Offe­ner Brief an Herrn Mini­ster­prä­si­dent Dr. Mar­kus Söder

Sehr geehr­ter Herr Mini­ster­prä­si­dent Dr. Söder,

gestat­ten Sie mir, mich heu­te per­sön­lich an Sie zu wen­den. Ich begrü­ße Ihre Maß­nah­men zu einer eher restrik­ti­ven, dafür aber mit Sicher­heit Leben ret­ten­den Gestal­tung des öffent­li­chen Lebens auf­grund der Bedro­hung durch das Corona-Virus.

Als Geschäfts­füh­rer der Euro­pean Water­park Asso­cia­ti­on e. V. bin ich mehr des­sen bewusst, welch hohe Ver­ant­wor­tung Poli­ti­ke­rin­nen und Poli­ti­ker in die­ser Situa­ti­on tra­gen. Umso mehr sind nun aber auch die ver­schie­de­nen Bran­chen gefor­dert, zu den Über­le­gun­gen aus der Poli­tik Stel­lung zu neh­men und mit ihrer Exper­ti­se und einer rea­li­sti­schen Ein­schät­zung von Chan­cen und Risi­ken dazu bei­zu­tra­gen, dass wir schritt­wei­se wie­der in die Nor­ma­li­tät zurück­fin­den kön­nen. Dies ist auch der Grund, war­um ich mich heu­te mit einem drin­gen­den Appell an Sie wende:

Sie haben in einem am 17. 4. 2020 ver­öf­fent­lich­ten Inter­view mit der Bild-Zei­tung („Coro­na-Sprech­stun­de“) ange­deu­tet, dass Sie sich eher einen Betrieb an Bade­seen als eine Wie­der­in­be­trieb­nah­me der öffent­li­chen Bäder vor­stel­len kön­nen. Die­ser Weg wür­de aus Sicht unse­res Ver­ban­des genau in die fal­sche Rich­tung füh­ren und ist zudem mit hohen Risi­ken verbunden.

Wir wol­len die­se Ein­schät­zung ger­ne begründen:

1. In den öffent­li­chen Bädern ist der Zugang und damit auch die Zahl der gleich­zei­tig anwe­sen­den Bade­gä­ste kon­trol­lier­bar und limi­tier­bar, an den offe­nen Bade­stel­len an Seen und Flüs­sen ist dies nicht der Fall.

2. Das deut­sche Umwelt­bun­des­amt hat in einer Stel­lung­nah­me vom 12. 3. 2020 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass „das Was­ser in kon­ven­tio­nel­len Schwimm­bä­dern (Frei- oder Hal­len­bä­der) einer stän­di­gen Auf­be­rei­tung [unter­liegt]. Die Ein­hal­tung der all­ge­mein aner­kann­ten Regeln der Tech­nik bie­tet einen weit­rei­chen­den Schutz, auch vor unbe­kann­ten Orga­nis­men und che­mi­schen Stof­fen. Fil­tra­ti­on und Des­in­fek­ti­on sind wirk­sa­me Ver­fah­ren zur Inak­ti­vie­rung von ein­ge­tra­ge­nen Mikro­or­ga­nis­men (z. B. Bak­te­ri­en und Viren). [..] Von Bädern mit bio­lo­gi­scher Auf­be­rei­tung geht, ver­gli­chen mit kon­ven­tio­nell auf­be­rei­te­ten Bädern, grund­sätz­lich ein höhe­res Infek­ti­ons­ri­si­ko aus“. Die­ses erhöh­te Risi­ko gilt umso mehr an Bade­stel­len an Flüs­sen und Seen, die nicht ein­mal über eine bio­lo­gi­sche Was­ser­auf­be­rei­tung verfügen.

3. Wie­viel höher das gene­rel­le Risi­ko eines nur schwer oder gar nicht über­wach­ba­ren Bade­be­triebs an Flüs­sen und Seen ist, zeigt allei­ne schon die Ertrin­kungs­bi­lanz der Deut­schen Lebens­ret­tungs­ge­sell­schaft (DLRG) für das Jahr 2019: Wäh­rend im gesam­ten Jahr nur 11 Ertrin­kungs­to­te in den öffent­li­chen Bädern in Deutsch­land zu bekla­gen waren, kamen in der Som­mer­sai­son 320 Men­schen in Seen, Tei­chen und Flüs­sen durch Ertrin­ken ums Leben. Die­se Zah­len spre­chen für sich.

Sehr geehr­ter Herr Mini­ster­prä­si­dent, wenn wir das Leben der Men­schen schüt­zen wol­len und Ihnen gleich­zei­tig zum rich­ti­gen Zeit­punkt einen wei­te­ren Schritt in Rich­tung Nor­ma­li­tät ermög­li­chen wol­len, dann muss der Weg dahin aus mei­ner Sicht genau umge­kehrt sein: eine kon­trol­lier­te Wie­der­in­be­trieb­nah­me der öffent­li­chen Bäder statt eines unkon­trol­lier­ten Betriebs an öffent­li­chen (teils ille­ga­len) Badestellen.

Die Euro­pean Water­park Asso­cia­ti­on e.V. hat einen Zwei-Punk­te-Plan ver­öf­fent­licht, in wel­chem Sie auf­ge­zeigt fin­den, wie eine schritt­wei­se Inbe­trieb­nah­me der Frei­zeit­bä­der und Ther­men mög­lich ist. Wir bezie­hen uns aus­drück­lich nur auf die­sen Bäder­ty­pus, weil wir hier die not­wen­di­ge fach­li­che Exper­ti­se bei unse­rem Ver­band sehen. Bei den Frei­bä­dern sind sicher­lich ande­re Para­me­ter anzuwenden.

Nicht zuletzt auf­grund der Tat­sa­che, dass vie­le Fami­li­en in die­sem Jahr auf ihren Urlaub ver­zich­ten müs­sen, hal­ten wir es für wich­tig, dass die öffent­li­chen Bäder zeit­nah wie­der in Betrieb gehen kön­nen, aller­dings in der auf­ge­zeig­ten kon­trol­lier­ten Wei­se. Es wür­de uns sehr freu­en, wenn unse­re Hin­wei­se bei der Fest­le­gung Ihrer Stra­te­gie zur Wie­der­in­be­trieb­nah­me der öffent­li­chen Bäder Beach­tung finden.

Mit freund­li­chen Grüßen

Ihr Dr. Klaus Batz
Geschäfts­füh­rer Euro­pean Water­park Association