Aus­stel­lung „ZEIT gestal­ten“ in Bam­berg endet am Sonntag

Nur noch bis zum Sonn­tag (13.9.2020) in der Stadt­ga­le­rie Bam­berg – Vil­la Des­sau­er zu sehen: Ein­drucks­vol­le groß­for­ma­ti­ge Detail­auf­nah­men von zum Teil rät­sel­haf­ten Moti­ven und die men­schen­lee­ren Bam­ber­ger Stadt­an­sich­ten – ein noch bis vor kur­zem völ­lig unge­wohn­ter Anblick.

Die unglaub­li­che Ruhe, die von den Foto­gra­fien in der Aus­stel­lung „ZEIT gestal­ten“ aus­geht, ist im Jahr 2020 höchst aktu­ell, aktu­el­ler als man es für mög­lich gehal­ten hät­te. Tho­mas Wolf, Bernd Sey­del und Jür­gen Schraud­ner haben ein aus­ge­präg­tes Auge für die Stil­le, die Lee­re, von der ein schwer zu beschrei­ben­der Zau­ber aus­geht. Die drei Foto­gra­fen zei­gen uns, wie wir genau­er schau­en kön­nen auf das, was sich uns als Betrach­ter nicht sofort erschließt. Sie haben unter­schied­li­che Her­an­ge­hens­wei­sen, aber sie leh­ren uns alle drei das Stau­nen und die Lust am Detail zu entdecken.

Ausstellung "ZEIT gestalten": "Obere Sandstraße" © Jürgen Schraudner

Aus­stel­lung „ZEIT gestal­ten“: „Obe­re Sand­stra­ße“ © Jür­gen Schraudner

Jür­gen Schraud­ner erzeugt mit sei­nen Foto­gra­fien etwas, das in sei­ner Hei­mat­stadt Bam­berg seit Lan­gem in der Rea­li­tät nicht mehr erleb­bar ist: Lee­re. Die Lang­zeit-belich­tung lässt die Men­schen ver­schwin­den, die zum Zeit­punkt der Auf­nah­me durch das Bild lie­fen. Durch ihre Bewe­gung wer­den sie unsicht­bar, wäh­rend der unbe­weg­te Hin­ter­grund bleibt – der Raum, die Archi­tek­tur, die Stra­ßen. Die Span­nung der Bil­der ent­steht durch ihren Wider­spruch zu unse­rer täg­li­chen Erfah­rung mit und in der Stadt. Die Foto­gra­fien sind fast alle vor der aktu­el­len CV19-Pan­de­mie ent­stan­den. Die Coro­na-Lee­re der Städ­te und Stra­ßen ist mitt­ler­wei­le schon welt­weit fest ein­ge­brannt ins kol­lek­ti­ve Gedächt­nis wie bis­her nur die auto­frei­en Sonn­ta­ge der Ölkri­se 1973, die zu den blei­ben­den Bil­de­r­erin­ne­run­gen gehö­ren. Auf Schraud­ners Fotos sehen wir aller­dings nur auf den ersten Blick die Lee­re, die Archi­tek­tur, das von Men­schen gemach­te Bau­werk. Beim genau­en Hin­se­hen ent­decken wir aber noch Spu­ren der Stadtbewohner*innen und Autofahrer*innen im Auto­licht oder in ihrer durch­schei­nen­den Anwesenheit.

Bernd Sey­del und Tho­mas Wolf leben in Gotha und arbei­ten seit Ende 2015 zusam­men am Pro­jekt „Makro­so­phie“. Sie kon­fron­tie­ren uns mit dich­ten, über­vol­len Foto­gra­fien, die uns Rät­sel auf­ge­ben. Erst nach einem Blick auf den Bild­ti­tel wis­sen wir mehr. Sey­del und Wolf sind zwei Tüft­ler, die die ästhe­ti­schen Mög­lich­kei­ten der digi­ta­len Foto­tech­nik voll aus­schöp­fen und dabei Ver­blüf­fen­des sicht­bar machen, wenn sie etwa klei­ne Objek­te in uner­war­te­ter Detail­schär­fe zu Land­schaf­ten wer­den lassen.

