Kol­li­sio­nen im Son­nen­sy­stem: Bay­reu­ther For­scher erklä­ren die Ent­ste­hung von Stein-Eisen-Meteoriten

Mitglieder des BGI-Forschungsteams: Prof. Dr. Gregor Golabek, Danielle Silva Souza B.Sc., Prof. Dr. Audrey Bouvier (v.l.n.r.). Foto: Christian Wißler.

Palla­si­te sind Stein-Eisen-Meteo­ri­ten und bekannt für ihre unge­wöhn­li­chen, optisch attrak­ti­ven Struk­tu­ren. Ihre Her­kunft war bis­lang umstrit­ten. For­schern am Baye­ri­schen Geo­in­sti­tut (BGI) der Uni­ver­si­tät Bay­reuth ist es jetzt aber durch Hoch­druck-Expe­ri­men­te gelun­gen, die Ent­ste­hung aller bekann­ten Palla­sit-Arten zu simu­lie­ren und in die Geschich­te des Son­nen­sy­stems ein­zu­ord­nen. Dabei haben sie mit Wis­sen­schaft­lern der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Mün­chen und der Roy­al Hol­lo­way Uni­ver­si­ty of Lon­don eng zusam­men­ge­ar­bei­tet. In der Zeit­schrift „Earth and Pla­ne­ta­ry Sci­ence Let­ters” wer­den die neu­en Erkennt­nis­se vorgestellt.

Wie die For­scher jetzt her­aus­ge­fun­den haben, stam­men Palla­si­te aus Aste­ro­iden­kol­li­sio­nen vor rund 4,5 Mil­li­ar­den Jah­ren. Bei die­sen Zusam­men­stö­ßen hat sich Eisen aus dem jeweils klei­ne­ren Aste­ro­iden mit dem oli­vin­rei­chen Mate­ri­al im Man­tel des grö­ße­ren Aste­ro­iden ver­mischt. Mil­li­ar­den Jah­re spä­ter wur­den Tei­le die­ser Mate­ri­al­mi­schung durch die Wucht eines wei­te­ren Ein­schlags aus der Ober­flä­che des Aste­ro­iden her­aus­ge­sprengt und ins Welt­all kata­pul­tiert. Eini­ge davon sind schließ­lich auf der Erde ein­ge­schla­gen. Die­se Ent­ste­hungs­ge­schich­te erklärt die unge­wöhn­li­chen Struk­tu­ren der Palla­si­te: Sie ent­hal­ten grün-brau­ne Oli­vin­kri­stal­le, umge­ben von Nickel und Eisen.

Textur eines Pallasiten (Breite: 3,5 cm): Die braunen und gelbbraunen Bereiche enthalten Olivine, die in Eisen und Nickel eingebettet sind. Foto: Audrey Bouvier.

Tex­tur eines Palla­si­ten (Brei­te: 3,5 cm): Die brau­nen und gelb­brau­nen Berei­che ent­hal­ten Oli­vi­ne, die in Eisen und Nickel ein­ge­bet­tet sind. Foto: Audrey Bouvier.

In der For­schung wird die räum­li­che Anord­nung ver­schie­de­ner Mate­ria­li­en in einem Gestein und die dar­aus resul­tie­ren­den Struk­tu­ren als Tex­tur bezeich­net. Die Palla­si­te, die bis­her auf der Erde gefun­den und unter­sucht wur­den, wei­sen eine sehr gro­ße Viel­falt von Tex­tu­ren auf. „Mit unse­ren For­schungs­ar­bei­ten konn­ten wir erst­mals alle in Palla­si­ten beob­ach­te­ten Tex­tu­ren im Labor repro­du­zie­ren. Dies zeigt bei­spiel­haft, dass uns die­se Meteo­ri­ten auf­schluss­rei­che und auch uner­war­te­te Ein­blicke in die Früh­ge­schich­te unse­res Son­nen­sy­stems bie­ten kön­nen. Wir wol­len daher unse­re Struk­tur­un­ter­su­chun­gen und che­mi­schen Unter­su­chun­gen von Palla­sit-Meteo­ri­ten am BGI fort­set­zen – nicht zuletzt in den geo­che­mi­schen Labo­ra­to­ri­en, die in Kür­ze am BGI neu ent­ste­hen“, sagt Prof. Dr. Audrey Bou­vier, Pro­fes­so­rin für expe­ri­men­tel­le Pla­ne­to­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bayreuth.

