Dia­ko­nie Bam­berg-Forch­heim: „Mit­ar­bei­ten­den-Tausch in Coro­na-Zei­ten ist für alle Sei­ten ein Gewinn“

Man­geln und Medi­ka­men­te aus­tei­len statt Spie­len und Früherziehung

„Ich habe tat­säch­lich ange­fan­gen, zu Hau­se mehr zu bügeln.“ Sabri­na Men­de schmun­zelt, als sie mit­ten in der Wäsche­rei im Unter­ge­schoss des Dia­ko­nie-Senio­ren­zen­trums St. Eli­sa­beth in Ebern steht und Hand­tü­cher sta­pelt. Eigent­lich ist sie Kin­der­pfle­ge­rin in der Kita Jean Paul in Bam­berg, die wie das Eber­ner Pfle­ge­heim zur Dia­ko­nie Bam­berg-Forch­heim gehört. Als auf­grund der Coro­na-Rege­lun­gen in den Kitas nur noch Not­grup­pen mög­lich waren, stand für den Trä­ger die Fra­ge im Raum: Mit­ar­bei­ten­de in Kurz­ar­beit schicken oder eine ande­re Mög­lich­keit fin­den, die viel­leicht sogar dem gesam­ten Werk nutzt.

Aus­tausch statt Kurzarbeit

„Die Dia­ko­nie Bam­berg-Forch­heim hat über 40 Ein­rich­tun­gen und Pro­jek­te. Mit dem Lock­down muss­ten wir eini­ge Ange­bo­te ein­damp­fen oder gar schlie­ßen“, berich­tet Dr. Nor­bert Kern, Vor­stands­vor­sit­zen­der. „Unse­re Grö­ße war aber auch unser Glück: Wäh­rend die Tages­pfle­gen schlie­ßen muss­ten, benö­tig­ten die Pfle­ge­hei­me teil­wei­se Per­so­nal. Und auch in ande­ren Berei­chen waren hel­fen­de Hän­de will­kom­men.“ Mit­ar­bei­ten­de, die eigent­lich im Bam­ber­ger Jugend­gä­ste­haus in der Haus­wirt­schaft arbei­ten, sind aktu­ell im Senio­ren­zen­trum Katha­ri­na von Bora im Ein­satz, die Fah­rer der Tages­pfle­gen schwan­gen den Maler­pin­sel und frisch­ten das Tages­zen­trum Most­viel auf und eini­ge Mit­ar­bei­ten­de mach­ten sich auf in ein klei­nes beruf­li­ches Aben­teu­er und wech­sel­ten – wie Sabri­na Men­de – die Ein­rich­tung, die Abtei­lung und den Fach­be­reich. „Wir freu­en uns sehr, dass wir nicht zuletzt durch die Bereit­schaft der Mit­ar­bei­ten­den, sich auf Neu­es ein­zu­las­sen, tat­säch­lich bis jetzt nie­man­den in Kurz­ar­beit schicken muss­ten“, freut sich Karl-Heinz Seib, Vor­stand Per­so­nal bei der Dia­ko­nie Bam­berg-Forch­heim. Die Arbeits­ver­trags­richt­li­ni­en (AVR) der Dia­ko­nie ermög­li­chen es, inner­halb eines Trä­gers Mit­ar­bei­ten­de bis zu drei Mona­ten an eine ande­re Ein­rich­tung „aus­zu­lei­hen“. Das habe man genutzt.

Bügel­brett statt Bastelschere

Anstatt mit Kin­dern zu arbei­ten, steht Sabri­na Men­de seit Mit­te Mai am Bügel­brett, legt Wäsche zusam­men, sor­tiert sie und steht an der Man­gel. „Das ist aber eigent­lich Hei­kes Métier“, lacht die jun­ge Frau ihre Kol­le­gin Hei­ke Amon an. Die­se ist auch kein Stamm­per­so­nal in der Wäsche­rei von St. Eli­sa­beth: Nor­ma­ler­wei­se orga­ni­siert sie die Küche in der Dia­ko­nie-Kita St. Johan­nis in Hirschaid und sorgt dort als Haus­wirt­schafts­kraft für Ord­nung. Die bei­den „Neu­en“ sind in St. Eli­sa­beth bereits bestens inte­griert. „Scha­de, dass sie uns in ein paar Wochen schon wie­der ver­las­sen“, meint auch Ein­rich­tungs­lei­ter Ste­fan Dün­kel. Sein Wäsche­rei-Team hät­te sehr von die­sem Aus­tausch pro­fi­tiert. „Es ist nie schlecht, wenn jemand mit einem fri­schen Blick von außen kommt. Man selbst wird ja mit der Zeit etwas betriebs­blind.“ Er ermu­tigt die bei­den Kita-Mit­ar­bei­te­rin­nen, auch Ideen ein­zu­brin­gen, um even­tu­ell Abläu­fe oder auch ein­fach Klei­nig­kei­ten ver­bes­sern zu können.

