Tod auf lei­sen Rädern – Mäh­ro­bo­ter gefähr­den Igel und Co.

Mäh­ro­bo­ter sind oft töd­lich für vie­le Gar­ten­be­woh­ner und gefähr­den die Arten­viel­falt – nicht nur Igel sind betroffen

Verletzer Igel durch Maehrober. Foto:  Karin Oehl

Ver­let­zer Igel durch Maehro­ber. Foto: Karin Oehl

Igel in baye­ri­schen Gär­ten schwe­ben zuneh­mend in Gefahr. Mit der anstei­gen­den Nut­zung von moto­ri­sier­ten Mäh­werk­zeu­gen wie Mäh­ro­bo­tern oder Faden­mä­hern wer­den die klei­nen Säu­ge­tie­re nicht nur in ihrer Lebens­wei­se bedroht, son­dern häu­fig auch schwer ver­letzt. Selbst an Rück­zugs­or­ten im Gar­ten sind sie dank Frei­schnei­dern oder Motor­sen­sen oft nicht mehr sicher. Lau­fen Mäh­ro­bo­ter nach Ein­bruch der Däm­me­rung, sind die nacht­ak­ti­ven Tie­re beson­ders gefähr­det. „Die mei­sten Mäh­ro­bo­ter erken­nen klei­ne Tie­re wie jun­ge Igel, Rep­ti­li­en oder Amphi­bi­en nicht als Hin­der­nis. Sie fah­ren des­halb oft ein­fach über die Tie­re hin­weg und fügen ihnen grau­sa­me Ver­let­zun­gen und Ver­stüm­me­lun­gen zu“, weiß die LBV-Igel-Exper­tin Anni­ka Lan­ge. „Nicht sel­ten ster­ben die Igel bei sol­chen Unfäl­len oder an den dar­aus resul­tie­ren­den Wun­den, die sich häu­fig infi­zie­ren.“ Dar­über hin­aus fin­den sie auf den so geschaf­fe­nen ste­ri­len Rasen­flä­chen auch kei­ne Nah­rung mehr. „Wo Mäh­ro­bo­ter regel­mä­ßig fah­ren wächst kei­ne Blü­te mehr. In der Fol­ge blei­ben die Insek­ten fern, die für den Igel ein Haupt­be­stand­teil der Ernäh­rung sind.“

Die Arten­schüt­zer des LBV beschäf­ti­gen seit dem Start ihres Pro­jekts „Igel in Bay­ern“ 2014 inten­siv mit der Bedro­hung der sym­pa­thi­schen Sta­chel­rit­ter in unse­ren Gär­ten. Mäh­ro­bo­ter gewin­nen in Bay­ern von Jahr zu Jahr zuneh­mend an Beliebt­heit. Heut­zu­ta­ge kom­men die auto­ma­ti­schen Rasen­mä­her in vie­len Nach­bar­schaf­ten vor. Was vie­len Robo­ter­be­sit­zern dabei nicht bewusst ist: wel­chen Scha­den sie damit an der Natur im eige­nen Gar­ten anrich­ten. Regel­mä­ßig wer­den näm­lich Tie­re von den ver­meint­lich hilf­rei­chen Gar­ten­ma­schi­nen ver­stüm­melt oder getö­tet. „Und da vie­le Robo­ter-Opfer ein­fach in der Müll­ton­ne ent­sorgt wer­den, gehen wir von einer hohen Dun­kel­zif­fer aus“, so Lan­ge weiter.

Die Gefahr, die von den Gerä­ten aus­geht, bestä­tigt auch ein aktu­el­ler Test­be­richt von Stif­tung Waren­test: Seit dem letz­ten Test hät­ten die Her­stel­ler zwar nach­ge­bes­sert, trotz­dem beschä­dig­ten alle elf gete­ste­ten Gerä­te einen auf dem Boden aus­ge­streck­ten, höl­zer­nen Kin­der­arm und erziel­ten damit besten­falls ein „aus­rei­chend“ in der Kate­go­rie „Sicher­heit“. Zwei Robo­ter über­fuh­ren sogar höl­zer­ne Füße und wur­den des­halb als „man­gel­haft“ ein­ge­stuft. „Ein Mäh­ro­bo­ter, der Kör­per­tei­le von Kin­dern über­fah­ren wür­de, stellt auch eine Gefahr für klei­ne Tie­re wie jun­ge Igel, Blind­schlei­chen, Eidech­sen, Insek­ten und Spin­nen­tie­re dar“, weiß die LBV-Exper­tin. „Und da Igel bei Gefahr meist nicht davon­lau­fen, son­dern sich zu einer Sta­chel­ku­gel zusam­men­rol­len, sind sie den stets über­le­ge­nen Maschi­nen schutz­los aus­ge­lie­fert und von der Gefahr beson­ders betroffen.“

