BN-Kreis­grup­pe Bam­berg zieht gemisch­te Bilanz zur Umset­zung des Volks­be­geh­rens Artenvielfalt

Wich­ti­ge Impul­se, aber noch kei­ne Trendwende

Mar­tin Bücker (links) und Erich Spran­ger vom BUND Natur­schutz auf einer blü­ten- und arten­rei­chen Wie­se am Sau­ers­berg in Bam­berg. Die För­de­rung sol­cher Wie­sen ist wich­tig für den Erhalt der Arten­viel­falt. / Foto: Privat

Am 01. August 2020 jährt sich die Auf­nah­me zahl­rei­cher neu­er Ver­pflich­tun­gen in das Baye­ri­sche Natur­schutz­ge­setz durch das Volks­be­geh­ren Arten­viel­falt zum ersten Mal. Wie in ganz Bay­ern war die Ein­tra­gungs­quo­te auch im Raum Bam­berg histo­risch gut. In der Stadt Bam­berg wur­de sogar das zweit­be­ste Ergeb­nis unter den baye­ri­schen Städ­ten erzielt. Doch wie wur­de das Gesetz in Bay­ern umge­setzt und was ist seit­dem in Stadt und Land­kreis für die Arten­viel­falt pas­siert? Der BUND Natur­schutz Bam­berg zieht nach einem Jahr eine erste Bilanz und sieht dabei sowohl Licht- wie Schattenseiten.

„Trotz einer ins­ge­samt schlep­pen­den Umset­zung haben durch das Volks­be­geh­ren die The­men Arten­viel­falt und Insek­ten­ster­ben in Stadt und Land­kreis viel mehr Auf­merk­sam­keit bekom­men“, beob­ach­tet Mar­tin Bücker, Vor­sit­zen­der des BUND Natur­schutz Bam­berg. Am mei­sten fällt dies an den blü­ten­bun­ten Stra­ßen­rän­dern ins Auge. Sie sind heu­er in vie­len Berei­chen in Stadt und Land­kreis zu bewun­dern. Aber auch an ande­rer Stel­le zei­gen sich erste Erfol­ge. Die Vor­ga­be aus dem Volks­be­geh­ren, dass sich min­de­stens 10 Pro­zent der Grün­land­flä­che zu arten­rei­chen Wie­sen ent­wickeln und des­halb erst ab dem 15. Juni gemäht wer­den sol­len, wur­de im Raum Bam­berg bereits gut umge­setzt. „Durch ver­bes­ser­te För­der­be­din­gun­gen im Ver­trags­na­tur­schutz­pro­gramm konn­ten die­se Wie­sen­flä­chen in Stadt und Land­kreis deut­lich erhöht wer­den“, lobt Erich Spran­ger, 2. Vor­sit­zen­der des BUND Natur­schutz Bam­berg. So sind heu­er im Land­kreis 2700 Hekt­ar Wie­sen­flä­chen im Ver­trags­na­tur­schutz­pro­gramm, das ent­spricht 14 Pro­zent der Grün­land­flä­chen ins­ge­samt. Bay­ern­weit liegt die Quo­te aller­dings erst bei Prozent.

Eine wei­te­re posi­ti­ve Fol­ge des Volks­be­geh­rens ist, dass der Land­kreis Bam­berg die Stel­le eines Bio­di­ver­si­täts­be­ra­ters ein­ge­rich­tet hat. Die­ser soll die Natur­schutz­ver­wal­tung unter­stüt­zen und den Arten­schutz voranbringen.

Auch in Bezug auf die gesetz­lich ver­an­ker­te Vor­ga­be im Staats­wald 10 Pro­zent Natur­wäl­der aus­zu­wei­sen, wur­de bereits ein erster wich­ti­ger Schritt gegan­gen. Ende Mai wur­den 5 grö­ße­re Wald­ge­bie­te in Bay­ern als Natur­wäl­der dekla­riert, eines davon der Böhl­grund im Nord­stei­ger­wald. Aller­dings hofft der BUND Natur­schutz Bam­berg, dass in einem zwei­ten Schritt auch der beson­ders wert­vol­le „Hohe Buche­ner Wald“ bei Ebrach als Natur­wald unter Schutz gestellt wird.

Neben die­sen ersten Erfol­gen gibt es jedoch auch vie­le Defi­zi­te bei der Umset­zung des Volksbegehrens.

