Bam­ber­ger Grü­ne: „Zukunfts­rat mit Vergangenheit“

Pres­se­mit­tei­lung der Stadt­rats­frak­ti­on der Grünen

Eine Woche vor der Wahl ver­kün­det OB Star­ke öffent­lich­keits­wirk­sam die kon­sti­tu­ie­ren­de Sit­zung des neu­en Zukunfts­rats. Uff, end­lich geschafft, könn­te man sagen, denn das Gre­mi­um hat eine mehr als holp­ri­ge Vor­ge­schich­te, die nicht ganz so wer­be­wirk­sam ist und vom OB ver­ständ­li­cher­wei­se nicht mit­ge­lie­fert wird.

Aber dafür gibt es ja Grü­nes Bam­berg: Hier ein chro­no­lo­gi­scher Rück­blick – oder eine klei­ne Stadtrats-Posse.

Nach der letz­ten Kom­mu­nal­wahl 2014 bean­trag­te die CSU-Stadt­rats­frak­ti­on im Janu­ar 2015, den Wirt­schafts­bei­rat wie­der­zu­be­le­ben. Den gab es Anfang der 2000er Jah­re schon mal, er ver­lief sich dann aber man­gels Enga­ge­ment der Betei­lig­ten irgend­wann im Sande.

Dar­auf­hin leg­te der OB im Juli 2015 den Ent­wurf für eine neue Sat­zung eines neu­en Wirt­schafts­bei­rats vor. Und schon wur­den Zer­würf­nis­se in der Bam­ber­ger Gro­Ko offen­bar: Die CSU war getrie­ben von ihrem ehe­ma­li­gen Kreis­vor­sit­zen­den, Stadt­rat und IHK-Vor­sit­zen­den Heri­bert Trunk, der unbe­dingt Vor­sit­zen­der des Wirt­schafts­bei­ra­tes wer­den und sich sei­ne Gremiumskolleg*innen dafür selbst(herrlich) zusam­men­su­chen woll­te. Die SPD hin­ge­gen woll­te den Mann auf jeden Fall ver­hin­dern und streb­te des­halb eine neue Sat­zung mit vor­be­stimm­ten Gremienvertreter*innen an. Der Sat­zungs­ent­wurf schei­ter­te im Stadtrat.

In den toben­den Per­so­nal­streit warf die grü­ne Stadt­rats­frak­ti­on (damals noch GAL, heu­te Grü­nes Bam­berg) inhalt­li­che Debat­ten­bei­trä­ge und bean­trag­te im August, nicht einen Wirt­schafts­bei­rat, son­dern einen „Zukunfts­rat“ zu eta­blie­ren. Die­ser soll­te sich auch nicht nur mit der Bam­ber­ger Wirt­schaft befas­sen, son­dern sei­nen Blick öff­nen für wei­te­re zukunfts­re­le­van­te The­men wie Kli­ma­schutz, Ener­gie­ver­sor­gung und demo­gra­phi­schen Wan­del. Es soll­te durch die Beset­zung auch mehr per­so­nel­le Exper­ti­se von außer­halb nach Bam­berg geholt werden.

Im Dezem­ber gab es dann eine zwei­te Lesung im Stadt­rat, bei der sich eine Mehr­heit jen­seits der CSU für einen Neu­start mit neu­er Sat­zung aus­sprach, die aber noch erar­bei­tet wer­den soll­te. Die Anre­gun­gen der Grü­nen wur­den auf­ge­nom­men. Der heu­ti­ge Name des Gre­mi­ums „Zukunfts­rat“ geht auf den GAL-Antrag zurück.

Doch der Kon­flikt schwel­te wei­ter, mitt­ler­wei­le auch inner­halb der CSU, denn auch dort waren nicht alle von ihrem Par­tei­freund Trunk über­zeugt. Im Jahr 2016 geschah erst mal gar nichts, weil die Gro­Ko mit ihrem Per­so­nal­streit auf der Stel­le trat.

