7. Ober­frän­ki­scher Per­so­nal- und Pra­xis­tag mit Impuls zu nach­hal­ti­gem Personalwesen

Grü­ne Per­so­nal­po­li­tik: kei­ne Fra­ge des Zeitgeistes

Pra­xis­bei­spie­le aus der Regi­on zu nach­hal­ti­gen Ansät­zen und Teilqualifizierungen

Die Kli­ma­schutz­de­bat­ten des ver­gan­ge­nen Jah­res haben Nach­hal­tig­keit zu einem gesell­schaft­li­chen Mega­trend gemacht, der jetzt auch in die Wirt­schaft aus­strahlt. „Wenn in Davos (Anm.: beim Welt­wirt­schafts­fo­rum) die füh­ren­den Köp­fe aus Poli­tik und Wirt­schaft über Kli­ma­po­li­tik spre­chen, dann hat die­se eine neue Rele­vanz“, führ­te Prof. Dr. Tor­sten Kühl­mann, Prä­si­dent des BF/​M‑Bayreuth, in den 7. Ober­frän­ki­schen Per­so­nal- und Pra­xis­tag (OPPT) ein. Ent­spre­chend inten­siv befass­ten sich die über 50 Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen, Geschäfts­füh­rer und Betriebs­in­ha­ber aus Han­del, Hand­werk und Indu­strie bei der gemein­sa­men Ver­an­stal­tung des BF/​M‑Bayreuth, des Ver­eins Per­so­net, der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth und der HWK für Ober­fran­ken mit dem Impuls zu einem grü­nen Per­so­nal­we­sen. Für die Hand­werks­kam­mer, die den OPPT als neu­er Part­ner und Mit­ver­an­stal­ter erst­mals aus­rich­te­te, qua­si ein Heim­spiel, wie HWK-Geschäfts­füh­rer Dr. Bernd Sau­er in sei­ner Begrü­ßung deut­lich mach­te. Die HWK hat 2020 unter dem #Werte.Schaffen.Zukunft der Nach­hal­tig­keit gewidmet.

Gestalteten einen interessanten Personal- und Praxistag (von links): Prof. Dr. Thorsten Kühlmann (Präsident des BF/M Bayreuth, HWK-Geschäftsführer Dr. Bernd Sauer, Marlene Thiele (NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge), Gerd Sandler (Leiter Referat Fachkräfte der IHK für Oberfranken Bayreuth), Dagmar Keis-Lechner (Bezirkstagsvizepräsidentin), Benedikt Göbhardt (vbw vbm/Bayme Oberfranken), Manuela WOlz (Geschäftsf+hrer Personet), Edgar Ströhl (Baur GmbH & Co.KG), Georg Weich (Bayernwerk Netzw GmbH) und StephanieHofstetter.Seyß (KYOCERA Fine Ceramics Presision GmbH). Foto: Stefan Dörfler

Gestal­te­ten einen inter­es­san­ten Per­so­nal- und Pra­xis­tag (von links): Prof. Dr. Thor­sten Kühl­mann (Prä­si­dent des BF/M Bay­reuth, HWK-Geschäfts­füh­rer Dr. Bernd Sau­er, Mar­le­ne Thie­le (NETZ­WERK Unter­neh­men inte­grie­ren Flücht­lin­ge), Gerd Sand­ler (Lei­ter Refe­rat Fach­kräf­te der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth), Dag­mar Keis-Lech­ner (Bezirks­tags­vi­ze­prä­si­den­tin), Bene­dikt Göb­hardt (vbw vbm/​Bayme Ober­fran­ken), Manue­la WOlz (Geschäftsf+hrer Per­so­net), Edgar Ströhl (Baur GmbH & Co​.KG), Georg Weich (Bay­ern­werk Netzw GmbH) und StephanieHofstetter.Seyß (KYO­CERA Fine Cera­mics Pre­si­s­i­on GmbH). Foto: Ste­fan Dörfler

