa­chen kön­nen“, sagt Prof. Dr. Bir­git­ta Wöhrl vom Lehr­stuhl Bio­che­mie IV der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

„Die Gefahr, dass All­er­gie-Pati­en­ten eine all­er­gi­sche Reak­ti­on ent­wickeln, ist nicht nur beim Ver­zehr von frisch gekoch­ten Karot­ten oder von Karot­ten aus der Kon­ser­ven­büch­se gege­ben. Sie besteht auch dann, wenn Nah­rungs­mit­teln Karot­ten­ex­trakt bei­gemischt wird“, ergänzt Thes­sa Jacob M.Sc., Erst­au­torin der Stu­die und Dok­to­ran­din am Lehr­stuhl Bio­che­mie IV.

Das natür­li­che Karot­ten­all­er­gen Dau c 1 ist eigent­lich eine Mischung aus meh­re­ren, struk­tu­rell sehr ähn­li­chen Pro­te­inen. Die­se soge­nann­ten Iso­all­er­ge­ne wur­den im Labor ein­zeln in Bak­te­ri­en her­ge­stellt. Sowohl das Pro­te­in­ge­misch des natür­li­chen Dau c 1 als auch die ein­zel­nen Iso­all­er­ge­ne wur­den bei Tem­pe­ra­tu­ren bis maxi­mal 95 Grad Cel­si­us dar­auf­hin unter­sucht, wie sich ihre Struk­tu­ren bei stei­gen­den und fal­len­den Tem­pe­ra­tu­ren ändern. Dabei zeig­te sich, dass die natür­li­che Mischung und fast alle ein­zel­nen Iso­all­er­ge­ne nach einer Abküh­lung auf 25 Grad Cel­si­us erneut in der Lage sind, All­er­gien zu ver­ur­sa­chen. Trotz der vor­aus­ge­gan­ge­nen Erhit­zung kön­nen die im Orga­nis­mus von All­er­gie-Pati­en­ten vor­han­de­nen Anti­kör­per all­er­gi­sche Reak­tio­nen her­vor­ru­fen. Zwar ist die­se Fähig­keit in eini­gen Fäl­len schwä­cher aus­ge­prägt als vor der Erhit­zung, aber grund­sätz­lich bleibt sie erhalten.

„Es ist das erste Mal, dass die Dau c 1‑Isoallergene einer der­art umfang­rei­chen Test­rei­he unter­zo­gen wur­den. Die sepa­ra­te Unter­su­chung der struk­tur­ähn­li­chen Mole­kü­le war uns beson­ders wich­tig, um fest­zu­stel­len, wel­che der Iso­all­er­ge­ne unter den gete­ste­ten Bedin­gun­gen Immun­re­ak­tio­nen aus­lö­sen“, sagt Thes­sa Jacob.

Die Tests zeig­ten deut­lich, dass die struk­tu­rel­le Sta­bi­li­tät des Karot­ten­aller­gens nicht allein von der Höhe der Tem­pe­ra­tur abhängt. Wich­tig ist eben­so der durch den pH-Wert aus­ge­drück­te Säu­re­grad. Von beson­de­rem Inter­es­se ist der pH-Wert 3, der sich im Magen typi­scher­wei­se nach der Nah­rungs­auf­nah­me ein­stellt. Bei die­sem Säu­re­grad und bei nor­ma­ler Raum­tem­pe­ra­tur kön­nen, wie sich her­aus­ge­stellt hat, zumin­dest eini­ge Epi­to­pe trotz des vor­he­ri­gen Erhit­zens wei­ter exi­stie­ren. Epi­to­pe sind die­je­ni­gen mole­ku­la­ren Teil­struk­tu­ren, an denen das Immun­sy­stem von All­er­gie-Pati­en­ten das jewei­li­ge All­er­gen erkennt, so dass eine all­er­gi­sche Reak­ti­on erfolgt.

Bei ihren Struk­tur­un­ter­su­chun­gen haben die For­sche­rin­nen vor allem die Magnet­re­so­nanz­spek­tro­sko­pie (NMR) sowie die CD-Spek­tro­sko­pie auf dem Bay­reu­ther Cam­pus ein­ge­setzt. Bei wei­te­ren Ana­ly­se­ver­fah­ren erhiel­ten sie Unter­stüt­zung vom Paul-Ehr­lich-Insti­tut in Lan­gen und von der Nano Tem­per Tech­no­lo­gies in München.