Die Bamberger Lebenshilfe in Zeiten der Corona-Krise

Die Ausgangsbeschränkungen und Vorgaben der Behörden haben bei der Lebenshilfe Bamberg einschneidende Folgen. Die Bertold-Scharfenberg-Schule als privates Förderzentrum mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung und die Heilpädagogische Tagesstätte haben geschlossen. Es gibt Notgruppen für Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen tätig sind. Die Beratungs- und Frühförderstellen arbeiten nicht mehr direkt mit Kindern und Eltern. Die vier Werkstätten der Lebenshilfe, der Förderbereich für die schwerstbehinderten Menschen sowie die Fahrradwerkstatt in der Gundelsheimer Straße und die Schilderwerkstatt in der Moosstraße sind seit Mittwoch geschlossen. Das heißt, die 660 Mitarbeiter mit Behinderung dürfen nicht mehr zur Arbeit kommen.

Zwar arbeitet das Personal, das normalerweise die Menschen mit Behinderung betreut, jetzt in der die Produktion und erledigt die Firmenaufträge, allerdings ist dies nur möglich so lange noch Aufträge da sind. Die Gruppenleiter und Sozialdienste stehen auch in telefonischem Kontakt mit Mitarbeitern, die alleine leben. Für viele Menschen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung fällt jetzt die so wichtige Tagesstruktur weg. „Noch können wir unser Personal bezahlen, da die Kostenträger die Pflegesätze weiter bezahlen. Das Personal feiert teilweise auch Überstunden ab oder nimmt Urlaub. Auch die Löhne für die Mitarbeiter mit Behinderung können noch ausgezahlt werden. Aber wir müssen bald wieder normal produzieren, der Erlös aus der Produktion ist der Lohn für die Werkstatt-Mitarbeiter“, erklärt der Vorsitzende der Lebenshilfe Klaus Gallenz.

Weiter betont er: „Der Schutz und die Gesundheit aller stehen aber an erster Stelle. Es ist selbstredend, dass diese Situation solidarisches Handeln übergreifend über alle Einrichtungen erfordert. Und das erleben wir vor allem bei den Wohnheimen.“ Denn in den 5 Wohnheimen und dem Pflegeheim gibt es große Einschränkungen. Es gilt ein Besuchsverbot, Bewohner dürfen am Wochenende auch nicht mehr nach Hause zu ihren Eltern, sollen nach Möglichkeit auch nicht mehr alleine draußen unterwegs sein, weil sich nicht alle an die allgemeinen Ausgangsbeschränkungen und Hygieneregeln halten können. Der Personalschlüssel der Wohnheime ist eigentlich nicht auf eine Tagesbetreuung unter der Woche ausgelegt. Normalerweise arbeiten die meisten Wohnheim-Bewohner tagsüber in den Werkstätten. Deswegen gibt es jetzt Dienstpläne, die sonst am Wochenende gelten. Das bedeutet, das Personal ist vermehrt im Einsatz und muss die Bewohner tagsüber beschäftigen. Vorsitzender Gallenz berichtet: „Die Kolleginnen und Kollegen sind sehr engagiert und solidarisch. Aus den anderen Einrichtungen kommen Beschäftigte freiwillig, die in den Wohnheimen mit aushelfen möchten. Wir stehen als Lebenshilfe zusammen und dafür spreche ich allen einen großen Dank aus.“ So übernehmen Mitarbeiter der Offenen Behindertenarbeit, deren Freizeit- und Gruppenangebote ausfallen, mit Personalmitarbeitern aus anderen Bereichen jetzt Spaziergehgruppen. Mit Bewohnern, die sozusagen im gleichen Haushalt leben, gehen sie raus an die frische Luft und sorgen so für etwas Abwechslung.

Sollte ein Corona-Fall in einem der Wohnheime auftreten, wird das Gesundheitsamt über die weiteren Maßnahmen entscheiden. Die Ausstattung mit genügend Desinfektionsmitteln und Schutzausrüstung ist gegeben.

Auch die über 50 Mitarbeiter des Ambulant unterstützten Wohnens arbeiten weiterhin. Sie besuchen 93 Menschen mit Behinderung eigentlich in ihren Wohnungen. Um eine Ansteckung zu verhindern, reduzieren sich die Kontakte auf ein relatives Minimum. Jonas Ochs, Leiter des ambulanten Dienstes sagt: „Bei uns kommt es jetzt vor, dass das wöchentliche Einkaufsgeld nur noch durch einen Fensterspalt geschoben wird oder Einkäufe vor die Tür gestellt werden. Über das Telefon stehen wir aber in ganz engem Kontakt mit unseren Klienten, von denen viele jetzt nicht mehr zur Arbeiten oder ihren üblichen Freizeitaktivitäten gehen können. Wir geben Halt und Orientierung, muntern auf und geben Anregungen, was man mit der freien Zeit machen kann. Z.B. mal wieder einen Schrank aufräumen und ausmisten.“

Auch der Familienentlastende Dienst ist noch aktiv. Hier bekommen Eltern, deren Kinder die Lebenshilfe-Einrichtungen besuchen, Unterstützung bei der Betreuung ihrer Kinder durch ehrenamtliche Mitarbeiter. Diese Entlastung erfolgt auf freiwilliger Basis und momentan nur bei Familien, die dringend auf Hilfe angewiesen sind.. „Wir haben beispielsweise eine Mutter mit Bandscheibenvorfall, da müssen wir einfach jemanden hinschicken, der sie stundenweise bei der Pflege und Betreuung ihres Kindes unterstützt“, berichtet Anja Konzelmann, die den Familienentlastenden Dienst koordiniert. Die Situation wird bei der Lebenshilfe jeden Tag neu bewertet und Entscheidungen getroffen, zum Wohl der Menschen mit Behinderung und der Gesundheit der Beschäftigten.

Weitere Informationen zur Lebenshilfe finden Sie unter: www.lebenshilfe-bamberg.de