Bam­ber­ger „Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe“ stellt erste Ergeb­nis­se der Coro­na-Zusatz­er­he­bun­gen im Natio­na­len Bil­dungs­pa­nel vor

Symbolbild Bildung

Und jetzt läuft alles digi­tal? Wie sich Lern- und Arbeits­be­din­gun­gen durch Coro­na ver­än­dert haben

Im Rah­men des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels (NEPS – Natio­nal Edu­ca­tio­nal Panel Stu­dy), der größ­ten Lang­zeit-Bil­dungs­stu­die in Deutsch­land, wur­den im Mai und Juni die­ses Jah­res Teil­neh­men­de zu ihren Erfah­run­gen wäh­rend der Coro­na-beding­ten Schul­schlie­ßun­gen und Kon­takt­be­schrän­kun­gen befragt. Ziel der Befra­gun­gen war, die Aus­wir­kun­gen der Beschrän­kun­gen auf den Schul‑, Arbeits- und Fami­li­en­all­tag zu unter­su­chen. Die Ergeb­nis­se ver­öf­fent­licht das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) ab sofort in einer monat­lich fort­lau­fen­den Berichts­rei­he. Den Anfang machen Aus­wer­tun­gen zu den The­men Home­schoo­ling und Erwerbs­si­tua­ti­on. Sie zei­gen, wie gut Eltern ihre Kin­der beim Ler­nen außer­halb der Schu­le unter­stüt­zen konn­ten und wel­che Rol­le Bil­dungs­un­gleich­hei­ten für das Arbeits­le­ben wäh­rend der Coro­na-Kri­se spielen.

NEPS – Coro­na & Bil­dung, Bericht Nr. 1
Coro­na-beding­te Schul­schlie­ßun­gen… – und nun funk­tio­niert alles digital?“
Durch die tem­po­rä­ren Schul­schlie­ßun­gen zwi­schen März und Mai stan­den Schu­len und Lehr­kräf­te ohne Vor­lauf vor der Her­aus­for­de­rung, aus­schließ­lich digi­ta­le Wege der Wis­sens­ver­mitt­lung zu nut­zen. Und auch Eltern muss­ten uner­war­tet die Auf­ga­be über­neh­men, das nun eigen­stän­di­ge Ler­nen ihrer Kin­der zu Hau­se zu unter­stüt­zen. In der NEPS-Zusatz­be­fra­gung wur­den unter ande­rem 1.452 Eltern von Schü­le­rin­nen und Schü­lern der 8. Klas­se zu ihrer Selbst­ein­schät­zung befragt. Auch wenn die mei­sten Eltern sich die­ser Auf­ga­be gewach­sen fühl­ten, tra­ten Unter­schie­de in Abhän­gig­keit vom Bil­dungs­hin­ter­grund zuta­ge. So gaben fast ein Drit­tel der Eltern ohne aka­de­mi­schen Hin­ter­grund an, ihre Kin­der schlecht oder gar nicht unter­stüt­zen zu kön­nen. Zudem hat­ten rund 13 Pro­zent der Kin­der einen unzu­rei­chen­den oder gar kei­nen Zugang zu der für die digi­ta­le Leh­re not­wen­di­gen Tech­nik. Hier spiel­te der Bil­dungs­hin­ter­grund aller­dings kei­ne Rolle.

Die­se und wei­te­re Ergeb­nis­se der Aus­wer­tung fin­den sich im aus­führ­li­chen Bericht „Coro­na-beding­te Schul­schlie­ßun­gen… – und nun funk­tio­niert alles digi­tal?“, der auf www​.lif​bi​.de/​C​o​r​ona mit wei­te­ren Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zur Befra­gung zum Down­load bereit steht.