Die bei­den arbei­ten auf sehr unkom­pli­zier­te Wei­se mit­ein­an­der. Alle anste­hen­den Auf­ga­ben ver­tei­len sich wie von selbst, jeder trägt das dazu bei, was er am besten kann. Im Stu­dio bei den Auf­nah­men sind immer bei­de zusam­men. Gemein­sam wäh­len sie die Gegen­stän­de aus, suchen die span­nend­sten Per­spek­ti­ven und set­zen das Licht so, dass der Gegen­stand sich inter­es­sant prä­sen­tiert. Beach­tet wer­den eine Rei­he tech­ni­scher Anfor­de­run­gen: Hel­le Stel­len oder gar Spie­ge­lun­gen dür­fen nicht „aus­rei­ßen“, also kei­ne Zeich­nung mehr haben. Alle dunk­len Stel­len dage­gen soll­ten nicht „absau­fen“, also ein­fach nur schwarz sein. Das Gan­ze fin­det oft nur auf 24 x 36 Mil­li­me­tern statt. Die rich­ti­ge Licht­set­zung, sagen die bei­den, kann man nicht im Lehr­buch ler­nen, denn sie ist eher so etwas wie Alche­mie: eine geheim­nis­vol­le Kunst, Pho­to­nen dahin zu lei­ten, wo sie gebraucht werden.

Die Foto­gra­fen

Jür­gen Schraud­ner, Bamberg

(*1963) stammt aus einer Bam­ber­ger Foto­gra­fen­fa­mi­lie. Nach der ent­spre­chen­den Leh­re im elter­li­chen Betrieb war er Foto­graf bei der Luft­waf­fe, seit 1987 arbei­tet er in sei­nem Beruf im Stadt­ar­chiv Bam­berg (Bild­ar­chiv und Doku­men­ta­ti­on) sowie wei­ter­hin im Foto­stu­dio der Fami­lie. Als Dozent für Foto­gra­fie an der VHS-Bam­berg-Süd und an beruf­li­chen Bil­dungs­ein­rich­tun­gen sowie als Aus­bil­der gibt der Foto­gra­fen­mei­ster (1994) sein Wis­sen weiter.

Bernd Sey­del, Gotha

(*1953) arbei­tet als Jour­na­list und Foto­jour­na­list mit Schwer­punkt Kul­tur und Sport und daher fast immer mit Men­schen vor der Kame­ra. Sei­ne Foto­gra­fien waren bereits in eini­gen Aus­stel­lun­gen ver­tre­ten. Mehr fin­det man auf sei­nen Por­ta­len www​.dr​-sey​del​.de und makro​so​phie​.de oder bei der Inside-Gallery.

Tho­mas Wolf, Gotha

(* 1967) stu­dier­te an der Hoch­schu­le für Gra­fik und Buch­kunst in Leip­zig und kon­zen­triert sich seit­dem als selb­stän­di­ger Foto­graf auf die Mög­lich­kei­ten der Groß­for­mat­fo­to­gra­fie in Archi­tek­tur, Doku­men­ta­ti­on und Land­schaft. Sei­ne Foto­gra­fien prä­sen­tier­te er in zahl­rei­chen Aus­stel­lun­gen. Mehr fin­det man bei sei­nem Por­tal makro​so​phie​.de oder der Insi­de-Gal­lery, bei Pixel­pro­jekt und bei VNGart.

Zur Makro­so­phie

Seit 2015 arbei­ten Bernd Sey­del und Tho­mas Wolf inten­siv zusam­men und bezeich­nen sich selbst als Makro­so­phen. Ihre Foto­gra­fien zeig­ten sie bereits in zahl­rei­chen Ein­zel- und Grup­pen­aus­stel­lun­gen. Mehr zum Duo und ihren Arbei­ten fin­det man auf dem Por­tal: www​.makro​so​phie​.de

ZEIT gestal­ten – Foto­gra­fien von Jür­gen Schraud­ner, Bam­berg, Bernd Sey­del & Tho­mas Wolf, Gotha

  • nur noch bis Sonn­tag, 13. Sep­tem­ber 2020
  • Stadt­ga­le­rie Bam­berg – Vil­la Des­sau­er, Hain­stra­ße 4a 96047 Bamberg
  • Tel. +49 (0)951.87 1861 (Kas­se), +49 (0)951.87 1142 (Ver­wal­tung)
  • www​.muse​um​.bam​berg​.demuseum@​stadt.​bamberg.​de
  • Öff­nungs­zei­ten: Do-So u. fei­er­tags 12–18 Uhr
  • Ein­tritt:
    • Erwach­se­ne 6 €
    • ermä­ßigt 5 €
    • Stu­die­ren­de 2,50 €
    • Kin­der bis 6 Jah­re frei, bis 18 Jah­re 1 €, Fami­li­en 12 €
    • Schwer­be­hin­der­te GdB 50 3 € (bei Schwer­be­hin­der­ten mit dem Ein­trag „B“ hat die Begleit­per­son frei­en Eintritt).