Nichts zu ver­bes­sern gibt es ein­deu­tig an der guten Atmo­sphä­re im Unter­ge­schoss von St. Eli­sa­beth: „Wir lachen hier viel und das Wäsche­rei-Team ist toll“, erzählt Hei­ke Amon. Sie beein­druckt die Arbeit, die die Kol­le­gin­nen Hei­di Ammon, Hei­di Appel­mann und Yuli­ya Ona-Güth­lein hier lei­sten. „Kör­per­lich ist das nicht ohne“, sind sich die bei­den „Neu­en“ einig. „Ich hat­te gar nicht auf Radar, dass in einem Pfle­ge­heim der Bereich Wäsche­rei auch so wich­tig ist“, fügt Sabri­na Men­de hin­zu. „Für uns bei­de sind die Wochen hier wirk­lich eine Bereicherung.“

Struk­tu­ren schaf­fen als Verbindung

Das wür­den Knut Sta­ab und Manue­la Thein auch sofort unter­schrei­ben. Die bei­den sind eben­falls eigent­lich in Kin­der­hor­ten bzw. ‑tages­stät­ten der Dia­ko­nie Bam­berg-Forch­heim in Bam­berg ange­stellt. Jetzt hat es sie wie Sabri­na Men­de und Hei­ke Amon nach Ebern ver­schla­gen – in einen völ­lig ande­ren Fach- und Arbeits­be­reich: die Sozi­al­psych­ia­trie. Ihr Ein­satz­ort ist im Bereich Woh­nen und Pfle­ge im Sozi­al­psych­ia­tri­schen Zen­trum (SPZ) an den Eis­wie­sen. „Die ersten zwei bis drei Tage waren eine gro­ße Her­aus­for­de­rung. Alles war kom­plett anders als im Hort“, gesteht Knut Sta­ab. „Doch das Team hier ist groß­ar­tig und das färbt auch auf die Atmo­sphä­re und die Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner ab.“ Anstatt Kin­der bei den Haus­auf­ga­ben zu unter­stüt­zen, sind es hier erwach­se­ne Men­schen, die der gelern­te Erzie­her und sei­ne Kol­le­gin Manue­la Thein jetzt im All­tag beglei­ten: Wecken, bei der Mor­gen-Hygie­ne unter­stüt­zen und anlei­ten, Früh­stück machen, Medi­ka­men­te aus­ge­ben, etc. Yvonne Link, Fach­kraft im SPZ: „Für unse­re Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner ist eine feste Tages­struk­tur enorm wich­tig, um sich im All­tag ori­en­tie­ren zu kön­nen.“ Das sei tat­säch­lich eine Par­al­le­le zu ihrer Arbeit in der Kin­der­ta­ges­stät­te Jean Paul, meint Manue­la Thein: „Auch wir schaf­fen Struk­tu­ren, an denen sich – in unse­rem Fall – die Kin­der ori­en­tie­ren kön­nen und die Halt geben.“ Das Arbei­ten mit den psy­chisch erkrank­ten Men­schen sei natür­lich trotz­dem eine ande­re Her­aus­for­de­rung. „Was hier im SPZ gelei­stet wird, ist groß­ar­tig“, sind sich die bei­den Kita-Mit­ar­bei­ten­den einig.

„Anfangs waren die Bewoh­ner noch sehr zurück­hal­tend uns Neu­en gegen­über“, berich­tet Knut Sta­ab. Jetzt hät­ten sie aber Ver­trau­en gefasst und „fra­gen schon, war­um ich nicht blei­ben kann“, freut sich die Hort-Fach­kraft. „Die Bewoh­ner sehen uns schon als Teil des Teams“, bestä­tigt auch Manue­la Thein. „Sie kom­men auch zu uns, um uns für sie wich­ti­ge Din­ge zu erzäh­len. Das ist sehr schön.“

Rie­sen­fül­le von Eindrücken

Was bleibt von die­sem beson­de­ren Kol­le­gen-Aus­tausch inner­halb der Dia­ko­nie Bam­berg-Forch­heim? „Eine Rie­sen­fül­le von Ein­drücken und Erfah­run­gen: Ich habe Berei­che in unse­rem Dia­ko­ni­schen Werk ken­nen gelernt, die ich vor­her über­haupt nicht bewusst wahr­ge­nom­men hat­te, und ich konn­te Berüh­rungs­äng­ste gegen­über psy­chisch erkrank­ten Men­schen abbau­en“, zieht Knut Sta­ab sein per­sön­li­ches Fazit. „Es war defi­ni­tiv eine Berei­che­rung“, meint auch Manue­la Thein: „Ich konn­te mei­nen Hori­zont erwei­tern und auch Men­schen­kennt­nis dazu gewin­nen.“ „Wir haben tol­le Men­schen ken­nen­ge­lernt und viel Spaß gehabt“, bestä­ti­gen auch Sabri­na Men­de und Hei­ke Amon. Die vier und auch alle ande­ren Dia­ko­nie-Mit­ar­bei­ten­den, die für eini­ge Wochen ihren beruf­li­chen Ein­satz­ort gewech­selt haben, neh­men die­se Erfah­run­gen und Erleb­nis­se mit in ihre Stammein­rich­tun­gen. Sie berich­ten dort von den ande­ren Fach­be­rei­chen, den Kol­le­gen und Teams aus ande­ren Abtei­lun­gen und rücken so auch die Dia­ko­nie Bam­berg-Forch­heim als ein gemein­sa­mer Trä­ger mit unter­schied­lich­sten Ange­bo­ten wie­der in das Bewusst­sein der Mit­ar­bei­ten­den: Ein Gewinn für alle Seiten.