NEPS – Coro­na & Bil­dung, Bericht Nr. 2
Erwerbs­le­ben in der Coro­na-Kri­se: Wel­che Rol­le spie­len Bildungsunterschiede?“
Bil­dungs­un­ter­schie­de spiel­ten auch im Arbeits­le­ben wäh­rend der Zeit der Coro­na-Beschrän­kun­gen eine gro­ße Rol­le. Für die Zusatz­er­he­bung wur­den Erwerbs­tä­ti­ge aus unter­schied­li­chen Beschäf­tig­ten- und Alters­grup­pen befragt. Unter ande­rem zeig­te sich, dass der Zugang zum Home­of­fice stark vom Bil­dungs­ni­veau abhängt: Je nied­ri­ger das Bil­dungs­ni­veau, desto sel­te­ner konn­ten Erwerbs­tä­ti­ge von zuhau­se aus arbei­ten. Jun­ge Erwerbs­tä­ti­ge mit nied­ri­ger Bil­dung bil­den hier das Schluss­licht. Gleich­zei­tig fühl­te sich die Mehr­heit der Befrag­ten gut von ihren Arbeit­ge­ben­den unter­stützt. Den­noch zeigt sich über alle Grup­pen hin­weg, dass die Coro­na-Pan­de­mie bestehen­de Bil­dungs­un­gleich­hei­ten im Arbeits­le­ben bereits kurz­fri­stig ver­stärkt hat. Es ist zu befürch­ten, dass sich die sozia­len Ungleich­hei­ten in Beschäf­ti­gungs­si­cher­heit und bei den Arbeits­be­din­gun­gen auch lang­fri­stig verschärfen.

Die­se und wei­te­re Ergeb­nis­se der Aus­wer­tung fin­den sich im aus­führ­li­chen Bericht „Erwerbs­le­ben in der Coro­na-Kri­se: Wel­che Rol­le spielt Bil­dung?“ sowie in einem kor­re­spon­die­ren­dem LIf­Bi Working Paper. Bei­des steht auf www​.lif​bi​.de/​C​o​r​ona mit wei­te­ren Hin­ter­grund-infor­ma­tio­nen zur Befra­gung zum Down­load bereit .

Durch die Zusatz­be­fra­gung im Mai und Juni haben die For­sche­rin­nen und For­scher die aktu­el­len Erleb­nis­se und Ein­drücke der NEPS-Teil­neh­men­den in der Zeit zwi­schen dem Beginn der Beschrän­kun­gen und den ersten Locke­run­gen wäh­rend der Coro­na-Kri­se ermit­telt und so für die Bil­dungs­for­schung nutz­bar gemacht. Die Daten wur­den gewich­tet und post­stra­ti­fi­ziert, so dass die Aus­sa­gen ver­all­ge­mei­ner­bar sind.

„Wir beglei­ten die Teil­neh­men­den seit vie­len Jah­ren“, so Prof. Dr. Cor­du­la Artelt, Lei­te­rin des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels. „Durch die Auf­nah­me die­ser zusätz­li­chen Befra­gun­gen in unse­re kon­ti­nu­ier­li­chen Erhe­bun­gen, kön­nen wir wich­ti­ge Erkennt­nis­se dazu gewin­nen, wel­chen Ein­schnitt die Coro­na-Pan­de­mie in den Bil­dungs­bio­gra­fien der Men­schen hin­ter­lässt und wie sie sich auch in Zukunft aus­wir­ken wird.“

In den Zusatz­er­he­bun­gen wur­den vier gro­ße The­men­be­rei­che des Lebens­all­tags abge­fragt: aktu­el­le Erwerbs­si­tua­ti­on, All­tag und Ler­nen, Ver­trau­en in Poli­tik und Gesell­schaft sowie Gesund­heit und Wohl­be­fin­den. Dar­über hin­aus wur­den die Teil­neh­men­den auch zu ihren Zukunfts­er­war­tun­gen und ihrer Risi­ko­be­reit­schaft sowie zur ver­än­der­ten Nut­zung von Lern­an­ge­bo­ten und Medi­en in der Schu­le und der pri­va­ten und beruf­li­chen Wei­ter­bil­dung befragt. Alle so erho­be­nen Daten las­sen sich her­an­zie­hen, um ein dif­fe­ren­zier­tes Bild der Coro­na-Aus­wir­kun­gen auf die Bil­dungs­bio­gra­fien der Befrag­ten zu erhalten.