Dag­mar Keis-Lech­ner hat Erfah­rung als Unter­neh­mens­be­ra­te­rin und ist heu­te Vize­prä­si­den­tin des Bezirks­tags von Ober­fran­ken. Als grü­ne Poli­ti­ke­rin schuf sie beim OPPT die the­ma­ti­sche Grund­la­ge dafür, wes­halb es ein Umden­ken in der Wirt­schaft und damit auch in der Per­so­nal­po­li­tik braucht. Und das auch vor Ort in jedem ein­zel­nen Unter­neh­men Ver­än­de­run­gen bedarf. Denn: „Die Fol­gen des Kli­ma­wan­dels sehen wir nicht nur in Brän­den oder Über­schwem­mun­gen irgend­wo, son­dern auch im Bezirk. Zum Bei­spiel gibt es hier inzwi­schen wirk­lich gro­ße Pro­ble­me im Fische­rei­we­sen.“ Die Anfor­de­run­gen an eine künf­ti­ge nach­hal­ti­ge Wirt­schaft wür­den alle Berei­che berüh­ren – von der Pro­duk­ti­on und dem Trans­port, über die Pro­duk­ti­on von Nah­rungs­mit­teln bis zur Per­so­nal­po­li­tik.“ Für Keis-Lech­ner ist dem­nach klar. „Wir wer­den einen fun­da­men­ta­len Wan­del der Arbeit erfah­ren – sie wird digi­ta­ler, mobi­ler, ver­netz­ter und grü­ner sein.“ Die­ser Wan­del, das mach­te auch der aus­rich­ten­de und durch den Pra­xis­tag füh­ren­de Geschäfts­füh­rer des Ver­eins Per­so­net Manu­el Wolz in sei­ner Begrü­ßung deut­lich, gelin­ge nicht, ohne die Mit­ar­bei­ter mitzunehmen.

Die Baur GmbH & Co​.KG aus Bur­kunst­adt ist die­sen Weg bereits ein Stück weit gegan­gen. „Unse­re Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie „Ver­ant­wor­tung für heu­te und mor­gen“ ist wesent­li­cher Bestand­teil der Visi­on der Baur-Grup­pe“, erklär­te der Bereichs­lei­ter Informationsmanagement/​Bau und Tech­nik bei Baur, Erhard Ströhl. Teil der CR (Cor­po­ra­te Respon­si­bi­li­ty) wie­der­um ist eine Stra­te­gie für Mit­ar­bei­ter­zu­frie­den­heit. „Bei der Umset­zung ori­en­tie­ren wir uns an einem Leit­satz des Neu­ro­lo­gen und Buch­au­tors Gerald Hüt­her“, erklär­te Ströhl. „Die­ser sagt: Mit­ar­bei­ter brau­chen einen tie­fe­ren Sinn, kei­nen Kicker­tisch.“ Ent­spre­chend för­dert Baur das ehren­amt­li­che Enga­ge­ment der Mit­ar­bei­ter und mit dem #embaur­ment den haus­in­ter­nen Kul­tur­wan­del. „Wir wol­len weg von einer distan­zier­ten Arbeit zu einer Team­ar­beit, weg von Füh­rung durch Prä­senz, son­dern durch Lei­stung. Unse­re Füh­rungs­kräf­te müs­sen unse­rer Über­zeu­gung nach außer­dem dem Mit­ar­bei­ter die­nen, nicht umgekehrt.“

Digi­ta­li­sie­rung für den Wan­del nutzen

Wie Mit­ar­bei­ter mit „grü­nen“ Unter­neh­mens­leit­li­ni­en ver­knüpft wer­den kön­nen, zeig­te Georg Weich, Lei­ter des Fuhr­park­ma­nage­ments bei der Bay­ern­werk Netz GmbH, exem­pla­risch auf. Er wur­de 2017 vor die Auf­ga­be gestellt, alle rund 1300 Fir­men- und Ser­vice-Fahr­zeu­ge bis 2025 auf elek­tri­schen Antrieb umzu­stel­len. „Wir sind mit ins­ge­samt 87 E‑Fahrzeugen noch weit von unse­rem Ziel ent­fernt. Aber wir haben eine Stra­te­gie ent­wickelt, mit deren Hil­fe wir suk­zes­si­ve vor­an­kom­men.“ Dane­ben wird par­al­lel die Nut­zung der vor­han­de­nen E‑Fahrzeuge kon­ti­nu­ier­lich erhöht, auch durch tech­ni­sche Vor­ga­ben. „Wir haben bei­spiels­wei­se die Pool­wa­gen­bu­chung umge­stellt. Frü­her konn­te sich der Mit­ar­bei­ter einen Wagen aus­su­chen. Heu­te bekommt er berech­net, wel­ches Fahr­zeug sich für sei­ne Strecke am besten eig­net. E‑Fahrzeuge haben dabei abso­lu­ten Vor­rang.“ Um die Akzep­tanz von E‑Fahrzeugen gene­rell wei­ter zu stei­gern, hat Bay­ern­werk zudem Cor­po­ra­te Car­sha­ring gete­stet. „Unse­re Mit­ar­bei­ter kön­nen sich ein E‑Fahrzeug steu­er­frei für eine bestimm­te Zeit aus­lei­hen und die­ses damit testen.“ Der Clou an die­sem Ser­vice sind die Fahr­zeug­mo­del­le. Dabei fah­ren die Mit­ar­bei­ter zum Bei­spiel einen Jagu­ar iPace oder Audi etron. Georg Weich: „Das hat dazu geführt, dass das Inter­es­se an allen E‑Fahrzeugmodellen deut­lich gestie­gen ist.“