Im Febru­ar 2017 frag­te die GAL schrift­lich nach und bean­trag­te for­mell die Umset­zung des Stadt­rats­be­schlus­ses vom Dezem­ber 2015. Das ver­an­lass­te den Ober­bür­ger­mei­ster dazu, der CSU-Frak­ti­on einen Brief zu schrei­ben, wie es bei der CSU intern denn nun ste­he. Gute sechs Wochen spä­ter muss­te er den Brief um ein wei­te­res mal schrift­lich anmah­nen, weil er von der CSU ein­fach kei­ne Ant­wort erhielt.

Inzwi­schen stell­te Anfang März 2017 die SPD-Frak­ti­on den Antrag, „statt eines Wirt­schafts­bei­rats“ bes­ser einen Bei­rat zur Ent­wick­lung des Digi­ta­len Grün­der­zen­trums, das auf der Lag­ar­de-Kaser­ne ent­ste­hen soll­te, ein­zu­rich­ten. Die­ser Bei­rat fand all­ge­mein Zustim­mung und der OB ver­such­te, bei die­ser Gele­gen­heit, den noch immer aus­ste­hen­den GAL-Antrag (auf Umset­zung des Stadt­rats­be­schlus­ses) mit unter den Tisch des Digi­ta­len Grün­der­zen­trums zu keh­ren und für geschäfts­ord­nungs­mä­ßig erle­digt zu deklarieren.

Im Juli und im Novem­ber 2017 war die GAL gezwun­gen, ihren Antrag schrift­lich anzu­mah­nen und dar­auf zu behar­ren, dass DGZ-Bei­rat und Zukunfts­rat zwei völ­lig ver­schie­de­ne Gre­mi­en sind. Schließ­lich bestä­tig­te der Sit­zungs­dienst im Rat­haus, dass der GAL-Antrag wie­der ins Antrags­ver­fah­ren auf­ge­nom­men sei und kor­ri­gier­te ein nicht mehr zutref­fen­des Protokoll.

Im Dezem­ber 2017 schrieb der OB an die GAL, er wol­le nun erst mal die Erfah­run­gen des DGZ-Bei­rats abwar­ten und erst danach den GAL-Antrag behan­deln. Dies akzep­tier­te die grü­ne Frak­ti­on nicht und beharr­te dar­auf, dass ihr Antrag behan­delt bzw. der bestehen­de Stadt­rats­be­schluss nun end­lich umge­setzt wer­de. Dar­auf­hin änder­te der OB sei­ne Vor­ge­hens­wei­se: Mitt­ler­wei­le war man im Stadt­rat über­ein­ge­kom­men, den Posten des Wirt­schafts­re­fe­ren­ten neu zu beset­zen und die­ser soll­te sich nach sei­nem Amts­an­tritt im März 2018 dann um die Sache kümmern.

Des­sen Akti­vi­tä­ten dau­er­ten dann noch mal zwei Jah­re: Dis­kus­si­on über Kon­zep­ti­on, Sat­zung und erneu­te Per­so­nal­de­bat­te. Aber nun ist nach lan­gen Wehen und einer kom­plet­ten Stadt­rats­pe­ri­ode das Baby „Zukunfts­rat“ ja end­lich in der Welt. Gera­de noch vor der Wahl, mit ober­bür­ger­mei­ster­li­chem Foto.

Aber was soll’s, dann kann Grün ja nach der Wahl so rich­tig durch­star­ten. Das meint auch der grü­ne OB-Kan­di­dat Jonas Glü­sen­kamp: „Nach die­sem Still­stand braucht der Wirt­schafts­stand­ort Bam­berg drin­gend neue grü­ne Ideen und Impul­se. Wir freu­en uns dar­auf, sie mit dem Zukunfts­rat gemein­sam zu entwickeln.“