Aus der Gau­stadter Leser­post: Lan­ge Stra­ße in Bam­berg – Der Teu­fel steckt im Detail

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Sehr geehr­te Damen und Herren!

Die Rad­ver­kehrs­an­la­gen der Lan­gen Stra­ße, teils bau­li­che Rad­we­ge, teils mar­kier­te Spu­ren, die in Fahrt­rich­tung Kapu­zi­ner­stra­ße (kei­ne Benut­zungs­pflicht) nicht immer als soge­nann­te „Schutz­strei­fen“ (schüt­zen kön­nen sie nicht) oder für Rad­ver­kehr nutz­ba­re Sei­ten­strei­fen iden­ti­fi­zier­bar sind, bie­ten kei­ne Sicher­heit. Sie sind bei einem maxi­ma­len Quer­schnitt von knapp über einem Meter weit schma­ler als gemäß Regel­werks (Emp­feh­lun­gen für Rad­ver­kehrs­an­la­gen – ERA: Regel­maß bau­li­cher Rad­weg 2,00 m, Rad­fahr­strei­fen 1,85, „Schutz­strei­fen“ 1,50 m, jeweils zuzüg­lich seit­li­cher Sicher­heits­räu­me) vor­ge­se­hen und unter­schrei­ten sogar die für kur­ze, unver­meid­ba­re Eng­stel­len noch zuläs­si­gen Min­dest­ma­ße deutlich.

Weder die zahl­rei­chen Falsch­par­ker noch vie­le Fuß­gän­ger beach­ten die Rad­ver­kehrs­an­la­gen, so daß die­se nicht frei zu befah­ren sind. Erschwert wird die Situa­ti­on durch Außen­ga­stro­no­mie, die den Bewe­gungs­raum der Fuß­gän­ger stark ein­engt, aber auch selbst den Rad­lern gele­gent­lich gefähr­lich nahe kommt.

Eine zusätz­li­che Gefah­ren­quel­le ent­stand, als der Rad­weg auf einem Teil­stück auf­ge­ho­ben wur­de. Denn unge­si­cher­tes Ein­fä­deln auf die Fahr­bahn stellt ein gro­ßes, abseh­ba­res, von der Stadt Bam­berg indes igno­rier­tes Risi­ko dar.

Die jetzt bean­trag­te Umge­stal­tung (Frän­ki­scher Tag sowie www​.inFran​ken​.de vom 29. August) scheint den Feh­ler in leicht abge­wan­del­ter Form wie­der­ho­len zu wol­len. Der in Gegen­rich­tung benut­zungs­pflich­ti­ge Rad­weg soll – auch hier auf einem Teil­stück – als Rad­fahr­strei­fen auf die Fahr­bahn ver­legt, die Benut­zungs­pflicht somit bei­be­hal­ten wer­den. Seit­li­che Sicher­heits­räu­me sind offen­bar weder zum flie­ßen­den Kfz-Ver­kehr noch zum Bord­stein hin vor­ge­se­hen, Unfäl­le daher vor­pro­gram­miert. Denn spä­te­stens für Über­hol­vor­gän­ge, auf dem bis­he­ri­gen Rad­weg nicht (oder nur unter ver­bo­te­ner Inan­spruch­nah­me des Geh­wegs) mög­lich, auf dem Rad­fahr­strei­fen aber auf Grund des natur­ge­mäß inho­mo­ge­nen Geschwin­dig­keits­ver­hal­tens der Rad­ler (inkl. Pedelec- und E‑S­coo­ter-Nut­zer) nicht zu unter­bin­den, ist selbst die vor­ge­se­he­ne Brei­te von 2 m knapp bemes­sen. Hier­zu gibt es bereits Gerichts­ur­tei­le, wenn­gleich die­se Außer­orts­we­ge betreffen.

Daß Falsch­par­ker, Tax‑, Kurier- und Aus­lie­fe­rungs­fah­rer den Rad­fahr­strei­fen nicht respek­tie­ren, kann erfah­rungs­ge­mäß schon jetzt kon­sta­tiert wer­den (sie­he Luit­pold­stra­ße u. a.!).

Die zu Grun­de lie­gen­de Idee des Antrags ist, des­sen unge­ach­tet, zu begrü­ßen. Wenn der bis­lang durch den Rad­weg beschnit­te­ne Geh­steig Flä­che gewinnt, steigt die Auf­ent­halts­qua­li­tät spür­bar an. „Gera­de, wer bum­melt, ist erwünscht. Wer bei uns läuft, kauft auch“ (Valen­tin Hade­lich, füh­ren­der Archi­tekt bei Euro­pas Markt­füh­rer ECE mit 196 Ein­kaufs­zen­tren – zitiert aus „mobi­lo­gisch!“, Aus­ga­be 3/2020). „In Auf­ent­halts­qua­li­tät und Ser­vice inve­stie­ren wir … – in Bän­ke, Grün, Toi­let­ten … Das bringt unmit­tel­bar kei­nen Euro zurück, aber Wohl­füh­len ist ganz ent­schei­dend auch für den kom­mer­zi­el­len Erfolg … für die Läden gibt es Regeln. Sie sol­len weder grell und auf­dring­lich noch schä­big und lieb­los wirken.“

Die einem Inter­view ent­nom­me­nen Aus­sa­gen bezie­hen sich zwar auf die Gestal­tung gro­ßer Ein­kaufs­zen­tren. Ein Grund, wes­halb sie nicht auch in Fuß­gän­ger­zo­nen und vom Han­del domi­nier­ten Stra­ßen gel­ten soll­ten, ist indes nicht erkennbar.

Die lang­fri­stig vor­ge­se­he­ne Umwand­lung der Lan­gen Stra­ße zur Begeg­nungs­zo­ne (shared space) bie­tet schon jetzt Chan­cen. Der gegen die Ein­bahn­rich­tung der Kraft­fahr­zeu­ge frei­ge­ge­be­ne Rad­ver­kehr bedarf ange­sichts des gerin­gen Geschwin­dig­keits­ni­veaus kei­nes benut­zungs­pflich­ti­gen Son­der­wegs. Eine Sen­kung der maxi­mal zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit von 30 auf 20 km/​h wäre geeig­net, die Sicher­heit wei­ter zu erhö­hen. In Anbe­tracht der betrof­fe­nen Strecken­län­ge von weni­gen 100 Metern und der tat­säch­lich gefah­re­nen Geschwin­dig­kei­ten ergibt sich selbst für die Lini­en­bus­se fak­tisch kei­ne Beein­träch­ti­gung. Nur weni­ge, aber mög­li­cher­wei­se gefähr­li­che Spit­zen ein­zel­ner wür­den gekappt.

Mit freund­li­chen Grüßen
Wolf­gang Bönig