Appell an Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te aus dem Kreis Kulm­bach: „Wild­west-Zustän­de in der Fleisch­bran­che beenden“

Die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) Ober­fran­ken for­dert Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te aus dem Kreis Kulm­bach auf, in Ber­lin für das geplan­te Ver­bot von Werk­ver­trä­gen und Leih­ar­beit in der Fleisch­wirt­schaft zu stim­men. Coro­na-Aus­brü­che in meh­re­ren Fleisch­un­ter­neh­men hät­ten gezeigt, wohin die Miss­stän­de füh­ren können.

„Für die über­wie­gend ost­eu­ro­päi­schen Beschäf­tig­ten in Sub­un­ter­neh­men sind extre­me Arbeits­be­la­stung, Lohn-Prel­le­rei und Unter­brin­gung in abriss­rei­fen Woh­nun­gen seit Jah­ren an der Tages­ord­nung. Mit sol­chen Wild­west-Metho­den muss end­lich Schluss sein“, for­dert Micha­el Grundl, Geschäfts­füh­rer der NGG-Regi­on Oberfranken.

Nur noch 16 Betrie­be im Kreis Kulmbach

Das geplan­te „Arbeits­schutz­kon­troll­ge­setz“ kön­ne die Fleisch­bran­che zugleich stär­ken: Nach Anga­ben der Arbeits­agen­tur sank die Zahl der Schlacht- und Ver­ar­bei­tungs­be­trie­be im Land­kreis Kulm­bach inner­halb von 20 Jah­ren um 56 Pro­zent. Von 36 Betrie­ben im Jahr 1999 gibt es heu­te nur noch 16. „Die­se Kon­zen­tra­ti­on hat dazu geführt, dass regu­lä­re Stel­len ver­lo­ren gin­gen und Arbei­ten an Sub­un­ter­neh­men aus­ge­la­gert wur­den – zu pre­kä­ren Bedin­gun­gen“, betont Grundl. Die Zahl sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ger Fleisch-Jobs sank laut Arbeits­agen­tur im Land­kreis bin­nen 20 Jah­ren um 72 Pro­zent – wäh­rend die regu­lä­re Beschäf­ti­gung in allen Bran­chen ins­ge­samt um neun Pro­zent zuleg­te. „Mit Hil­fe des neu­en Geset­zes müs­sen nun die Stamm­be­leg­schaf­ten wie­der auf­ge­baut und muss die Mit­be­stim­mung gestärkt wer­den. Das führt zu höhe­ren Löh­nen. Sozi­al­ab­ga­ben und Steu­er­ein­nah­men stei­gen“, so die NGG.

Nach dem Gesetz­ent­wurf des Bun­des­ar­beits­mi­ni­ste­ri­ums sol­len ab 1. Janu­ar 2021 Werk­ver­trä­ge und ab 1. April 2021 Leih­ar­beit in Fleisch­be­trie­ben mit mehr als 49 Per­so­nen ver­bo­ten wer­den. „In den ver­gan­ge­nen Jah­ren sind alle Ver­su­che geschei­tert, die Bran­che zum Umden­ken zu bewe­gen – weder durch frei­wil­li­ge Selbst­ver­pflich­tun­gen und selbst mit dem Gesetz zur Siche­rung von Arbeit­neh­mer­rech­ten in der Fleisch­wirt­schaft nicht. Das Ver­bot ist über­fäl­lig“, so Grundl.

Der Gewerk­schaf­ter warnt jedoch vor Trick­se­rei­en. Unter­neh­men dürf­ten nicht ver­su­chen, das Gesetz durch neu gegrün­de­te Toch­ter­ge­sell­schaf­ten oder ande­re Schlupf­lö­cher zu umge­hen: „Vom Schlach­ten bis zum Ver­packen – alle Arbeits­schrit­te in der Fleisch­pro­duk­ti­on müs­sen von Beschäf­tig­ten erle­digt wer­den, die direkt beim Unter­neh­men ange­stellt sind.“ Das Gesetz zum Ver­bot von Leih­ar­beit und Werk­ver­trag sei der erste Schritt. „Und dann brau­chen wir als zwei­ten Schritt einen Tarif­ver­trag, der für alle Beschäf­tig­ten in den rund 7.700 Unter­neh­men der Bran­che gute Löh­ne und fai­re Arbeits­be­din­gun­gen absi­chert. Wir sind gespannt, ob die Unter­neh­men hier­zu ernst­haft bereit sind.“

Das Argu­ment von Lob­by­ver­bän­den, die Fleisch­bran­che sei auf Werk­ver­trä­ge und Leih­ar­beit ange­wie­sen, um Auf­trags­spit­zen etwa zur Grill­sai­son abzu­fe­dern, über­zeu­ge nicht. „Mög­lich wären bei­spiels­wei­se auch befri­ste­te Arbeits­ver­trä­ge. Bes­ser noch: Arbeits­zei­ten las­sen sich per Tarif­ver­trag und Arbeits­zeit­kon­ten regeln – wie das auch in ande­ren Berei­chen der Lebens­mit­tel­bran­che seit lan­gem üblich ist“, so Grundl.