Eini­ge der Her­stel­ler wei­sen sogar dar­auf hin, dass ihre Mäh­ro­bo­ter nicht unbe­auf­sich­tigt lau­fen soll­ten. „Lei­der ist das aber oft einer der Haupt­grün­de für die Anschaf­fung eines Mäh­ro­bo­ters – er arbei­tet ganz allein, ohne dass man dane­ben­ste­hen muss,“ so Lan­ge. Des­halb hiel­ten sich vie­le Robo­ter­be­sit­zer nicht dar­an. „Vie­le Leu­te las­sen den Robo­ter sogar nachts lau­fen, weil dann weder Kin­der noch Haus­tie­re im Gar­ten sind.“ An die töd­li­che Gefahr für die nacht­ak­ti­ven Igel und ande­re nächt­li­che Gar­ten­be­woh­ner den­ken dabei jedoch die wenigsten.

Davon abge­se­hen wird durch den Ein­satz von Mäh­ro­bo­tern auch ver­hin­dert, dass ein sta­bi­les Öko­sy­stem ent­ste­hen kann, das für einen gesun­den Gar­ten steht und dem Gärt­ner Arbeit abneh­men kann. „In Rasen, der fast täg­lich von Mäh­ro­bo­tern gemäht wird, haben Wild­blu­men wie Klee kei­ne Chan­ce Blü­ten zu bil­den oder sich wei­ter aus­zu­sä­en. Auch wird der Rasen so dicht, dass sich kaum neue Wild­blu­men ansie­deln kön­nen“, so Anni­ka Lan­ge. Was vie­le als Vor­teil emp­fin­den hat für die Natur jedoch nur Nach­tei­le: Wild­blu­men ernäh­ren zahl­rei­che Insek­ten­ar­ten, denen in einem Mäh­ro­bo­ter-Rasen dann die Nah­rungs­grund­la­ge fehlt. Zier­blu­men wie gefüll­te Rosen, Dah­li­en oder Chry­san­the­men hin­ge­gen sind für bestäu­ben­de Insek­ten oft wert­los und kön­nen die Wild­blu­men nicht erset­zen. „Die weni­gen Insek­ten, die sich doch auf den Rasen ver­ir­ren wer­den dann oft in den Mäh­ro­bo­ter ein­ge­so­gen und zer­häck­selt. Des­halb stel­len Mäh­ro­bo­ter eine Gefahr für die Arten­viel­falt dar. Die Nut­zung eines Mäh­ro­bo­ters ist somit mit einer natur­na­hen Gar­ten­ge­stal­tung nicht zu ver­ei­nen“, sagt Lange.

In ihren Ver­stecken nicht mehr sicher

Doch auch ande­re moto­ri­sier­te Gar­ten­ge­rä­te scha­den den Igeln. „Dort, wo sich Igel am lieb­sten zum Schla­fen zurück­zie­hen – also unter Hecken und ins Gestrüpp – wird ger­ne mit Frei­schnei­dern und Motor­sen­sen gear­bei­tet. Die­se Gerä­te sind oft stark genug, um klei­ne Bäu­me zu durch­schnei­den. Ent­spre­chend kann man sich vor­stel­len, was sie mit Igeln und ande­ren Tie­ren machen“, warnt Lan­ge. Am besten sei es, auf sol­che Gerä­te ganz zu ver­zich­ten und Mut zum Wild­wuchs unter Hecken zu zei­gen. Falls man das nicht wol­le, sol­le man vor der Nut­zung die­ser Gerä­te die Flä­chen gründ­lich nach Tie­ren absuchen.

„Für die Natur ist es am besten, auf sol­che schein­bar wert­vol­len Gar­ten­hel­fer zu ver­zich­ten und sich statt­des­sen die Zeit zu neh­men ein­mal genau­er hin­zu­se­hen“, rät die LBV-Exper­tin. In der Stil­le eines natur­be­las­se­nen Gar­tens las­sen sich vie­le span­nen­de Ent­deckun­gen machen. „Wenn man dann Nütz­lin­ge wie Mari­en­kä­fer oder Flor­flie­gen­lar­ven dabei beob­ach­tet, wie sie Blatt­läu­se ver­zeh­ren, lernt man die Vor­tei­le eines aus­ge­gli­che­nen Öko­sy­stems ken­nen und schätzt und ach­tet die Natur.“

Um einen bes­se­ren Ein­druck von der Zahl der ver­letz­ten Tie­re zu erhal­ten, bit­tet der LBV alle Tier­freun­de, durch Mäh­ro­bo­ter oder Frei­schnei­der ver­letz­te Igel und ande­re betrof­fe­ne Tie­re per E‑Mail an igel@​lbv.​de zu melden.