Wei­te­re Schwer­punk­te: Fach­kräf­te­zu­wan­de­rungs­ge­setz und Qualifizierungschancengesetz

Neben den Impul­sen für eine nach­hal­ti­ge­re Aus­rich­tung des Per­so­nal­we­sens stan­den beim OPPT 2020 noch die neu­en Bestim­mun­gen des Fach­kräf­te­zu­wan­de­rungs­ge­set­zes und des Qua­li­fi­zie­rungs­chan­cen­ge­set­zes im Mit­tel­punkt. Refe­ren­tin Mar­le­ne Thie­le, Pro­jekt­lei­te­rin des Netz­werks Unter­neh­men inte­grie­ren Flücht­lin­ge, wies auf deut­li­che Ver­bes­se­run­gen im Gesetz hin, aber auch auf die Hür­den. „Gut ist, dass beruf­lich qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te jetzt bei den Vor­aus­set­zun­gen Aka­de­mi­kern gleich­ge­stellt sind.“ Fach­kräf­te aus dem Aus­land dür­fen also zur Arbeits­platz­su­che ein­rei­sen – wenn der Berufs­ab­schluss aner­kannt ist, Deutsch­kennt­nis­se nach­ge­wie­sen wer­den und für den Visums­zeit­raum (6 Mona­te) der Lebens­un­ter­halt gesi­chert ist. „Damit sehen Sie auch gleich: die Hür­den sind sehr hoch gesetzt.“ Die­se wer­den noch höher, wenn es um Fach­kräf­te aus dem Aus­land geht, die einen Aus­bil­dungs­platz suchen und auch bei Migran­ten, die als Geflüch­te­te bereits in Deutsch­land sind.

Einen Stab für die Nut­zung der Mög­lich­kei­ten inner­halb des Qua­li­fi­zie­rungs­chan­cen­ge­set­zes brach Ste­fa­nie Hof­stet­ter-Seyß, die bei Kyo­cera Fine Cera­mics Pre­cis­i­on GmbH Per­so­nal­lei­te­rin ist. Das Unter­neh­men stand vor der Her­aus­for­de­rung, in kur­zer Zeit sehr spe­zi­ell qua­li­fi­zier­te CNC­Fach­kräf­te zu benö­ti­gen. „Wir haben uns dazu ent­schlos­sen, neben allen wei­te­ren Maß­nah­men in Zusam­men­ar­beit mit der Agen­tur für Arbeit und einem Bil­dungs­trä­ger eine 15 Mona­te umfas­sen­de Teil­qua­li­fi­zie­rung unge­lern­ter Kräf­te anzu­bie­ten.“ Die­se Teil­qua­li­fi­zie­rung steht nun im ersten Durch­lauf vor dem Abschluss, die Erfah­run­gen sei­en durch­wegs posi­tiv. „Der admi­ni­stra­ti­ve Auf­wand war zwar sehr hoch, auch wegen der För­der­be­din­gun­gen.“ Und auch die Anstren­gun­gen, die eine Inte­gra­ti­on die­ser neu­en Kräf­te in die Stamm­be­leg­schaft bedeu­tet, dür­fe nicht unter­schätzt wer­den. „Ins­ge­samt aber kön­nen wir das Fazit zie­hen: es lohnt sich. Wir haben jetzt moti­vier­te Mit­ar­bei­ter, die im Unter­neh­men schon akzep­tiert sind und auch bereits eine hohe Ver­bun­den­heit zei­gen. Daher wer­den wir im Herbst 2020 die näch­ste Teil­qua­li­fi­zie­rung starten.“