Aus der Leser­post: „Gemein­sam in der EINEN Welt“

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Gemein­sam in der EINEN Welt

Es ist seit­dem rund ein hal­bes Jahr­hun­dert ver­gan­gen. Die Kin­der erhiel­ten anläß­lich ihrer Erst-kom­mu­ni­on ein Buch aus dem Patt­loch-Ver­lag geschenkt. Viel­leicht, das ent­zieht sich unser­er­Kennt­nis, dien­ten wah­re Ereig­nis­se tat­säch­lich der einen oder ande­ren Schil­de­rung als Vorbild.„Fromme Geschich­ten für klei­ne Leu­te“, so einer der Unter­ti­tel, zeig­ten in lebens­na­hen Gescheh-nis­sen und ohne inhalts­lee­re Fröm­me­lei, wie Glau­be, Hoff­nung, Näch­sten­lie­be und Gott­ver­trau­en­ver­schie­den­sten Men­schen Kraft in schwie­ri­gen Situa­tio­nen gaben.

Nicht immer ging es gut aus ‑die Mäd­chen und Jun­gen erkann­ten, wes­halb es sich lohnt, für eine huma­ne Welt, eine mensch­li­che Gesell­schaft ein­zu­tre­ten, wie es auf der Erde zugeht, wenn die Wer­te, die wir christ­lich nen-nen, die aber sicher auch ande­ren Reli­gio­nen und Gemein­schaf­ten eigen sind, miß­ach­tet wer­de­no­der in Ver­ges­sen­heit geraten.Zwei Berg­leu­te waren im Schacht ver­schüt­tet (ob Len­ge­de, ob Chi­le oder anders­wo – die­se Geschich­te kennt vie­le rea­le Bei­spie­le, nicht nur aus dem Berg­bau). Einer klagt, zum Kar­ten­spiel feh­le der drit­te Mann. Sein Kum­pel erwi­dert, der sei schnell her­bei­ge­ru­fen. „Wie das?“ fragt der erste,am Ver­stand sei­nes Schick­sals­ge­nos­sen zwei­felnd. Der klärt ihn auf: Es gehe nicht ums Spiel. „Wo zwei oder drei in mei­nem Namen zusam­men sind, bin ich mit­ten unter ihnen“, habe Jesus versprochen.Also ent­schlie­ßen sich bei­de, die hoff­nungs­los schei­nen­de Lage durch gemein­sa­mes Beten erträg­li­cher zu gestalten.

Es dau­ert nahe­zu ewig – zumin­dest kommt es den Män­nern so vor. Doch sie­wer­den gerettet.Gemeinsamkeit und gegen­sei­ti­ges Ver­ständ­nis­sind gera­de in der aktu­el­len Situa­ti­on unver­zicht­bar. Indes dür­fen wir nicht außer acht lassen:Gefährliche, lebens­be­dro­hen­de Umstän­de, wie­die Pan­de­mie sie der­zeit welt­weit mit sich bringt,gehören für vie­le Men­schen schon lan­ge zum All-tag. Unzäh­li­ge Män­ner, Frau­en und Kin­der ster-ben an der Mala­ria, Ebo­la-Aus­brü­che for­dern immer wie­der ihre Opfer. Miß­ern­ten, zuneh­mend­durch Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels bewirk­to­der ver­stärkt, füh­ren zu Hun­ger, Elend und­Man­gel­krank­hei­ten. So man­che Wirt­schafts­prak-tiken ver­stär­ken Armut. Als reich­te all dies nicht­aus, set­zen unzu­rei­chen­de Ver­sor­gung, abe­rauch Schi­ka­ne, Will­kür, Miß­hand­lung und Fol­te­rin zahl­rei­chen Flücht­lings­la­gern sowie vie­ler­or­ten dau­er­haf­ter Ter­ror, Unter­drückung und Krieg­dem Gan­zen die Kro­ne (lat.: coro­na) auf.

