Mit­tel­al­ter­li­che Zie­gel­her­stel­lung im Frän­ki­schen Freilandmuseum

Glühende Ziegel im Brennofen, Foto Lisa Baluschek
Glühende Ziegel im Brennofen, Foto Lisa Baluschek

Vom Lehm zum Ziegel

Für den Wie­der­auf­bau des spät­mit­tel­al­ter­li­chen Bad­hau­ses aus Wen­del­stein im Frän­ki­schen Frei­land­mu­se­um wird ein ganz beson­de­rer Nach­schub benö­tigt: Die Hand­wer­ker des Muse­ums fer­tig­ten in rei­ner Hand­ar­beit Dach­zie­gel und Back­stei­ne in mit­tel­al­ter­li­chen Her­stel­lungs­tech­ni­ken! Für die Umfas­sungs­mau­er um das Gelän­de feh­len noch Back­stei­ne und für deren klei­nes Däch­lein die Dachziegel.

Zuerst wird der erd­feuch­te und leicht brö­se­li­ge Lehm durch­ge­kne­tet und ver­presst, sodass alle Luft aus der Lehm­mi­schung ent­weicht. Zur For­mung der Zie­gel wirft und drückt Mit­ar­bei­ter Man­fred Kle­wer den Lehm in die Form, um Luft­bla­sen oder Fehl­stel­len an den Kan­ten zu ver­mei­den. Dann zieht der Zieg­ler die über­schüs­si­ge Mas­se mit einer Draht­schlin­ge oder einem Kant­holz ab. Die Werk­stücke löst man anschlie­ßend behut­sam aus den For­men und lässt sie für etwa vier bis fünf Wochen in den Trocken­re­ga­len neben der Zie­ge­lei im Frei­en aushärten.

Die getrock­ne­ten Zie­gel und Back­stei­ne wer­den im Frei­land­mu­se­um in einem rekon­stru­ier­ten spät­mit­tel­al­ter­li­chen Zie­gel­brenn­ofen gebrannt. Die rich­ti­ge Schich­tung ist die Kunst der erfah­re­nen Zieg­ler: Zuerst wer­den unten die schwe­ren Back­stei­ne ein­ge­schich­tet und dar­über vor­sich­tig die Zie­gel hoch­kant auf­ge­stellt. Oben ver­schließt man den Ofen mit einer Schicht Kies. Dabei blei­ben eini­ge Öff­nun­gen frei, durch die Hit­ze ent­wei­chen kann. In der Nacht wird die Hit­ze durch klei­ne Flämm­chen sichtbar.

Jetzt steht der wich­tig­ste Schritt bevor: 72 Stun­den dau­ert das Bren­nen, wäh­rend­des­sen cam­pie­ren die Hand­wer­ker neben dem Ofen. Am ersten Tag hei­zen die Zieg­ler den Ofen erst auf 150 bis 200°C auf. Das lang­sa­me Erhit­zen des Ofens ver­mei­det Span­nungs­ris­se im Brenn­gut. Am zwei­ten Tag müs­sen kon­stant bis zu 600°C herr­schen, da ab etwa 500°C der Ver­zie­ge­lungs­pro­zess beginnt. Am letz­ten Brand­tag wird die Tem­pe­ra­tur auf über 950°C erhöht und über die letz­ten zwölf bis vier­zehn Stun­den gehal­ten. Dadurch wer­den die Zie­gel frost­si­cher und haben eine län­ge­re Lebensdauer.

Eben­so behut­sam erfolgt das Abküh­len: Erst nach etwa zwei Wochen ist die Tem­pe­ra­tur soweit gesun­ken, dass die Zieg­ler den Ofen öff­nen und aus­räu­men kön­nen. Die Back­stei­ne wer­den nun beim Bad­haus­bau ver­wen­det. Das Dach ist bereits mit den im Muse­um her­ge­stell­ten Biber­schwanz-Zie­gel ein­ge­deckt. Sie zie­ren in der optisch beson­ders anspre­chen­den und dich­ten Dop­pel­deckung die west­li­che Dach­sei­te des Bad­hau­ses. Gegen­über wur­den die noch erhal­te­nen histo­ri­schen Zie­gel ver­baut. Im näch­sten Früh­jahr 2021 soll das Bad­haus fei­er­lich eröff­net wer­den. Eine mit Zie­geln bedach­ten Umfas­sungs­mau­er soll es dann von den benach­bar­ten bäu­er­li­chen Gehöf­ten abgren­zen und als wich­ti­ge öffent­li­che Ein­rich­tung hervorheben.

Lisa Balu­schek M.A.

(Sie­he dazu auch Mit­tel­al­ter­li­cher Zie­gel­ofen im Frän­ki­schen Frei­land­mu­se­um ist drei Tage lang in Betrieb)