Mit der Erhö­hung der Öko­an­bau-Flä­che wur­de eine zen­tra­le For­de­rung des Volks­be­geh­rens ins Gesetz über­nom­men. Bis 2030 soll der Öko­an­bau bay­ern­weit von jetzt 11 Pro­zent auf dann 30 Pro­zent der land­wirt­schaft­li­chen Flä­che erwei­tert wer­den. In der Stadt Bam­berg wer­den der­zeit gut 12 Pro­zent und im Land­kreis nur 7 Pro­zent der land­wirt­schaft­li­chen Flä­che bio­lo­gisch bewirt­schaf­tet. Spran­ger mahnt: „Die ambi­tio­nier­ten Zie­le kön­nen nur durch eine stär­ke­re finan­zi­el­le Unter­stüt­zung des Bio-Land­baus und eine stär­ke­re För­de­rung des Absat­zes bio­lo­gi­scher Pro­duk­te erreicht wer­den. Hier ist der Ein­satz von der Staats­re­gie­rung noch deut­lich zu dürf­tig. Aber auch von Stadt und Land­kreis gibt es bis­her kei­ne Initia­ti­ven, um zum Bei­spiel auf Bio­ver­pfle­gung in Kitas, Schu­len, Kan­ti­nen oder ande­ren öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen umzustellen.“

Beim Schaf­fen eines groß­flä­chi­gen Bio­top­ver­bunds gibt es nach Ein­schät­zung des BUND Natur­schutz eben­falls noch kei­ne Ver­bes­se­run­gen. Hier feh­len weit­ge­hend die nöti­gen Kon­zep­te im Land­kreis und in den Gemein­den. Auch die Vor­ga­be eines 5 Meter brei­ten Gewäs­ser­rand­strei­fens wur­de bis­her nur halb­her­zig umge­setzt. Durch eine ein­sei­ti­ge Aus­le­gung ver­sucht man klei­ne Gewäs­ser aus der Vor­ga­be her­aus zu neh­men und die Rand­strei­fen mög­lichst schmal zu bemes­sen. Dies ver­wun­dert Mar­tin Bücker, „denn es ist abso­lut unstrit­tig, dass nicht nur die Arten­viel­falt, son­dern auch die Gewäs­ser­qua­li­tät stark von den Gewäs­ser­rand­strei­fen profitiert.“

Eine völ­li­ge Fehl­an­zei­ge ist bis­her der Schutz der wert­vol­len Streu­obst­wie­sen. Sie sind durch die unsin­nig stren­ge Defi­ni­ti­on des Begriffs „Streu­obst­wie­se“ größ­ten-teils nicht geschützt, obwohl das ganz klar dem Sinn des Volks­be­geh­rens wider-spricht. Der BUND Natur­schutz Lan­des­ver­band wird daher gegen die ent­spre­chen­de Ver­ord­nung klagen.

„Neben der schlep­pen­den Umset­zung, teil­wei­se lei­der auch der Blocka­de eini­ger staat­li­cher Ver­pflich­tun­gen, ist auch in der Gesamt­po­li­tik noch kei­ne Trend­wen­de zugun­sten der Arten­viel­falt erfolgt“, stellt Bücker fest. „Wir brau­chen noch mehr Schub für einen groß­flä­chi­gen funk­tio­nie­ren­den Bio­top­ver­bund, mehr Bio in allen Kan­ti­nen und bei allen Ver­an­stal­tun­gen, weni­ger Pesti­zid­ein­satz, mehr Natur­wäl­der und weni­ger Flä­chen­ver­brauch und Natur­zer­stö­rung.“ Als Nega­tiv­bei­spiel für den unge­brem­sten Flä­chen­ver­brauch im Land­kreis Bam­berg nann­te Bücker die gro­ße Erwei­te­rung des Gewer­be­ge­bie­tes „Bran­däcker Süd“ im Süden von Scheß­litz und als beson­ders kras­ses Bei­spiel die geplan­te gigan­ti­sche Erschlie­ßungs­stra­ße mit zuge­hö­ri­gen Gewer­be- und Wohn­flä­chen im Nor­den von Buttenheim.

Auf über­re­gio­na­ler Ebe­ne for­dert der BUND Natur­schutz von den poli­ti­schen Ent­schei­dungs­trä­gern sich für eine Ände­rung der Agrar­po­li­tik, für ein ver­bind­li­ches Flä­chen­spar­ziel und eine wirk­sa­me Kli­ma­schutz­po­li­tik ein­zu­set­zen, um wirk­lich eine Trend­wen­de beim Schutz der Arten­viel­falt zu errei­chen. Gera­de den Ein­satz Bay­erns für die längst über­fäl­li­ge Öko­lo­gi­sie­rung der EU-Agrar­zah­lun­gen ver­misst der BUND Natur­schutz vollständig.