Die MOVA-Hochdruckpresse im Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth kann Drücke von bis zu 15 Gigapascal (GPa) erzeugen und Gesteinsproben auf mehr als 2.000 Grad Celsius aufheizen. Foto: Christian Wißler.

Die MOVA-Hoch­druck­pres­se im Baye­ri­schen Geo­in­sti­tut (BGI) der Uni­ver­si­tät Bay­reuth kann Drücke von bis zu 15 Giga­pas­cal (GPa) erzeu­gen und Gesteins­pro­ben auf mehr als 2.000 Grad Cel­si­us auf­hei­zen. Foto: Chri­sti­an Wißler.

Die neu­en Erkennt­nis­se sind aus Expe­ri­men­ten an zwei äußerst lei­stungs­star­ken Gerä­ten her­vor­ge­gan­gen: der Hoch­druck-Pres­se MAVO am Baye­ri­schen Geo­in­sti­tut und der bau­glei­chen Hoch­druck-Pres­se SAPHiR. Die­se wird zur­zeit unter Mit­wir­kung von Prof. Dr. Hans Kepp­ler vom BGI an der For­schungs-Neu­tro­nen­quel­le Heinz Mai­er-Leib­nitz der TU Mün­chen aufgebaut.

„Mit die­sen Instru­men­ten kön­nen wir die Pro­zes­se, die zur Ent­ste­hung von Meteo­ri­ten, Aste­ro­iden oder Pla­ne­ten geführt haben, sehr rea­li­täts­nah simu­lie­ren. Um die Ent­ste­hung von Palla­si­ten durch Aste­ro­iden­kol­li­sio­nen erklä­ren zu kön­nen, haben wir die bei die­sen Pro­zes­sen herr­schen­den Druck und Tem­pe­ra­tur­ver­hält­nis­se nach­ge­ahmt: Eisen- und oli­vin­hal­ti­ge Pro­ben wur­den von uns einem Druck von einem Giga­pas­cal (GPa) bei 1.300 Grad Cel­si­us aus­ge­setzt. Die Form­ver­än­de­run­gen und inne­ren Span­nun­gen, die wir dabei an den Pro­ben im Expe­ri­ment beob­ach­ten konn­ten, haben wir dann mit den Tex­tu­ren in den Palla­sit-Meteo­ri­ten ver­gli­chen“, erklärt die Bay­reu­ther Master-Stu­den­tin Dani­elle Sil­va Sou­za. Nach ihrem Bache­lor-Abschluss in Geo­wis­sen­schaf­ten an der Bun­des­uni­ver­si­tät von Ouro Pre­to in Bra­si­li­en ist sie nach Bay­reuth gekom­men, um am BGI an expe­ri­men­tell aus­ge­rich­te­ten geo­wis­sen­schaft­li­chen Pro­jek­ten mit­zu­ar­bei­ten. Hier­zu zäh­len auch die geo­che­mi­schen Unter­su­chun­gen an Palla­si­ten. „Das BGI bie­tet für die­se For­schungs­ar­bei­ten exzel­len­te Vor­aus­set­zun­gen“, sagt die Bay­reu­ther Nachwuchs-Forscherin.

Ver­öf­fent­li­chung:

Nico­las P. Wal­te, Giu­lio F. D. Sol­fe­ri­no, Gre­gor J. Gola­bek, Dani­elle Sil­va Sou­za, Audrey Bou­vier: Two-stage for­ma­ti­on of palla­si­tes and the evo­lu­ti­on of their parent bodies reve­a­led by defor­ma­ti­on expe­ri­ments. Earth and Pla­ne­ta­ry Sci­ence Let­ters (2020), Vol. 546, 116419. DOI: https://​dx​.doi​.org/​1​0​.​1​0​1​6​/​j​.​e​p​s​l​.​2​0​2​0​.​1​1​6​419