Über das NEPS und die Corona-Zusatzbefragung

Das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) in Bam­berg behei­ma­tet ist, besteht aus sechs gro­ßen Teil­stu­di­en, den soge­nann­ten Start­ko­hor­ten. Die­se umfas­sen ins­ge­samt mehr als 60.000 gete­ste­te und befrag­te Per­so­nen von der Geburt über Aus­bil­dungs- und Erwerbs­pha­se bis hin­ein in die Nach­er­werbs­pha­se sowie 40.000 zusätz­lich befrag­te Per­so­nen aus deren Umfeld, etwa Eltern und päd­ago­gi­sches Fach­per­so­nal. Die Stich­pro­ben der Start­ko­hor­ten wur­den reprä­sen­ta­tiv für ganz Deutsch­land gezogen.

Das NEPS wird getra­gen von einem inter­dis­zi­pli­när zusam­men­ge­setz­ten, deutsch­land­wei­ten Exzel­lenz­netz­werk, in dem zwölf renom­mier­te For­schungs­in­sti­tu­te zusam­men­ar­bei­ten. Gelei­tet wird das NEPS von Prof. Dr. Cor­du­la Artelt vom Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe in Bam­berg. Wie bei allen im Rah­men des NEPS durch­ge­führ­ten Befra­gun­gen üblich, wer­den auch die Daten der Coro­na-Zusatz­be­fra­gun­gen sorg­fäl­tig anony­mi­siert und durch das LIf­Bi Bil­dungs­for­schen­den welt­weit zugäng­lich gemacht.

Durch die im Natio­na­len Bil­dungs­pa­nel erho­be­nen Daten ste­hen For­sche­rin­nen und For­schern inter­na­tio­nal ein­zig­ar­ti­ge Lang­zeit­da­ten zur Ver­fü­gung, die nicht nur eine Moment­auf­nah­me wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie ermög­li­chen. Damit lie­fern die für Deutsch­land reprä­sen­ta­ti­ven Stu­di­en des NEPS einen wich­ti­gen Bei­trag für die Auf­ar­bei­tung der Kri­se und kön­nen genutzt wer­den, um das Bil­dungs­sy­stem lang­fri­stig zu stär­ken und auf zukünf­ti­ge Kri­sen vor­zu­be­rei­ten. Auch die Aus­wir­kun­gen der aktu­el­len Situa­ti­on auf die Digi­ta­li­sie­rung des Ler­nens, die Ent­wick­lung sozia­ler Bil­dungs­un­gleich­heit und die Fol­gen für ver­schie­den­ste Bil­dungs­er­geb­nis­se kön­nen mit­hil­fe der Längs­schnitt­in­for­ma­tio­nen des NEPS unter­sucht werden.

Über das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi)

Das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) an der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg unter­sucht Bil­dungs­pro­zes­se von der Geburt bis ins hohe Erwach­se­nen­al­ter. Um die bil­dungs­wis­sen­schaft­li­che Längs­schnitt­for­schung in Deutsch­land zu för­dern, stellt das LIf­Bi grund­le­gen­de, über­re­gio­nal und inter­na­tio­nal bedeut­sa­me, for­schungs­ba­sier­te Infra­struk­tu­ren für die empi­ri­sche Bil­dungs­for­schung zur Verfügung.

Kern des Insti­tuts ist das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am LIf­Bi behei­ma­tet ist und die Exper­ti­se eines deutsch­land­wei­ten, inter­dis­zi­pli­nä­ren Exzel­lenz­netz­werks ver­eint. Wei­te­re Groß­pro­jek­te, an denen das LIf­Bi betei­ligt oder füh­rend ist, sind die Flücht­lings­stu­die ReGES, das schul­be­zo­ge­ne Inklu­si­ons­pro­jekt INSI­DE, die För­der­stu­die für benach­tei­lig­te Kin­der und Fami­li­en BRI­SE oder die regio­na­le Stu­die zu Bil­dung in Ober­fran­ken BiLO.

Grund­la­ge dafür sind die eige­nen For­schungs- und Ent­wick­lungs­ar­bei­ten, ins­be­son­de­re die fun­dier­te Instru­men­ten- und Metho­den­ent­wick­lung für längs­schnitt­li­che Bil­dungs­stu­di­en, von der auch ande­re Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen und ‑pro­jek­te profitieren.