Immer mehr Men­schen im Kreis Kulm­bach auf Zweit­job angewiesen

2.700 Beschäf­tig­te haben Mini­job neben nor­ma­ler Stelle

Wenn ein Job nicht reicht: Rund 2.700 Men­schen im Land­kreis Kulm­bach haben neben ihrer regu­lä­ren Stel­le noch einen Mini­job. Damit stieg die Zahl der Zweit­job­ber inner­halb von zehn Jah­ren um 59 Pro­zent, wie die Gewerk­schaft Nah­rung-Genuss-Gast­stät­ten mit­teilt. Die NGG Ober­fran­ken beruft sich hier­bei auf neue Zah­len der Arbeits­agen­tur. Danach sind Zusatz-Jobs in Restau­rants, Gast­stät­ten und Hotels im Kreis Kulm­bach beson­ders ver­brei­tet: In der Bran­che gab es im Juni 2019 rund 450 Zweit­job­ber – das sind etwa dop­pelt so vie­le wie zehn Jah­re zuvor (Plus 94 Prozent).

Gewerk­schaf­ter Micha­el Grundl spricht von einer Schief­la­ge auf dem Arbeits­markt: „Im Schat­ten des Booms der ver­gan­ge­nen Jah­re sind vie­le sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Stel­len ent­stan­den, die oft kaum zum Leben rei­chen. Neben­jobs müs­sen dann die Haus­halts­kas­se auf­bes­sern. Aber wer auf einen Zweit­job ange­wie­sen ist, der arbei­tet meist am Limit – auf Kosten von Fami­lie, Freun­den und Frei­zeit“, so der Geschäfts­füh­rer der NGG Oberfranken.

Dabei tref­fe der Boom bei den Neben­jobs lang­fri­stig auch die hei­mi­sche Wirt­schaft. „Gastro­no­men und Bäcker­mei­ster, die über den Fach­kräf­te­man­gel kla­gen, aber gleich­zei­tig auf 450-Euro-Kräf­te set­zen, schnei­den sich ins eige­ne Fleisch. Mini­job­ber kön­nen kei­ne Hotel­fach­leu­te erset­zen“, betont Grundl. Doch Fach­kräf­te gewin­ne man nur mit ordent­li­chen Löh­nen – „so hoch, dass die Beschäf­tig­ten kei­nen Zweit­job mehr brau­chen“. Außer­dem müss­ten sich die Arbeit­ge­ber stär­ker um Nach­wuchs küm­mern. „Eine Leh­re im Lebens­mit­tel­hand­werk oder im Gast­ge­wer­be kommt für Schul­ab­gän­ger nur infra­ge, wenn der Lohn und die Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen stim­men“, so der Gewerkschafter.

Die NGG sieht aber auch die Poli­tik in der Ver­ant­wor­tung. Die Zunah­me der Zweit­jobs sei auch das Ergeb­nis einer ver­fehl­ten Arbeits­markt­po­li­tik der Nuller­jah­re. „Mit einer Reform könn­te die Bun­des­re­gie­rung Mini­jobs voll in die Sozi­al­ver­si­che­rung ein­be­zie­hen. Aller­dings soll­ten die Arbeit­ge­ber den größ­ten Teil der Bei­trä­ge zah­len. Das macht regu­lä­re Stel­len attrak­ti­ver und ver­schafft den Mini­job­bern heu­te eine bes­se­re Absi­che­rung“, so Grundl.