Lei­der wer­den die Men­schen in den rei­chen Indu­strie­län­dern auf die­se Ereig­nis­se meist nur auf­merk­sam, wenn sie selbst von nega­ti­ven Fol­gen betrof­fen sind. Statt nach den Ursa­chen für­Hun­ger, Krieg und Ter­ror zu fra­gen, ver­su­chen­Eu­ro­pa, Nord­ame­ri­ka, Austra­li­en und Neu­see­land, sich gegen die hier­aus resul­tie­ren­den­Flücht­lin­ge abzu­schot­ten. Zu Beginn der aktu­el­len Infek­ti­ons­wel­le stand in Euro­pa die Gefähr­dung der Impor­te aus Chi­na im Mit­tel­punkt des Inter­es­ses. Das Schick­sal der Men­schen hin­ge­gen wird erst dis­ku­tiert, seit die Viren sich auch hier ausbreiten.Natürlich ist zu hof­fen, daß als­bald medi­zi­ni­sche Hil­fen gegen die Krank­heit ent­wickelt wer­den und zur all­ge­mei­nen Anwen­dung kom­men, nicht nur zu Gun­sten exklu­si­ver Krei­se. Glei­cher­ma­ßen­bau­en wir auf den Erfolg der Maß­nah­men, wel­che die Epi­de­mie ein­däm­men und begren­zen sollen.Sicher machen die, wel­che in der Ver­ant­wor­tung ste­hen und Ent­schei­dun­gen tref­fen müs­sen, Feh­ler, schie­ßen hier über das Ziel hin­aus, über­se­hen dort das eine oder ande­re. Kri­tik, sach­lich vor­ge­tra­gen, ist ange­bracht und von­nö­ten, so daß ange­mes­sen nach­ge­bes­sert, im Detail neu justiert­wer­den kann. Wenig hilf­reich sind pau­scha­le Shits­torms. Fatal wäre die rabia­te Durch­set­zung lob­by­ge­steu­er­ter Inter­es­sen, die im „Nor­mal­fall“ all­zu oft das Gesche­hen in Wirt­schaft und Poli­tik bestimmt.

Aber wir hof­fen auch, daß die Erfah­rung die­ser Kri­se die Augen vie­ler Men­schen öff­net – für all­täg­li­ches Leid, für uner­träg­li­che Dau­er­miß­stän­de, für Hun­ger und Elend, für die Fol­gen von Aus­beu­tung, Zer­stö­rung natür­li­cher Lebens­grund­la­gen, Ver­geu­dung wert­vol­ler Res­sour­cen, Ter­ror und Krieg. Zudem muß in Fra­ge gestellt wer­den, ob (nicht sel­ten nur gerin­ge) Kosten­er­spar­nis recht­fer­tigt, Pro­duk­ti­ons­zwei­ge um jeden Preis in weit ent­fern­te Regio­nen zu ver­la­gern. Gefähr­dung der­Ver­sor­gungs­si­cher­heit und lan­ge Trans­port­we­ge mit all ihren öko­lo­gi­schen Aus­wir­kun­gen schla-gen nega­tiv zu Buche. Nicht sel­ten grün­den mone­tä­re Vor­tei­le aber auch auf inak­zep­ta­blen Rah­men­be­din­gun­gen für Mensch und Umwelt. „Aus den Augen – aus dem Sinn“ darf nicht wei­ter­hin­die Devi­se der Wahl sein. „Wer heu­te den Kopf in den Sand steckt, knirscht mor­gen mit den Zäh-nen“ ist zwar von gestern, aber kei­ne sub­stanz­lo­se Droh­ku­lis­se: Denn das „mor­gen“ ist ein­ge­trof­fen – heute.Wir Chri­sten fei­ern an Ostern die Auf­er­ste­hung unse­res Erlö-sers. Als Men­schen, laut unse­rer Glau­bens­über­zeu­gungnach dem Ange­sicht Got­tes geschaf­fen, sehen wir uns der­Auf­er­ste­hung der Mensch­lich­keit verpflichtet.

„Du sollst Dei­nen Näch­sten lie­ben wie Dich selbst!“ ist uns eben­so Gebotwie der Auf­trag, den Gar­ten Eden nicht nur zu bebau­en, also­für unser Wohl­erge­hen zu nut­zen, son­dern ihn zu bewahren(Genesis 2,15), sei­ne Böden und Schät­ze nicht über Maßen­aus­zu­beu­ten und zu beschä­di­gen, ihn nicht zu zerstören.Anderen Men­schen, künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen dür­fen wir ihre­Chan­ce auf ein wür­di­ges Leben nicht nehmen.„Wer ist mein Näch­ster?“ wird Jesus gefragt. In sei­nem Gleich­nis vom barm­her­zi­gen Sama­ri­ter ver­deut­licht er: Jeder­Mensch, der Hil­fe benö­tigt oder Hil­fe lei­stet, ist der Nächste.Weder Volks­zu­ge­hö­rig­keit noch reli­giö­se Über­zeu­gun­gen­dür­fen die Men­schen trennen.Ob unser Pla­net ein Gar­ten Eden sein oder wer­den kann, ent­schei­den wir. Wir wün­schen – unab­hän­gig von Glau­be, Reli­gi­on und Über­zeu­gung – ein geseg­ne­tes Oster­fest und die Erfül­lung aller Hoff­nun­gen, die wir mit der Auf­er­ste­hung des Mes­si­as verbinden.

Ostern 2020 Rita Stadter-Bönig Wolf­gang Bönig